Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Fachgerechte Arbeiten, Materialien und Verfahren
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Stefan Haar
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Stefan Haar »

Hallo Ulrike,
das Wesentliche hat Reinhard ja bereits erläutert. Schaden wird eine vollflächige Gewebeeinlage wohl kaum - dem Geldbeutel auch nur unwesentlich - aber wenn dann später Risse auftreten, weil man meinte, es ginge sicher auch ohne, dann ist das Ärgern und erheblich mehr Arbeitsaufwand vorprogrammiert ...
Gruß  Stefan
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Ulrike Nolte
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Ulrike Nolte »

Na gut, ich mache weiter.  Mit der Tapezierrollen-Methode geht es ja recht schnell  ::)

Grüße Ulrke
Mathias Josef
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Mathias Josef »

Hallo Zusammen,
muss mal eine Lanze für das Glasfasergewebe brechen und diesen Thread nochmals aus den tiefen des Forums ausgraben...
Beim Jutegewebe sollte man bedenken, das dieses unter Umständen  mit Pestiziden belastet sein kann. Bezüglich Ökologie also kein Pluspunkt. Wie schon erwähnt ergibt sich auch die Gefahr einer Trennschicht, dadurch das die groben Bestandteile (grobe Körnung, Strohanteile) bei zu geringer Maschenweite nicht durch das Gewebe greifen können. Zudem ist die Verarbeitung extrem Zeitaufwändig  und das Material auch noch teurer gegenüber Glasfaser.
Das Glasfasergewebe ist auch kein Plastik sondern im Prinzip ein Recyclingprodukt aus Altglas.
Zur Notwendigkeit einer Gewebeeinlage: Bei  einheitlichem Untergrund (z.B. im Neubau auf Porotonmauerwerk) ist diese nicht nötig, es sei denn bei Wandheizung oder großen Auftragsstärken. Bei Fachwerk, Materialmix, Schornsteinübergang usw. macht ein Gewebe Sinn. Bei Lehmputz idealerweise grobmaschiges Gewebe ca. 12x12mm.

Grüße aus Nordhessen
Mathias
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Mathias Josef
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Ulrike Nolte
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Ulrike Nolte »

Hallo Mathias,
ich muss dann doch ein klein wenig widersprechen  ;)

1. war die Verarbeitung dank der "Erfindung" unseres Lehmputzers überhaupt nicht zeitaufwendig.

2. war das Jutegewebe fast um 50 % billiger als das alternative Angebot für Glasfasergewebe beim Lehmlieferanten. Zugegeben, woanders habe ich nicht gesucht. Vielleicht gibt's das ja bei einem anderen Händler günstiger.

Ob das Jutegewebe pestizidbelastet war, kann/konnte ich nicht kontrollieren. Da ich aber am Klima hier im Haus nichts Negatives feststellen kann, gehe ich davon aus, dass spätestens der drübergeputze Lehm eine eventuelle Belastung relativiert hat.

Eines habe ich aber lernen müssen: Eine vollständige Vermeidung von Rissbildung war durch das vollflächige Einputzen auch nicht möglich. Über den Tür- und Festerriegeln und auch über innenliegendem Sichtfachwerk haben sich feine Risse gebildet. Zwischenzeitlich glaube ich, dass sich das niemals ganz vermeiden läßt.

Herzliche Grüße
Ulrike
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Mathias Josef
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Mathias Josef »

Hallo Ulrike,
ich möchte dir natürlich nicht deine Lehmwände in deinem schönem Häuschen schlecht reden und du kannst dich auch weiterhin ruhigen Gewissens  in deinen Wänden wohlfühlen.  :) Selbst bei belasteter Jute (wenn Sie es in deinem Fall denn überhaupt war) würden keinerlei negative Auswirkungen auf die Wohngesundheit bestehen, wenn sie mit Lehm überputzt ist. Nur kann ich eben der Wahl für Jute aus ökologischen Gründen nicht zustimmen.
Bei unserer tagtäglich getragenen Kleidung kann man sich leider auch nicht immer sicher sein mit was diese so behandelt worden ist. Und die tragen wir auch noch direkt auf der Haut!
Hauptanbaugebiete für Jute sind übrigens Asien (Bangladesh) und Brasilien. Die Anbaumethoden dort kenne ich nicht...

