Celler Fachwerk-Erbe in Gefahr
Verfasst: Do 19. Mai 2005, 14:24
Celler Fachwerk-Erbe in Gefahr / ?Jedes zweite Haus stirbt bereits?
Ein Bericht der "Cellesche Zeitung": erschienen als Internet-Version am 12.05.2005 22:23
Die bunte Fachwerk-Kulisse, mit der sich Celle als Touristenmagnet schmückt, ist nach Ansicht von Experten in akuter Gefahr. ?Jedes zweite Haus stirbt bereits?, sagt Bernd Kunze von der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IGB). ?Wenn die Stadt Celle ihr Fachwerk-Erbe weiterhin so stiefmütterlich behandelt, wird in 50 Jahren jedes zweite historische Gebäude nicht mehr stehen.? Derzeit bearbeitet die Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige der IGB, weil das vermutlich älteste erhaltene Haus Celles abgetragen wurde. Auch wenn seine Reste wieder aufgebaut werden sollten, stuft es die IGB bereits als ?Totalverlust? ein.
CELLE. Verliert Celle die hübsche bunte Kulisse, die sie unter dem Prädikat ?historische Fachwerkstadt? vermarktet? Das jedenfalls befürchten Fachwerk-Schützer. ?Japanische und dänische Touristen mag der Anblick freuen, doch Celle mit seinen entkernten Häusern, an denen nur noch die Fassade an das Echte, Historische erinnert, ist im Grunde eine Stadt ohne Unterleib?, meint Bernd Kunze von der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IGB). Die düstere Prognose des Fachwerk-Schützers: ?Jedes zweite Haus wird die nächsten 50 Jahre nicht mehr erleben, weil alle Fassaden mit Kunststofffarben gestrichen werden. So etwas tötet das Fachwerk. Was mich wundert, ist, dass es in Celle keine Initiative von Bürgern gibt, die auf die Barrikaden gehen und ihre Geschichte schützen wollen.?
?Substanz verloren?: Auf die Hinterbeine gestellt hat sich die bundesweit aktive IGB. Sie stellte Strafanzeige gegen den Geschäftsmann Horst Gebers, weil dieser nach Ansicht der IGB viel zu Rüde mit seinem inzwischen abgetragenen Baudenkmal in der Zöllnerstraße 20 umgesprungen sei. ?Mit alten Objekt wurde relativ unbedarft umgegangen?, so Stefan Haar von der IGB. ?Die Stadt hätte bei der Baugenehmigung besser hinsehen müssen und sich intensiv um das wertvolle Haus kümmern müssen. Das Haus ist leider ein Totalverlust, selbst, wenn seine kümmerlichen Reste wieder aufgebaut werden sollten. Die historische Substanz ist dann verloren ? wie bei vielen anderen Häusern in Celle auch.?
Wiederaufbau verfügt: Aus den Trümmern auferstehen soll das Haus, wie Maren Sommer, bei der Stadt Fachdienstleiterin Bauen und Umwelt betont: ?Leider wurden wichtige Teile illegal abgebaut. Material mit einem so hohen Denkmalwert darf man nicht einfach entfernen. Eigentum verpflichtet nun einmal. Um die Strafanzeige gegen Herrn Gebers kümmert sich die Staatsanwaltschaft. Wir kümmern uns darum, dass das übrig gebliebene Gebälk aufgearbeitet wird und bei der Neuerrichtung des Gebäudes, für das wir in Absprache mit dem Landesamt für Denkmalschutz eine Wiederaufbauverfügung erlassen haben, verwendet wird. Anfang Juni soll der Wiederaufbau beginnen.?
?Da war nichts illegal?: Gebers Architektin, die namentlich nicht mehr genannt werden möchte staunt: ?Wir wollten das Haus doch von Anfang an mit allen zu rettenden Balken sowieso wieder aufbauen. Da verfügt die Stadt doch jetzt das, was sie vorher ohnehin schon genehmigt hat.? Und Genehmigungen kann die Architektin für praktisch jeden Schritt der bislang gelaufenen Bauarbeiten aufweisen: ?Da war nichts illegal. Über drei Monate haben wir Balken für Balken untersucht und abgetragen. Wenn wir das Haus hätten weg haben wollen, hätten wir uns diese Mühe wohl kaum gemacht.? Die ganze Zeit lang habe die Stadtbildpflege das Projekt betreut und unterstützt ? erst als Sommer sich persönlich eingeschaltet habe, habe es Ärger gegeben: ?Vielleicht hängt das damit zusammen, dass da jetzt nicht ganz so viel Fachwerk-Fachwissen mit im Spiel ist.?
?Ganz prinzipiell läuft in Celle in Sachen Denkmalschutz so einiges schief?, meint Stefan Haar. ?Wer sich auf bunte Kulissen konzentriert und die historische Bausubstanz so nachlässig schützt, wie es die Stadt im Fall Zöllnerstraße 20 wieder einmal getan hat, der tritt nicht nur die Geschichte mit Füßen ? er verspielt möglicherweise seine Zukunft.?
