Lehmputz und Raumklima

Fachgerechte Arbeiten, Materialien und Verfahren
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Ulrike Nolte
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Re: Lehmputz und Raumklima

Beitrag von Ulrike Nolte »

Moin zusammen,

ich kann nur mit meinen Beobachtungen dienen:
Gefühltes angenehm kühles Klima. Über die erste Heizperiode: angenehm bis kuschelig warm, bei ca. 18-19 °C Raumtemperatur, im EG etwas kühler.

Seit Beginn der Lehmputzarbeiten im Frühsommer letzten Jahres beobachte ich mein Luftfeuchtigskeitsbarometer, das ich immer mal wieder in einem anderen Raum aufstelle. Anfangs hatten wir eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit von bis ca. 80%, das ging mit der Austrocknung stetig zurück. Wir haben zum Schluss sogar noch Bautrockner aufgestellt, weil wir diverse Probleme mit der Fertigstellung hatten. Kurz vor dem Einzug im Dezember letzten Jahres hatten wir noch knapp über 60%. Jetzt hat es sich in allen Räumen bei ca. 55% eingependelt. Die Wohnräume im EG sind noch weitgehend unfertig, wir wohnen oben. Sämtliche Innentüren fehlen noch, einige Fenster waren bis gestern noch etwas undicht, 3 Fensterlöcher sind noch immer mit (Thermo) Folie abgedichtet. Lüften ist nicht so ganz einfach weil 1. das Gerüst noch steht und 2. die gesamte Westseite abgeplant ist. Dort fehlt noch die Außenverschalung mit den Sandsteinplatten, bei Starkregen haben wir Wassereinbruch über die Holzkonstruktion.

Unsere Wände bestehen zum Großteil aus alten Lehmsteinen, nur die Westseite ist mit weichgebrannten Ziegeln ausgefacht. Wir haben eine bis zu 15 cm dicke Innenschale aus Lehm, nicht gleichmäßig. In einigen Räumen (Küche und Bäder) wurde auf den Lehmputz ein ca. 1-2 cm dicker Kalkputz aufgezogen. Das Dach ist gut gedämmt, die neuen Holzfenster sind noch einscheibig. Geheizt wird mit einem Holzvergaser und Fußheizleisten, zusätzlich mit einem geschlossenen Kamineinsatz, einem Kaminofen und in der Küche steht eine alte Kochhexe. Die Wände des Anbaus bestehen aus weichgebrannten Ziegeln, innen ist ein reiner Kalkputz.

In meinem großen Hobbyraum im DG/Anbau haben wir nachträglich noch eine ca. 3 cm starke Lehmschicht aufziehen lassen, nachdem es dort unter der Holzverschalung im letzten Sommer extrem warm war. Diese Investition hat sich gelohnt, das Raumklima ist jetzt sehr angenehm aber noch immer etwas wärmer als in den übrigen Räumen.

Wir jedenfalls haben keinen Grund zur Klage. Die Luftfeuchtigkeit liegt sehr konstant bei etwa 55 % (Schwankungen liegen bei 3/4/5%) , auch hier im Hobbyraum, wo schon mal bei schönem Wetter den ganzen Tag das große Fenster offen steht.

Könnte es sein, dass der Lehmputz erst im Zusammenspiel mit den anderen Materialien sein ganzes Können entwickelt?

Grüße
Ulrike
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Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
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Re: Lehmputz und Raumklima

Beitrag von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald »

Ahoi,

ein häufig unbeachtetes Thema sind die Raumvolumina (-> Hallenhaus). Während bei kleinzelligen Grundrissen mit niedrigen Decken (-> kleines Raumvolumen) auch im Winter durch normale Nutzung angenehme Luftfeuchten erreicht werden, ist dies bei großen hohen Räumen regelmäßig nicht mehr der Fall. Die üblichen Feuchteexpositionen durch atmen, kochen und Wäsche aufhängen reichen nicht aus, die 55 % Marke zu erreichen. Da hilft dann auch kein Lehmputz, den ich ohnehin für vollkommen überschätzt halte, wenn er nur als Putzschale appliziert worden ist. Insoweit kann ich mir schon erklären, warum ich in unserer Wohnküche mit einem Volumen von ca. 300 m3 im Winter bestenfalls 35 % rel. Feuchte erreiche. Und wenn dann noch einer (vgl. die Einlassungen von Dietrich Maschmeyer) lüftet, na dann geht´s auch schnell mal auf 25 % runter. Deshalb werden meine Töchter im Winter zwangsverpflichtet in der Wohnküche Sport zu machen, wegen der Feuchteexposition  ;).

Gruß, Sven.
Teske + Schwiede Architekten
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Ulrike Nolte
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Re: Lehmputz und Raumklima

Beitrag von Ulrike Nolte »

@Sven,

kleinzellig kann ich unsere Räume nicht nennen. Wir haben im EG eine Raumhöhe von 3,20 m und im OG 2,90 m, Hobbyraum bis in den Spitzgiebel geschätzte 3,50 m bei ca. 60 m? Grundfläche (153 m?). Hier ist seit heute morgen 7 Uhr das Fenster nach Süden offen (im restlichen OG ebenfalls) und ich habe aktuell 54 % Luftfeuchtigkeit. Außerdem ist es mit 16 °C angenehm kühl. Betonung liegt auf angenehm, ich kann mich erinnern, dass ich bei einer solchen Raumtemperatur früher die Heizung angeworfen hätte.