Brauchbares Glasfasergewebe bekommt man übrigens ab knapp 75 ? / 100m? incl. Steuer.

Und bzgl. Rissbildung in einem alten Fachwerkhaus hast Du auch recht. Manchmal kann man es nicht verhindern, da Fachwerk immer etwas in Bewegung ist, ganz besonders nach einer Sanierung des Fachwerks. In Ermangelung an wirklich alter Eiche aus dem Rückbau oder auch weil der Zimmermann keine Lust auf die Verarbeitung von dem alten, knochenharten Zeugs mit Nägeln drin hat, wird dann eben auch noch oft neue bzw. unzureichend abgelagerte Eiche verbaut. Bis diese jedoch vollkommen ausgetrocknet und zur Ruhe gekommen  ist kann es Jahrzehnte dauern...

Viele Grüße
Mathias
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Mathias Josef
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Mathias Josef »

Gerade noch etwas zum Thema gefunden.
Zumindest in gewissen Gegenden scheint es ein Umdenken zu geben...

http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=3728
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Ulrike Nolte
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Ulrike Nolte »

Ein schöner Artikel, Mathias. Danke.
Über die Ökologie können wir gerne in einem separaten Strang diskutieren, da gäbe es viel zu sagen  :'(

Herzliche Grüße
Ulrike
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Chris
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Chris »

Hallo,
bei uns steht demnächst auch das Verputzen von Fachwerkwänden an, und dazu sagte mein Maurer er habe das sonst folgender Maßen gemacht:
das Holz (Ständer und Riegel) wurden mit Ölpapier versehen, ich glaube drangetackert. Darüber kommt großzügig Schilfrohrgewebe, welches nicht auf das Holz getackert wird, sondern am Gefach, also an der Ausmauerung befestigt wird. Dadurch kann das Holz frei arbeiten. Ich hab mich schon gefragt ob das denn sein muß. Aber nun hab ich ja gelesen, dass auch Gewebe nicht immer vor Risse schützt.
Die alten Putzträger auf den Ständern und Riegeln waren auch nicht schlecht. Zwei Drähte verliefen parallel  auf dem Holz , ca alle 15cm saß ein Nagel um den der Draht einmal drumgewickelt war. Dann waren Langstrohalme waagerecht unter den Draht geschoben und zwar so lang dass das Holz und die Fuge großzügig überdeckt waren. Auch da konnte das Holz ungestört arbeiten.

Viele Grüße von Chris
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Ulrike Nolte
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Ulrike Nolte »

Hallo Chris,

wozu Ölpapier?

Hier ersetzt das angetackerte Schilfrohr die früher verwendeten (halbierten) Haselnussruten, die mit Nägeln auf dem Holz befestigt waren. An einigen Stellen fanden wir auch Draht. Aber das scheint eine Methode zu sein, die man erst später verwendet hatte. Das Ganze diente als Putzträger für den Lehm. Wo wir den Draht fanden, waren schon neuere Materialien verwendet worden.

Die Jute (oder Glasfasergewebe) wird als Rissbrücke in der letzten Putzlage unter dem Feinputz eingearbeitet. So jedenfalls lautete die Empfehlung des Lehmlieferanten. Wenn ich darüber nachdenke, wie dick (oder dünn) der Feinputz aufgetragen wurde, komme ich zu dem Ergebnis, dass dort, wo nun der Putz trotzdem reißt, eine etwas dickere Lage ist. Nicht an allen Stellen, aber auf jeden Fall dort, wo die Risse größer ausfallen. Davon gibt es hier zwei markante Stellen, beide in Raumecken an gegenüber liegenden Eckständern. Unter beiden Eckständern wurde die Schwelle mit neuem Holz ausgebessert, das im ersten Jahr sehr stark gearbeitet hat. 

Ich werde im Sommer versuchen, diese beiden Ecken nachzuarbeiten. Mal sehen, ob mir das gelingt. Ich befürchte, dass dort immer wieder Risse auftreten werden, solange die Schwelle nicht vollkommen trocken ist.

