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Fußboden über Erdreich - abdichten oder offener Aufbau?

Verfasst: Mi 6. Sep 2006, 14:10
von Jan Gericke
Hallo und guten Tag,

habe hier im Forum schon einiges gelesen, um (hoffentlich) nicht mehr alles fragen zu müssen, aber eine große Frage ist im Moment akut - siehe oben:

Das Problem ist Folgendes:
Wir haben ein Fachwerkhaus in der Voreifel gekauft, Baujahr ist etwa 1900. Die erste Besonderheit ist: Es ist nicht komplett Fachwerk: Die Fassade zur Straße ist auf der rechten Seite Ziegelmauerwerk (links im EG Tordurchfahrt, darüber Fachwerk), ebenso die Wand zum rechten Nachbarn. Stärke: ca. 36 cm. Das Fundament dieser Wände ist ebenfalls Ziegelmauerwerk. Alle anderen Wände sind mit Ziegeln ausgemauertes Fachwerk auf Natursteinfundament.

Auf der rechten Seite des Hauses (Verwendung der Räume: Küche und Flur/Treppenhaus) war folgender Bodenaufbau (von unten nach oben): Erde, 20 cm Beton auf Folie, darüber 2 cm Styropor, darauf 6-7 cm Estrich und darauf Fliesen.
Das haben wir jetzt entfernt und sind - nicht zuletzt auch wegen der Dämmwirkung - wild entschlossen, als kapillarbrechende und wärmedämmende Schicht Schaumglasschotter einzubringen (Schichtdicke verdichtet: 20-25 cm). Soweit, so gut, damit sind auch alle unsere Berater vor Ort einverstanden.

Die Frage ist, ob wir den Bodenaufbau "wasserdicht" machen oder einen offenen Aufbau wählen (etwa Balkenlage mit Dielenboden ohne Abdichtungsfolie unter Balkenlage).
Dazu gibt es folgende Meinungen:
Vorschlag 1: Auf jeden Fall alles abdichten, Horizontalsperre ringsum und daran die Folie anschließen (sagt der Zimmermann und Restaurator im Holzschutz).
Vorschlag 2: Boden abdichten und an die Horizontalsperre unter den Fachwerkbalken anschließen, an der Ziegelwand einfach so lassen (sagt der Architekt und auch Zimmermann).
Vorschlag 3: Offener Aufbau ("was soll bei 25 cm Schaumglasschotterschicht schon passieren?") sagt der Architekt und Lehmbaufachmann.

Zu den Wänden:
Die Schwellbalken der Fachwerkwände werden alle ersetzt, bei der Gelegenheit werden wir auch eine Horizontalsperre einbringen (Bitumenbahn, nicht direkt unter Balken - klar). Daran kann man also problemlos eine Abdichtung im Boden anschließen. Problematisch ist es aber mit den Ziegelwänden. Dort ist eine Horizontalabdichtung (Bitumenbahn, teilweise schon spröde/bröselig) eingebaut, die allerdings nur noch teiweise funktioniert. Soll heißen: Die Wände sind ganz überwiegend trocken, an einigen Stellen zur Nachbarwand hin aber im unteren Bereich nicht (dort sehr feucht). Unterhalb der Horizontalsperre sind die Wände/das Ziegelfundament feucht bis nass, jedenfalls jetzt, nachdem wir den Beton und die Folie entfernt haben. Wie auch immer: an diese Horizontalsperre kann man nichts mehr anschließen. Versuche, eine "chemische" Sperre einzubringen, etwa durch Verkieselung, sind offensichtlich vor etwa 10 Jahren vom Vor-Vorbesitzer unternommen worden, sehen aber sehr stümperhaft aus (Bohrlöcher 30 cm über OK-Fußboden) und haben auch nicht zu einer wirksamen Abdichtung geführt.

