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Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Do 2. Nov 2006, 11:12
von Kiwa67
Hallo miteinander ,
wir haben vor 3,5 Jahren ein 200 Jahre altes FWH sanieren lassen und wollten 6 alte Fenster mit Einfachverglasung erhalten. Vor diese Fenster wurde von einem Fachbetrieb jeweils ein Holzkastenfenster gesetzt. Bereits im ersten Winter beschlugen 2 Fenster regelmäßig, das Wasser sammelte sich auf der Fensterbank und musste morgens entfernt werden. Daraufhin wurden die Kastenfenster von dem besagten Fachbetrieb neu eingestellt - mit mäßigem Erfolg. Heute - nach der ersten wirklich kalten Nacht - sind alle Fenster komplett angelaufen, das Wasser steht auf den Fensterbänken. Ist das "normal"? (Uns wurde gesagt, dass die Innenfester immer wieder neu eingestellt werden müssen. Wenn wir das vorher gewusst hätten...).
Vielleicht hat ja jemand einen Tip? Ich bin recht ratlos  ??? - müssen die Innenfenster jetzt wirklich jeden Winter wieder neu eingestellt werden?
Viele Grüße aus dem schönen Nordhessen
Kirsten

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Do 2. Nov 2006, 11:54
von Stefan Haar
Die Innenverglasung sollte - wie ein normales Fenster - dank der hoffentlich vorhandenen Dichtungslippen dauerhaft dicht sein. Das alte (äußere) Fenster soll dagegen eine ausreichende Luftzirkulation im Zwischenraum des Kastenfensters zur Trocknung gewährleisten.
Das Fenster jedes jahr neu einstellen zu müssen halte ich für eine typische Ausrede  ::)

Also schau doch mal nach, ob die äußere Verglasung ggfs. zu dicht oder die innere Verglasung nicht dicht genug ist.

Herzlich Willkommen in unserem Forum und Herzliche Grüße

Stefan

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Do 2. Nov 2006, 11:58
von salinodg
Hallo Kirsten,

bei Kastenfenstern muß es eine Möglichkeit geben, die Luft im Zwischenraum nach außen abzuführen. Normalerweise wurde das früher mit einer Bohrung von ca. 3 mm erledigt. Diese Bohrung verläuft meistens im unteren Teil des Flügelrahmens, schräg nach unten und tritt unterhalb des Wasserschenkels aus. Vielleicht hat Dein Fachbetrieb lediglich vergessen, beim nachträglichen Einbau der ineren Fenster, diese Bohrungen anzubringen.

Schau doch mal nach.

Liebe Grüße

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Sa 4. Nov 2006, 21:53
von Andreas Milling
Eine kleine Rechenaufgabe zu diesem Thema :
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Also : Das Problem besteht darin, daß alte einfachverglaste Fenster mit Innenvorsatzfenstern
nachgerüstet wurden , um eine verbesserte Wärmedämmung und weitgehende Beschlag-Freiheit zu erreichen.
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Das Institut für Fenstertechnik in Rosenheim  ( IFT ) , hat erforscht, daß die inneren  Flügel
eines Kastenfensters ( oder Verbundfensters ) umlaufende Dichtungen haben müssen, damit
keine feuchtwarme Innenraumluft in den Scheibenzwischenraum gelangen und auskondensieren kann.
-
Weiterhin MÜSSEN die äußeren Flügel umlaufend 0,5 mm " Luft " haben.
Das bedeutet, daß die besagten Außenflügel nicht dicht schließen dürfen.
Und zwar umlaufend, damit ein Luftaustausch mit der Außenluft stattfinden kann.
-
Bin nur ein Praktiker, der aber bestätigen kann, daß die Forschungsergebnisse vom IFT
tatsächlich richtig sind.
-
Wir bauen neue Verbundfenster und rüsten auch bestehende Kastenfenster nach den
Vorgaben des IFT nach.
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Erfolgreich.
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Das große Problem bei den alten , einfach verglasten Fenstern besteht einfach darin,
daß manchmal zig Farbschichten zu entfernen sind, damit die Flügel wieder ordentlich
schließen und der empfohlene Abstand ( 0,5 mm " Luft " ) möglichst nicht  mehr als
1 mm beträgt. --
Logisch, daß bei sehr alten Fenstern nicht zu erwarten ist, daß  selbst nach der Entfernung
der vielen Farbschichten das Idealmaß von 0,5 mm " Luft" erreicht werden kann.
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Unter Umständen kann es vorkommen, daß man die durch die vielen Farbaufträge
deformierten Beschläge ( umso mehr Farbschichten - umso besser klemmt ) mit
geeigneten Werkzeugen zurückbiegen muß, um den gewünschten Luftaustausch
zwischen den Scheibenebenen auf ein Idealmaß zu bringen.
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Zum Schluß noch eine kleine Rechenaufgabe.
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Wir nehmen uns einfach einen Fensterflügel von !000 x !000 mm als Beispiel
" zur Brust " .
Also : 4 000 mm X 0,5 mm ( Luft ) ergibt eine Fläche von 2000 mm ?
- EINE Bohrung von 3 mm Durchmesser hat eine Fläche von rund 7,07 mm?
-
Weiter --->
-
Nun teilen wir 2000 mm? durch 7,07 mm?  - und kommen zu folgender Erkenntnis :
-
" Huch ! , ich muß ja 283 Löcher mit einem Durchmesser von 3 mm bohren, um den
gewünschten Effekt zu erzielen ! " ( wohlgemerkt : ein Fensterflügel 1000 x 1000 mm groß )
-
Gut, nur keine Panik ! , Wenn die innere Scheibenebene mit sogenanntem K-Glas
versehen wird, soll nach den Angaben des Glasherstellers selbst bei der Nachrüstung
von bestehenden Kastenfenstern ein K - Wert von 1.7 erreichbar sein.
-