Grüße
Ulrike
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Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald »

Ahoi Chris,

das Ölpapier verhindert vor allem, dass der Lehm eine bautechnisch sehr positive Eigenschaft, die kappilaraktivität, im besonders gefährdeten Fugenraum von Fachwerk und Ausfachung verliert. Darüber hinaus kann Feuchtigkeit, die in den Zwischenraum von Ölpapier und Fachwerk gelangt ist, nur sehr schwer wieder verdunsten. Vor allem im Bereich horizontaler Bauglieder wie Schwellen, Rähmen und Riegeln ist so eine Konstruktion geradezu fahrlässig.

Gruss, Sven.
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

das Ölpapier verhindert vor allem, dass der Lehm eine bautechnisch sehr positive Eigenschaft, die kappilaraktivität, im besonders gefährdeten Fugenraum von Fachwerk und Ausfachung verliert.
ist unglücklich fomuliert (dopelte Verneinung) und sollte wohl heissen: "das Ölpapier verhindert vor allem dazu, dass der besonders gefährdete Fugenraum von Fachwerk und Ausfachung durch die Kapillaraktivität des Lehm (eine bautechnisch sehr positive Eigenschaft, trockengehalten wird."
Richtig? Dem würde ich uneingeschänkt mit drei Ausrufezeichen beipflichten.

Wahrscheinlich dachte der Handwerker wohl in erster Instanz an eine Funktion des Ölpapiers als Gleitfolie, so dass das arbeitende Holz am Lehm "vorbeigleiten" kann. Daher wird von ihm  ja auch die der Putzträger freitragend von masshaltigem zu masshaltigem Bauteil über das nicht masshaltige hinweggespannt. Allzuviel Sinn macht dieser Aufwand m.E. bei genauer Betrachtung nicht. Und die Unterdrückung der Beatmung des Holzes spricht sehr dagegen, zmindest gegen die Verwendung einer expliziten "Gleitfolie".
Chris
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Chris »

Hallo,
der Einwand gegen das Ölpapier leuchtet mir ein.
Macht es denn nun Sinn die Schilfrohrmatte wie beschrieben zu befestigen? Bei den 70ig stengeligen Schilfrohrmatten sind ja immer Lücken zwischen jedem Halm. Der Lehm haftet dann auch am Holz. Vielleicht nimmt man eine dichte Schilfrohrmatte, wo Stengel an Stengel liegt? Auch der Strohanteil im Unterputz ist doch auch wichtig für die Rißbildung, also nicht damit sparen wäre die Devise. Und dann würde ich Jute oder Glasfaser vollflächig in die vorletzte Putzlage bringen, jedenfalls da wo Fachwerk hinter ist. Dann gibt es hoffentlich keine Risse.

Danke schon mal für die Tipps und viele Grüße von Chris
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Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald »

Ahoi Herr Maschmeyer,

das war genau so gemeint, vielen Dank für die Klarstellung.

Gruss, Sven.
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Re: Jute einarbeiten - die geniale Idee eines Handwerkers

Beitrag von Ulrike Nolte »

Hallo Chris,

die 70-stengelige Schilfrohrmatte ist der Putzträger für den Lehm an Holz. Eine dichte Rohrmatte würde eine Trennschicht erzeugen - und das ist sicher nicht der Sinn der Matte.

Sicher ist auch der Strohanteil im Unterputz für die Rissbildung, oder besser Nichtbildung von Rissen ausschlaggebend. Aber zuviel soll's auch nicht sein, sonst läßt sich der Lehm vermutlich nicht mehr aufziehen.

Außerdem denke ich, dass man Risse nie ganz vermeiden kann. Vor allem nicht in den Ecken, an Kopfbändern die an den Außenwänden liegen, an Tür- und Fensterriegeln. Das sind hier die neuralgischen Stellen. Haarrisse, bzw. feinere Risse sind ja in Ordnung. Aber die breiteren Kaliber muss man wohl noch einmal überarbeiten.

Grüße
Ulrike
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