Wir stehen jetzt vor den drei Auskünften von Fachleuten und fragen uns Folgendes:
Wenn ich nicht wirklich ringsum eine Horizontalabdichtung mache sondern die Situation an den Ziegelwänden lasse, wie sie ist (Vorschlag 2), wird dann nicht jedenfalls über diese Wände das Wasser wieder nach oben ziehen, weil es sonst nirgendwo hin kann?

Wie kriegt man an den Ziegelwänden eine Horizontalabdichtung hin (Voraussetzung für Vorschlag 1)? Bisher gibt es 2 Ideen: Fachunternehmen, das die Wände "einschlitzt" bzw. aufsägt und Abdichtung maschinell einbringt (evtl. Edelstahlbleche). Das ist dem Vernehmen nach sehr teuer und soll auch keinen 100%igen Schutz bringen.
Oder: Stück für Stück Steine rausnehmen, in die Mauer Horizontalsperre einbringen (z.B. Bitumenbahn) und wieder aufmauern. Das ist ziemlich aufwendig und bringt u.U. nix, weil die Bitumenbahn in 10 Jahren auch wieder vollgesogen ist und spröde wird. Gibt es da u.U. ein anderes, langlebigeres Material, das jemand empfehlen kann?
An die Verkieselungslösungen glauben wir im Bezug auf die Dichtigkeit nicht wirklich.

Vorschlag 3 ist im Moment am symphatischsten. Problem daran ist, dass man seinen Holzboden in 1/2 Jahr wieder rausnehmen muss, wenn es nicht funktioniert. Wenigstens bekomme ich es aber sofort mit, wenn die Lösung versagt, anders als bei Vorschlag 1 oder 2, bei denen ich u.U. erst nach Jahren merke, welchen Weg das Wasser nimmt.

Dazu aber noch einige Fragen:
Das Erdreich ist sehr fest und mit Natursteinen durchsetzt, es könnte möglicherweise Schichtenwasser geben. Die Feuchtigkeit die in den Wänden ist, dürfte sich über die letzten 10 Jahre gesammelt haben, als das Wasser unter dem Beton nirgendwo sonst hinkam. Evtl. ist auch mal Wasser vom undichten Dachanschluss in die Haustrennfuge gelaufen. Auf dem Grundstück ist ein Brunnen, Wasserstand: ca. 180 cm Tiefe.
Wenn ich jetzt einen offenen Aufbau mit großzügig bemessener kapillarbrechender Schicht wähle, dann kann (so meine laienhafte Vorstellung) das Wasser auf der gesamten Fläche verdampfen, weshalb nicht mehr so viel in die Wände ziehen muss. Kann ich nicht zusätzlich durch Einbau einer Drainage das Wasser, das von unten kommt, verringern und reicht das dann nicht aus? Hierzu haben wir noch überlegt, durch den Vorlauf und den Rücklauf unserer Wandheizung an den betroffenen Wänden eine "thermische Horizontalsperre" einzubringen.

Ich weiß, dass eine zuverlässige Ferndiagnose illusorisch ist, wir müssen uns letztlich für eine Variante entscheiden und die damit verbundenen Risiken - insb. bei Vorschlag 3 - selbst tragen. Aber vielleicht kann jemand was dazu sagen, ob wir wenigstens theoretisch richtig liegen oder noch etwas übersehen haben?

Vielen Dank an alle, die bis hier gelesen haben, hoffe, ich habe mich halbwegs verständlich ausgedrückt.

Gruß

Jan Gericke

Re: Fußboden über Erdreich - abdichten oder offener Aufbau?

