Bauernhaus gekauft und viele Fragen

Fachgerechte Arbeiten, Materialien und Verfahren
Jürg Schwarz
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Bauernhaus gekauft und viele Fragen

Beitrag von Jürg Schwarz »

Hallo,

hab soeben Eure spannenden Websiten und Eure Initiative gefunden (über www.konrad-fischer-info.de - auch sehr lesenswert).
Also wir haben kürzlich sehr günstig ein Bauernhaus in MVP (LK Mecklenburg-Strelitz) gekauft. Es wurde unter Denkmalschutz gestellt, nachdem im Ort und im Landkreis schon mehrere ähnliche Häuser einfach abgerissen worden waren. Es ist ein Lehm-Fachwerkbau von ca. 1800 mit später vorgebauter Ziegelschale. Es hat ein tolles Fachwerk im Dach, 100 Jahre alte Biberschwänze und einen großen Rauchfang (im Dachraum) über ehemaliger "Schwarzer Küche" im EG. Die Wohnfläche liegt bei ca. 110 qm. Es steht drei Jahre leer, und hat einige feuchte Balkenköpfe, sowie aufsteigende Mauerfeuchte. Ein Holzgutachten wollen wird demnächst beauftragen.

Ein altbauerfahrener Architekt hat zuvor eine Kostenschätzung gemacht und kam auf min. 74000 ? Kosten (netto) für eine zeitgemäße Wohnnutzung im EG und DG.: Hauptproblem ist die Sanierung des stark befallenen Dachstuhls.
Mit der Denkmalpflege, mit Dachdeckern und Zimmerern sind wir in Gesprächen.

Ich bin Stadtplaner, meine Partnerin ist Restauratorin, Kunsthistorikerin und Tischlermeisterin. Wir haben also einige Kompetenzen zum alten Bauernhaus, aber auch Grenzen... und auch nicht so viel Geld...

Ich hätte .. zunächst mal einige Fragen an die Experten (wir werden auch gerne Mitglied und wenden uns an die regionalen Kontaktstellen):

Unser Architekt empfahl und plante eine Innendämmung im EG (Silikatplatte von Getifix).
Sind Innendämmungen denn bei solchen Häusern noch empfehlenswert? Man ist doch allgemein wieder davon weggekommen nach diversen Schäden.

Die Deckenhöhe ist ca. 2,05 - 2,15 m. Wäre das Tieferlegen der Dielung allgemein eine Option, um lichte Höhe zu gewinnen? Oder gibt das generell zuviele Probleme, angefangen beim Absenken der Türschwellen?

Gibt es bei starkem Schädlingsbefall des Dachstuhls bezahlbare und gesunde Alternativen zum Bekämpfenden Holzschutz? Ist Heißluftbehandlung wirklich so teuer?

Die Hanglage der Nordwand u.a. Faktoren bewirken Schichtenwasserandrang am Mauerfuß. Kommen wir um eine tiefe Dränage nicht herum? oder könnte zunächst die Anlage eines flachen Dränagegrabens ausreichen? Jeder sagt etwas anderes.

Ich belasse es erstmal dabei, freue mich über jede Antwort!

Jeb ;)
salinodg
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Registriert: Mi 19. Feb 2003, 10:04

Re:Bauernhaus gekauft und viele Fragen

Beitrag von salinodg »

Hallo Jeb,

erst einmal herzlich willkommen im Forum - und hoffentlich auch bald als IGB-Mitglied.

"Da hast Du ja ein ziemlich komplexes Ei auf die Schiene gelegt" ;-)

Kannst Du nicht mal ein paar Fotos von dem Objekt einstellen, damit man sich ein besseres Bild machen kann.

Akute Bauchschmerzen bekam ich bei dem Hinweis auf die vorgemauerte Ziegelschale. Derartige Konstruktionen sind häufig Ausgangspunkt für spätere Feuchteschäden am Tragwerk.

Deinen bereits involvierten, "altbauerfahrenen" Architekten kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber kennst Du Referenzobjekte für eine "fachgerechte" Sanierung?

Optisch mag ja vieles für viele "gut" aussehen. Ich kenne aber aus meiner unmittelbaren Nachbarschaft reichlich Fälle, in denen bauphysikalische Zirkusnummern abgeliefert wurden - die dann in 20 Jahren zum Totalverlust führen (können).

Die Detailfragen lassen sich aus der Ferne nicht beantworten. Dazu müßte man das Objekt wirklich gesehen haben.