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Grüße aus Nordsachsen -
-
A. Milling

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Sa 4. Nov 2006, 22:34
von salinodg
Hallo Andreas,

ich habe zwar nicht genau nachgerechnet - aber:
Dein rein geometrischer Rechenansatz ist theoretisch durchaus richtig - entspricht jedoch nicht ganz der Realität, da wir es hier mit einer thermo-dynamischen Aufgabe zu tun haben. Will sagen, durch eine Bohrung kann letztlich die gleiche (notwendige) Luftmenge ausgetauscht werden, wie durch den von Dir skizzierten Aufbau. Entscheidend ist dabei dann nur die notwendige Wechselrate pro Zeiteinheit.

Eine Bohrung ist vielleicht zu wenig, über 200 mit Sicherheit zu viel. Bei mit klappt's mit zwei Bohrungen wunderbar.

Ganz liebe Grüße

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: So 5. Nov 2006, 00:10
von Andreas Milling
Lieber Administrator salinodg,
-
Du solltest Dir tatsächlich bei Gelegenheit die Mühe machen, das nachzurechnen, was Andreas Milling schrieb.
-
Außerdem habe ich in meinem letzten Beitrag zu diesem Problem mehrfach betont, daß ich mein Wissen über die Kondenswasserproblematik bei Kastenfenstern durch Publikationen
des IFT erlangte.
Ich fände es mehr als bedenklich,. wenn die zwischen uns bestehenden Kontakte
sich praktisch gegenseitig vergiften.
DAS MÖCHTE ICH  keinesfalls !
Ja, ich weiß, daß ich manchmal sehr böse und zynische Beiträge schreibe.
-
Ach, was bin ich böse !
-
Manchmal möchte ich Dir auch einmal die gelbe oder die rote Karte zeigen
und mit der DEL - Taste drohen.
-
Völlig verängstigt
-
A.Milling

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: So 5. Nov 2006, 14:25
von forenadmin
Also, ihr Lieben,

wenn ich das - als wissbegierig Unwissender trotz "thermisch rot-gelber DEL-Problematik" - jetzt richtig verstanden habe,
ist es doch so, dass Kiwa's Problem im Bereich der Kondensation durch mangelnden oder gar fehlenden Luftaustausch liegt.

Dazu hat Stefan m. E. schon den richtigen Ansatz geliefert, wenn er schreibt,
Also schau doch mal nach, ob die äußere Verglasung ggfs. zu dicht oder die innere Verglasung nicht dicht genug ist.

Wenn ich also, den K-Wert vernachlässigend, davon ausgehe, dass die innere Verglasung dicht (genug) ist, sollte die Ursache des Problemes im Bereich der äußeren Verglasung/des äußeren Fensters zu suchen sein. Wenn ich nun weiter - fußend auf den Untersuchungen/Angaben der IFT - annehme, dass die äußeren Fensterflügel nicht dicht schließen dürfen (mit einem Flächenwert Aundicht = X) - und dies ist bei Kiwa ja wohl auch so der Fall - muss doch "wohl" lediglich dafür gesorgt werden, das die Summe aus Fläche umlaufend + einer evtl. Fläche Bohrung die notwendige Fläche ergibt, die für den Austausch der ausreichenden Luftmenge erforderlich ist.
Dies mit Hilfe des "Schweizer-Käse-Prinzips" (Loch an Loch und hält doch!) zu realisieren, widerspricht sicher nicht nur der Ästhetik ...