Ohne wirklich Ahnung haben zu wollen, ich habe den "Verdacht", dass bei uns das Zusammenspiel der verwendeten Materialien die entscheidende Rolle spielt.

Grüße
Ulrike
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Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
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Re: Lehmputz und Raumklima

Beitrag von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald »

Ahoi Ulrike,

interessant wären die Werte bei einer Außentemperatur von -10 Grad (mit entsprechend niedriger absoluter Feuchte). Jetzt wird vermutlich auch Hans-Jürgen eine "normale" Feuchte haben (letztlich bräuchte er im Moment nur das Fenster zu öffnen). Ich bin mir auch durchaus sicher, dass der Lehm einen guten Beitrag zum Raumklima leisten kann, wenn er nicht nur als Putz aufgebracht worden ist, sondern höhere Schicht- bzw. Bauteildicken erreicht (ist eigentlich auch logisch, oder ?). Nach einer Recherche hierzu bin auf einen Fachartikel gestoßen, der sich mit der Zusammensetzung von Lehmputzen im Zusammenhang mit deren Sorptionsfähigkeiten auseinandersetzt - mit höchst unterschiedlichen Ergebnissen (sind aber alles Lehmputze...).

Gruss, Sven.
Teske + Schwiede Architekten
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Ralf Femmer | KS Freiberg
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Re: Lehmputz und Raumklima

Beitrag von Ralf Femmer | KS Freiberg »

Lehmputze allein können lediglich zu einer Verbesserung des Raumklimas beitragen. Das sie letzlich in einem Zusammenhang mit dem Untergrund stehen, ist ja eigentlich logisch. Letzlich aber auch keine wirklich neue Erkenntnis. So ist ja z. B. ohne wieteres möglich eine GK Plattenverkleidung mit einem Lehmputz zu überziehen. Im Verhältnis zur Gipskatoonverkleidung kommt es aus verschiedenen Gründen zu einem besseren "Raumgefühl", aleridngs wird sich die Luftfeuchttigkeit nicht so sehr verändern, das man von Optimal sprecxhen kann. Gegenüber dem ursprünglichen Zustand dürfte es aber besser sein.
fg
ralf
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felicesinger
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Re: Lehmputz und Raumklima

Beitrag von felicesinger »

Sven Teske hat geschrieben: Nach einer Recherche hierzu bin auf einen Fachartikel gestoßen, der sich mit der Zusammensetzung von Lehmputzen im Zusammenhang mit deren Sorptionsfähigkeiten auseinandersetzt - mit höchst unterschiedlichen Ergebnissen (sind aber alles Lehmputze...).
Hallo Sven,

kannst Du mir verraten, wo dieser Artikel zu finden ist?

Gruß
felice
hansjürgen.geilert
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Re: Lehmputz und Raumklima

Beitrag von hansjürgen.geilert »

Hallo,

ich denke auch, dass das Raumvolumen eine erhebliche Rolle spielt. Es leuchtet ein, dass wir bei einer Wochenend-Nutzung und bis zu 4,5 m Deckenhöhe keine hohen Konzentrationen an Raumluftfeuchtigkeit erzielen.

Was ich aber nicht nachvollziehen kann, ist die Relevanz des Wandaufbaus. Ob ein 3 cm starker Lehmputz vorhanden ist oder meterdicke Lehmwände, spielt nach meinem physikalischen Verständnis keine Rolle. Die Ausgleichsfunktion des Lehms findet an oder bestenfalls ganz dicht unter der Oberfläche statt. Wenn Feuchtigkeit aus der Raumluft tief in die Wand eindringt, habe ich doch ein Problem! Alle mir bekannten Gutachten sind immer davon ausgegangen, dass hohe Feuchte-Werte hinter der Oberfläche - mit fallender Tendenz zum Wandinneren - Anzeichen oder gar Beweis für falsches Nutzerverhalten sind, sprich zu wenig lüften und heizen. Dabei ging es natürlich immer um Schimmelbefall und Wandschäden.

Aber es würde mich nach wie vor interessieren, ob es für Lehm da andere Erkenntnisse oder überhaupt irgendwelche wissenschaftlichen Untersuchungen gibt.

Viele Grüsse
Hans-Jürgen
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Ulrike Nolte
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Re: Lehmputz und Raumklima

Beitrag von Ulrike Nolte »

Hallo Hans-Jürgen,

schau doch mal bei Conluto vorbei. In der unteren Navileiste gibt es die Auswahl "Wissenwertes" und darunter die Auswahl "Literatur". Vielleicht findest Du dort etwas, was Dir weiter hilft. Oder evtl. auch beim Dachverband Lehm, den Link zu deren Literaturliste findest Du auch unter der vorgenannten Auswahl.
Das Buch "Der Lehmbau" von Richard Niemeyer kannst Du außen vor lassen - das ist mehr was für die praktische Anwendung, eben für den Laien geschrieben.

Grüße
Ulrike
"Wenn du wirklich etwas willst, werden alle Märchen wahr." (Theodor Herzl)
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