Verfasst: Do 7. Sep 2006, 11:36
von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
Ahoi Jan,

in Deinem Fall scheint es mir unabdingbar zu sein, zunächst sicher zu klären welche Art Feuchtebelastung bei Dir vorliegt. Jede Aussage zu einem Abdichtungskonzept ohne diese Feststellung ist schlicht unverantwortlich und unseriös. Unterstellt bei Dir liegt Schichtenwasser, temporär höhere Grundwasserstände als angegeben, schlecht versickerungsfähiger Boden, eine Hanglage oder ähnliches vor, kann die Lösung ausschließlich in einer funktionstüchtigen horizontalen Abdichtung bestehen. Diese muß dann selbstverständlich auch an die horizontale Abdichtung des Wandquerschnitts angeschlossen werden. An Stellen an denen diese hrozontale Abdichtung des Wandquerschnitts nicht mehr funktionstüchtig ist, kann durch das Verpressen von Injektionen, für Leute die mit den neuen Baustoffen auf Kriegsfuß stehen ist dies auch mit Parafinen möglich, Abhilfe geschaffen werden. Injektionen in Ziegelwänden sind allerdings immer dann besonders Problematisch, wenn das Mauerwerk irgendwelche Hohlräume hat. Die Flächenabdichtung läßt sich mit einem Magerbeton und Bitumenschweißbahnen am kostengünstigsten herstellen. Da es in diesem Forum auch eine erklägliche Anzahl von Mitlesern und Schreibern gibt, die eine Aversion gegen Beton haben, möchte ich für diesen Fall auf die möglichkeit einer sog. "braunen Wanne" verweisen. Hierbei handelt es sich um einen aus der Natur (in Nordamerika) abgebauten Stoff mit der Bezeichung Bentonit (den über den großen Teich hierher zuschaffen ist vermutlich nicht wirklich ökologisch).

Bei reiner Erdfeuchte wird von vielen ein Diffusionsoffener Bodenaufbau propagiert. Ich persönlich würde es (und habe es auch nicht) in meinem eigenen Haus nicht ausführen. Ich weiß allerdings auch, dass es durchaus Häuser gibt in denen so etwas schadensfrei funktioniert. Halyte Dir aber bitte immer vor Augen, dass es für das Entstehen von holzzerstörenden Pilzen nicht viel braucht. Vor allem, im Gegensatz zur landläufigen Auffassung, nicht viel und schon gar keine flüssige Feuchtigkeit. Es reichen 80 % relativer Luftfeuchte, etwas Zellulose und möglichst ruhende Luft und los geht´s. Aber wie gesagt, mindestens bei einer Belastung durch Erdfeuchte ist ein diffusionsoffener Aufbau diskutabel - bei höheren Belastungen nicht.

Viele Grüße, Sven.

Re: Fußboden über Erdreich - abdichten oder offener Aufbau?

Verfasst: Do 7. Sep 2006, 15:19
von Reini
Hallo Sven,
Bentonit wird vorwiegend für Deponieabdichtungen benutzt. Es wird in Deutschland sowohl hergestellt als auch vertrieben. Ob es allerdings für dieses Problem einsetzbar ist, wage ich zu bezweifeln.

Gruß, reini

Re: Fußboden über Erdreich - abdichten oder offener Aufbau?

Verfasst: Fr 8. Sep 2006, 11:50
von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
Hallo Reini,

nach meinem Kenntnisstand gibt es ausschließlich in den USA Bentonitvorkommen. letztlich ist das auch egal. Es wird zumindest auf der anderen Seite des großen Teiches zur Abdichtung als Vertikal- und Flächenabdichtung eingesetzt. Ich selber habe keine Erfahrungen (außer einer Begutachtung einer sog. "braunen Wanne" -. allerdings ein Verarbeitungsfehler). Daher würde ich selbst auch nicht bei einem Bauherrn einsetzen - höchstens versuchsweise bei meinem eigenen Haus.

Ich persönlich würde der Version Magerbeton und Bitumenschweißbahn den Vorzug geben - da kann man sicherstellen, das das dann auch funktioniert....

Gruß, Sven.

Re: Fußboden über Erdreich - abdichten oder offener Aufbau?