Oder denke ich jetzt völlig falsch ???

Fragende Sonntagsgrüße von

Thomas

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Mo 6. Nov 2006, 01:02
von Stefan Haar
Ich kannte die schräge Bohrung nach außen bislang nur zur Entwässerung der Kondenswassermulde bei Fensterbänken älterer Bauart  :-\

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Mo 6. Nov 2006, 01:22
von forenadmin
Stimmt, Stefan, in dieser "Funktion" habe ich die Bohrung bisher auch gesehen ... nur fand ich es zu vermessen, um es hier zu posten ...

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Mo 6. Nov 2006, 09:35
von Gast
Hallo,

gibt es nach den ganzen Theorien auch praktikable Lösungen, oder müssen wirklich alle äußeren Fenster gehobelt und dann wieder gestrichen werden?

Danke

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Mo 6. Nov 2006, 21:11
von forenadmin
Moin Gast,

wenn sichergestellt ist, dass die inneren Flügel Deiner Kastenfenster richtig dicht sind,
wirst Du dafür sorgen müssen, dass die Luft dazwischen nach außen abgeführt werden kann!
Ob Du dies nun durch Hobeln, Schleifen, Bohren oder andere spanende Bearbeitungsverfahren
erreichen kannst, wirst Du - oder ein Fachmann - vor Ort entscheiden müssen! Lösungsansätze gibt es einige ...

Viele Grüße

Thomas

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Di 7. Nov 2006, 11:47
von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
Hallo Kiwa67,

welche Raumnutzungen befinden sich den hinter den Glasscheiben ? Sieh´ Dir mal die Dichtgummis genauer an. Wenn Du das Fenster schließt, liegen Die Gummis überall gleichmäßig an ? Was für eine Dichtung wurde verwendet ? Sind die Ecken des Dichtungsgummis auf Gehrung durchgeschnitten worden und anschließend wieder verschweißt ? Es gibt Dichtungen die bereits nach kurzer Zeit verkleben, d.h. das ursprüngliche Hohlkammerprofil ist keines mehr und dichtet dann nicht mehr ab.

Ursprünglich waren Kondensationen bei einem Doppelkastenfenster durchaus gewollt, denn sie haben zur Entfeuchtung der Raumluft beigetragen und waren insoweit ein wichtiger Teil "baulicher Hygiene" Die zitierte Bohrung ist mir, wie Stefan bereits ausführte, für die geregelte Entwässerung des Fensterkastens bekannt. In Berlin findet man unter der inneren Fensterbank häufig eine Aussparung im Mauerwerk und darin eine kleine Zinkwanne (in die die Bohrung dann entwässert). Habt Ihr mal die relative Luftfeuchte und die Innentemperaturen aufgezeichnet während dieser "Effekt" auftritt ?

Wie stark ist denn die Kondensationsbildung (bezogen auf die Fensterfläche) bei "normalen" Witterungsbedingungen im Winter ? Je nach Dampfdruck von innen (abhängig von Innentemperatur und relativer Luftfeuchte) wird das Problem u.U. garnicht vollständig zu beseitigen sein. Die Dichtungsgummis an einem Holzfenster können keine dampfsperrende Funktion haben.

Gruß, Sven.

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Di 7. Nov 2006, 12:40
von salinodg
Hallo,

die Bohrung zur Entwässerung der Mulde kenne ich auch, in der von Sven beschriebenen Form.
Ich stelle mal jetzt mal ein Bild vom "Schweizer Käse" ein´  ;D - Baujahr 1954.
Kann mir jemand erklären, warum das früher - mit jeweils 2 Bohrungen pro Flügel - bei einem Kastenfenster geklappt hat?

Liebe Grüße

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Di 7. Nov 2006, 13:24
von Reini
Vielleicht hat es in der Vergangenheit deshalb einigermaßen geklappt, weil die Heizungen der Vergangenheit eher Strahlungsheizungen waren und keine Konvektionsheizungen. An einer warmen Scheibe kondensiert es nicht so schnell wie an einer kühleren. Der Anteil an sensibler und latenter Wärme hat sich in den letzten vierzig Jahren verschoben.

Gruß, Reini

Re: Kastenfenster beschlagen

Verfasst: Di 7. Nov 2006, 13:33
von salinodg
Hallo Reini,

das ist ein interessanter, zusätzlicher Aspekt. In dem Raum befindet sich auch noch ein Heizkörper aus den 50-ern, mit einem hohen Strahlungsanteil. In der Anfangsphase - noch mit der alten Schwerkraftheizung - gab es auch durchaus Temperaturen jenseits von 70 °C.