Ein Bericht der "Cellesche Zeitung": erschienen als Internet-Version am 12.05.2005 22:23
Die bunte Fachwerk-Kulisse, mit der sich Celle als Touristenmagnet schmückt, ist nach Ansicht von Experten in akuter Gefahr. ?Jedes zweite Haus stirbt bereits?, sagt Bernd Kunze von der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IGB). ?Wenn die Stadt Celle ihr Fachwerk-Erbe weiterhin so stiefmütterlich behandelt, wird in 50 Jahren jedes zweite historische Gebäude nicht mehr stehen.? Derzeit bearbeitet die Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige der IGB, weil das vermutlich älteste erhaltene Haus Celles abgetragen wurde. Auch wenn seine Reste wieder aufgebaut werden sollten, stuft es die IGB bereits als ?Totalverlust? ein.
CELLE. Verliert Celle die hübsche bunte Kulisse, die sie unter dem Prädikat ?historische Fachwerkstadt? vermarktet? Das jedenfalls befürchten Fachwerk-Schützer. ?Japanische und dänische Touristen mag der Anblick freuen, doch Celle mit seinen entkernten Häusern, an denen nur noch die Fassade an das Echte, Historische erinnert, ist im Grunde eine Stadt ohne Unterleib?, meint Bernd Kunze von der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IGB). Die düstere Prognose des Fachwerk-Schützers: ?Jedes zweite Haus wird die nächsten 50 Jahre nicht mehr erleben, weil alle Fassaden mit Kunststofffarben gestrichen werden. So etwas tötet das Fachwerk. Was mich wundert, ist, dass es in Celle keine Initiative von Bürgern gibt, die auf die Barrikaden gehen und ihre Geschichte schützen wollen.?
?Substanz verloren?: Auf die Hinterbeine gestellt hat sich die bundesweit aktive IGB. Sie stellte Strafanzeige gegen den Geschäftsmann Horst Gebers, weil dieser nach Ansicht der IGB viel zu Rüde mit seinem inzwischen abgetragenen Baudenkmal in der Zöllnerstraße 20 umgesprungen sei. ?Mit alten Objekt wurde relativ unbedarft umgegangen?, so Stefan Haar von der IGB. ?Die Stadt hätte bei der Baugenehmigung besser hinsehen müssen und sich intensiv um das wertvolle Haus kümmern müssen. Das Haus ist leider ein Totalverlust, selbst, wenn seine kümmerlichen Reste wieder aufgebaut werden sollten. Die historische Substanz ist dann verloren ? wie bei vielen anderen Häusern in Celle auch.?
Wiederaufbau verfügt: Aus den Trümmern auferstehen soll das Haus, wie Maren Sommer, bei der Stadt Fachdienstleiterin Bauen und Umwelt betont: ?Leider wurden wichtige Teile illegal abgebaut. Material mit einem so hohen Denkmalwert darf man nicht einfach entfernen. Eigentum verpflichtet nun einmal. Um die Strafanzeige gegen Herrn Gebers kümmert sich die Staatsanwaltschaft. Wir kümmern uns darum, dass das übrig gebliebene Gebälk aufgearbeitet wird und bei der Neuerrichtung des Gebäudes, für das wir in Absprache mit dem Landesamt für Denkmalschutz eine Wiederaufbauverfügung erlassen haben, verwendet wird. Anfang Juni soll der Wiederaufbau beginnen.?
?Da war nichts illegal?: Gebers Architektin, die namentlich nicht mehr genannt werden möchte staunt: ?Wir wollten das Haus doch von Anfang an mit allen zu rettenden Balken sowieso wieder aufbauen. Da verfügt die Stadt doch jetzt das, was sie vorher ohnehin schon genehmigt hat.? Und Genehmigungen kann die Architektin für praktisch jeden Schritt der bislang gelaufenen Bauarbeiten aufweisen: ?Da war nichts illegal. Über drei Monate haben wir Balken für Balken untersucht und abgetragen. Wenn wir das Haus hätten weg haben wollen, hätten wir uns diese Mühe wohl kaum gemacht.? Die ganze Zeit lang habe die Stadtbildpflege das Projekt betreut und unterstützt ? erst als Sommer sich persönlich eingeschaltet habe, habe es Ärger gegeben: ?Vielleicht hängt das damit zusammen, dass da jetzt nicht ganz so viel Fachwerk-Fachwissen mit im Spiel ist.?
?Ganz prinzipiell läuft in Celle in Sachen Denkmalschutz so einiges schief?, meint Stefan Haar. ?Wer sich auf bunte Kulissen konzentriert und die historische Bausubstanz so nachlässig schützt, wie es die Stadt im Fall Zöllnerstraße 20 wieder einmal getan hat, der tritt nicht nur die Geschichte mit Füßen ? er verspielt möglicherweise seine Zukunft.?