Verfasst: Do 14. Sep 2006, 20:18
von Gast
Ton als Abdichtungsmaterial im Hochbau gibt es auch von der Firma Dernbach: www.dernoton.de. Machen u.a. Werbung in der Zeitschrift Monumente der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Erfahrungen und Referenzen aus dem Bereich Baudenkmäler/Altbauten scheinen sie zu haben. Klingt zumindest interessant, was allerdings tatsächlich für welchen Anwendungsfall davon zu halten ist, kann ich nicht sagen, es würde mich aber interessieren.

Re: Fußboden über Erdreich - abdichten oder offener Aufbau?

Verfasst: Mi 22. Nov 2006, 19:42
von Baumaus
Hallihallo,
bin neu im Forum und weiß noch nicht so genau, in welcher Rubrik ich mich mit meiner Frage an euch wenden kann - ich versuch's mal hier´  ;D

Also mein Problem liegt auch bei den alten Fußböden über Erdreich mit Dielen und Balkenlage. Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, die alten Böden so zu lassen (in den meisten Zimmer gutes Holz, nur in einem sehr abgenutzt). Würde eigentlich gerne auch teilweise Fliesen haben (bin großer Fliesenfreund, weil so praktisch´  ;D).
Bei den "neumodischen" Systemen mit Folie und Bodenplatte habe ich die Befürchtung, dass es für ein altes Backsteinhaus nicht das Richtige sein und gar zu Feuchtigkeit in den Wänden führen könnte. Da frage ich mich, ob ein System, wie es in Italien häufig zur Anwendung kommte, hier geeignet sein könnte. Es basiert darauf, einen Hohlraum über dem Erdreich zu schaffen, der über Öffnungen im Mauerwerk die Luftzirkulation darin ermöglicht. Heute werden zur Hohlraumschaffung häufig vorgefertigte Elemente aus Kunststoff verwendet (Igl?). Wer will, dann sich ja mal die zwei folgenden Dokumente im Internet angucken:

http://www.daliform.com/tedesco/system/p10.htm
http://www.daliform.com/tedesco/system/p06.htm

die Anwendungsbeispiele geben.
Weiß jemand, ob so etwas auch in Deutschland gemacht wird oder eine mögliche Alternative zu den Optionen "original belassen" und "moderner Fußboden" ist?
Für eine Meinung dazu wäre ich dankbar´  :)

Gruß
Baumaus

Re: Fußboden über Erdreich - abdichten oder offener Aufbau?

Verfasst: Sa 25. Nov 2006, 12:57
von Ralf Femmer | KS Freiberg
Hallo Baumaus,
solange dein Fußboden funktioniert, lasse den doch einfach so. Deilung kann man abschleifen, wenn nötig und anschliessend mit den unterscheidlichsten Materialien versiegeln. Das ist dann, was die Reinigung betrifft, auch praktisch.
Das italienisch System habe ich mir mal angesehen, halte ich aber auf den ersten Blick für eine normale Anwendung für etwas überzogen. Da würden sich, um die von dir dargestellten Gefahren auszuschliessen, sicherlich andere Möglichkeiten finden lassen.
Wie immer, sollten dazu allerdings mehr Informationen zu den geplanten Maßnahmen zur Vefügung gestellt werden.
FG
Ralf

Re: Fußboden über Erdreich - abdichten oder offener Aufbau?

Verfasst: Di 5. Dez 2006, 19:14
von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
Ahoi Baumaus,

ein aufgeständerter Boden unter dem die Luft zirkulieren kann, bleibt so lange funktionstüchtig wie ausreichende Lüftungsquerschnitte (und idealtypisch auch immer etwas Wind) vorhanden sind. Erfahrungsgemäß ist das jedoch häufig nicht der Fall. Und wenn Du dann auch noch deinen Innenraum zu beheizen beginnst und einen Dampfdichten Bodenbelag (Fliesen) verwendest, wird das sicher nicht mehr funktionieren. So lange dein Bodenbelag diffusionsoffen bleibt, mag das gehen. Das hängt jedoch von vielen (unbekannten) Randbedingungen ab.

Gruß, Sven.