Innendämmungen sind zwar problematisch, aber trotzdem machbar, wenn einige Regeln, wie z.B. ein "monolithischer" Wandaufbau mit geeigneten Materialien, eingehalten werden. Die leider allzu häufigen negativen Berichte sind nicht auf die Innendämmung als solche zurückzuführen, sondern auf die Nicht-Einhaltung physikalischer Gesetzmäßigkeiten bei der Ausführung. Aber auch darüber gibt es viele Berichte - jedoch nicht mit der entsprechenden Verbreitung.

Insgesamt sollte aber von einem wirklich geeigneten Architekten ein Gesamtkonzept erstellt werden.

Im Moment kann ich deshalb nur raten, nichts zu überstürzen und noch viele Informationen einzuholen. Ich bin sicher, daß auch hier aus dem Forum noch weitere Stimmen kommen.

Habe etwas Geduld und vertraue nicht den Schnellbau-Trockenbauern.

Liebe Grüße

salinodg
Jürg Schwarz
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Re:Bauernhaus gekauft und viele Fragen

Beitrag von Jürg Schwarz »

Danke für Ihre Hinweise, salinodg!

Ich muß wohl unserem Architekten noch ein wenig auf den Zahn fühlen, da haben Sie recht. Besser ist besser. Er wollte uns zunächst ein Aufmauern der Innenwände empfehlen, um mehr Deckenhöhe zu erreichen (derzeit ca. 2,05 - 2,15m).Lichte Höhe kann man aber auch anders erzielen, ohne massiv in das statisch-konstruktive Gefüge einzugreifen.
Über die bauphysikalischen Fakten und Zusammenhänge las ich schon einiges bei Architekten wie Albert Ringlstetter und Konrad Fischer. Auch auf www.fachwerk.de habe ich Beispiele gefunden.

Fotos kann ich hier keine einstellen. Auch zip-Dateien werden als zu groß zurückgewiesen. In der Fachwerk.de-community hab ich einige drin (10.05. - Jürg Schwarz). Für Hinweise bin ich immer dankbar. Wir werden nix überstürzen, zumal wir finanziell auch genau rechnen müssen.

Ich hab schon Kontakt zur IGB-Regionalkontaktstelle Rostock aufgenommen.

Jeb

:D
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Ralf Femmer | KS Freiberg
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Re:Bauernhaus gekauft und viele Fragen

Beitrag von Ralf Femmer | KS Freiberg »

Hallo erst einmal
Ich habe mir gerade in der Fachwerk.de Community die Bilder zu dem Haus angesehen. Leider sind diese auch nicht so sonderlich aussagekräftig. Es wäre schön, wenn da noch das eine oder andere nachfolgt. Den Umgang mit dem Gebäude würde ich sehr stark auf die geplante Nutzung abzielen. Das vorgesetzte Mauerwerk wir ja wahrscheinlich eine Mischung aus Witterungsschutz und Zeitgeschmack sein. In wie weit es hierbei zu Schäden an der Fachwerksubstanz kommen kann, hängt sicherlich von vielen Faktoren ab. Allerdings dürfte das nur am Objekt selbst richtig zu beurteilen sein. Ist beabsichtigt die Mauerschale wieder zu entfernen? Und wenn nicht, ist eine zusätzliche Wärmedämmung überhaupt nötig? D. h. ist nicht der Wandaufbau u. U. schon ausreichend? Soll das Haus zum dauernden Wohnen dienen oder ist es als Ferienhaus angedacht? Sind Schäden an den Außenwänden von innen augenscheinlich zu erkennen? Geht die aufsteigende Feuchtigkeit ?nur? in die Vorsatzschale oder sind auch die Fachwerkwände betroffen? Ist die Schale hinterlüftet oder nicht? Und was spricht gegen eine Deckenhöhe von 2,05 bis 2,15 m?
Die kostengünstigste Instandsetzung ist immer eine, die nahe am Bestand stattfindet. Selbstverständlich ist es möglich, Fußböden Tieferzulegen oder Balkenlagen anzuheben. Allerdings bleibt die Frage: Was will ich und was muss ich machen?
Fg
Ralf Femmer
Äußerungen im Forum sind lediglich allgemeine Betrachtungen und daher reine Meinungsäußerungen. Bei Rechtsfragen wird in jedem Fall eine Beratung durch einen Rechtsanwalt empfohlen, bei Sanierungsproblemen eine Einzelberatung durch einen Sachkundigen vor Ort.
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