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Stukkateur und Industrie

Verfasst: Fr 2. Jun 2006, 22:21
von Mladen Klepac
Hallo zusammen,

etwas beschäftigte meinen Meister und heute beschäftigt es mich.

Es gibt hier fähige Handwerker , wie ich oft lese , die Ahnung von Materie haben , Ahnung von Mischungen und Verarbeitungsweise ...
warum wird denn immer nur Industrieware empfohlen??Warum geht man nicht selbst hin und stellt eine Mischung zusammen , aus Rohstoffen der Umgebung?Man erzählt von wirkungsweisen eines Putzes , wie er sein soll , welche Aufgaben...warum geht man nicht hin und macht? Dann kann man sagen , "hier hast du einen Putz , der hergestellt ist mit Rohstoffen aus deiner Umgebung" - und diese fügen sich optimal in die Landschaft ein.
Es wird Sack-und Silo-ware in ganz Europa herumgekarrt (und ist trotzdem günstig? ,ökologisch?)
Wie muss sich ein Schreiner fühlen , wenn er sieht wie eine CNC-Maschine einen Schrank ausspuckt...
ein Fensterbauer der erklären muss , warum Holz besser ist als Plastik ,etc.,etc.

herzliche Grüße
Mladen

Regionaltypisches und traditionelles Bauen

Verfasst: Sa 3. Jun 2006, 14:20
von Ralf Femmer | KS Freiberg
Hallo Mladen,
ehrlich gesagt beschäftigt mich die Problematik in gewisser Weise täglich. Allerdings habe ich eine Antwort für mich gefunden.
Das mit der traditionellen Herstellung und Bearbeitung ist so eine Sache. Die meisten Menschen finden es super und sind i. d. R. beindruckt, wenn Sie festellen, das es so etwas noch gibt. Sie bemägeln, das es ausgesprochen schwierig ist, ensprechende Hersteller oder Handwerker in der Umgebung zu finden. Dieser qualitative Anspruch hört sich allerdings in schöner Regelmäßigkeit beim eigenen Geldbeutel auf. Regionale Erzeugnisse sind merheitlich auf einen kleineren Markt abgestimmt und damit einfach teurer in der Herstellung als Industrieware. Ähnlich wie bei Handwerkern, die durch teure Speziallisierungen traditionelles Wissen mit modernen Rstaurierungstechniken zu Vereinen wissen, die aber auch letzlich niemand bezahlen will, da individuelle Fertigung mit einem ensprechenden Anspruch nun mal einfach auch Ihren Preis hat.
FG
Ralf

Re: Stukkateur und Industrie

Verfasst: So 4. Jun 2006, 00:32
von Ulrike Nolte
Hm, da will ich doch auch meinen Senf dazu geben.

@Ralf,
ob Deine Antwort so stimmt, bezweifle ich. Aus der (Ein-)Sicht, die ich durch die Tätigkeit meines Mannes (Logistikberater) gewonnen habe, ist es bei Weitem nicht billiger, wenn Ware durch ganz Europa gekarrt wird. Billiger wird es nur durch Lobbyarbeit und Subventionen. Nicht zu vergessen, die Marktstellung einzelner (Handels-) Konzerne, die natürlich auch wieder am Preis schrauben und gehörige Daumenschrauben anlegen.

Ich habe festgestellt, dass es nicht teurer sein muss, wenn man sich die Spezialisten auf den Bau holt und das Material aus der näheren Umgebung einkauft. Im Gegenteil, beim Lehm fahre ich schon billiger. Blomberg ist sozusagen gleich um die Ecke und die Transportkosten sind gegenüber anderen Anbietern wesentlich geringer. Dazu kommt noch, dass diese Spezialisten gerne ihr Wissen weiter geben. Was die ganze Geschichte u.U. noch "billiger" werden läßt wenn man lernwillig und auch bereit ist, selbst mit Hand anzulegen. Vieles sieht schwieriger aus als es ist.

Aber leider wird mit der Unsicherheit auch oft Schindluder getrieben, was sich dann auch in viel höheren Kosten niederschlägt. Und dann ist da noch die Habgier, die auch bei einigen Handwerkern verbreitet scheint. Lieber einen Auftrag annehmen. Selbst wenn man weiß, dass man das besser nicht tun sollte. Nur das Geld interessiert ...

@Mladen
Du glaubst gar nicht, wie oft ich schon nach Kalk und Anbietern gesucht habe. Aber leider spuckt die Suchmaschine die wirklich interessanten Seiten erst ab Seite 100 oder so aus. Und einen Handwerker, der sich mit alten Techniken auskennt und aus der Gegend hier stammt, habe ich bisher über das Internet auch noch nicht gefunden. Diese Leute findet man nur, in dem man fragt. Beispielsweise hier.

Ihr "Kleinen" solltet viel offensiver an die Öffentlichkeit gehen, damit man Euch auch findet. Dazu gehört auch eine gut gemachte Website, die nicht erst ab Seite 100 in den Suchmaschinen erscheint. Da sucht niemand mehr. Wie man das erreicht, könnte ich erzählen  :)

Liebe Grüße
Ulrike

... die schon immer für Regionalität votiert.

Re: Stukkateur und Industrie

Verfasst: So 4. Jun 2006, 08:09
von salinodg
Moin zusammen,

ich habe bisher in jedem Beitrag Pros und Contras gelesen. M.E. ist aber dieses Thema viel komplexer als bisher hier angerissen - uns sicherlich können wir das Thema hier auch nicht erschöpfend behandeln. Wir können auch nicht einen jahrzehntelangen politischen Blindflug (aller bisherigen Regierungsparteien) von heute auf morgen umkehren.

Ich möchte hier mal wieder mein aktuelles Lieblingszitat unseres Ex-Bundespräsidenten Roman Herzog (sinngemäß) anbringen: "Den deutschen Politikern fehlt es an Sachverstand. Jede einzelne, kleine Maßnahme mag für sich betrachtet noch gerechtfertigt erscheinen. In Ihrer Gesamtheit sind sie jedoch kontra-produktiv."

Will sagen: unserer durchaus mittelmäßigen Führungselite fehlt es an Überblick - und dieses Vakkuum wurde dann allzu bereitwillig von diversen Vertretern neo-liberaler Angebotspolitik ausgefüllt. Das Scheitern derartiger Politik wurde von Thatcher und Reagan bereits hinreichend bewiesen - nur will sich keiner mehr daran erinnern - und das Volk wird mit hohlen Phrasen zugedröhnt.

"Die Konjunktur ist angesprungen", verkündigte eine Bundeskanzlerin vor einige Tagen stolz im Fernsehen bei der Kommentierung der aktuellen Arbeitslosenstatistik. Da waren doch tatsächlich 500.000 weniger in der Statistik. Was nicht gesagt wurde: Das waren alles 1-Euro-Jobs o.ä., die man mal schnell herausgerechnet hatte. Also: Wie man mit Statistik lügt!

Warum dieser Ausflug auf die höhere Lügen-Ebene: Wir müssen uns klarmachen, daß wir unten keine Richtungsänderung bewirken können, wenn oben die Richtung nicht stimmt. Und das ganze Gerede von mehr Eigenverantwortung dient letztlich nur dazu, die Opfer zu Schuldigen zu stempeln nach dem Motto: "Wenn Ihr mehr getan hättet, würde es Euch besser gehen!"

Die Entlarvung dieses ganzen politischen Lügengebildes soll jetzt aber keineswegs dazu dienen, die Hände in den Schoß zu legen, und nur die Schuld wieder nach oben zu schieben - obwohl sie da hingehört.

Ulrike,
wenn Du jetzt für mehr und bessere Öffentlichkeitsarbeit für die "Kleinen" plädierst, möchte ich Dir uneingeschränkt recht geben - und wir möchten hier auch zukünftig verbesserte Möglichkeiten der Selbstdarstellung erarbeiten und anbieten. Aber wir können dadurch auch nur kleine Schritte initiieren. Du bist mit Deinem Bauvorhaben sicherlich ein positives Beispiel, aber längst nicht repräsentativ für die Masse.

Genausowenig halte ich Ralf und Mladen mit ihrer beispielhaften Qualitäts-Philosophie nicht für repräsentative Mitglieder Ihrer Berufsstände.

Die Frage ist doch vielmehr: "Wie werden Handwerker heute von den privaten Bauherren wahrgenommen - und wie reagieren alle Beteiligten - als Masse - vor dem Hintergrund knapper Kalkulationen. Die Konflikte sind doch system-bedingt und damit vorprogrammiert.

Wir haben heute - in diesem unserem Lande - leider keine geschmacks-, qualitäts- und stil-bildende Institution mehr. Das ist der Kern des Übels. Unsere heutigen Neubauten haben am Ende der Hypotheken-Laufzeit gleichzeitig auch Ihr Verfallsdatum erreicht. Wen kümmert's. Die Bank hat ihr Geld verdient, das Geld der Bauherren ist versenkt - aber das wissen die erst in 30 oder 40 Jahren.

Und welcher Politiker kann denn ernsthaft an Substanzerhaltung interessiert sein, wo doch Neubauten vielmehr Mehrwertsteuer in die geplünderten Kassen spülen - und ab nächstem Jahr noch 3 Prozentpunkte (oder 18,75 %) mehr.

Wenn das man kein Rechenfehler ist, ähnlich wie bei der Tabaksteuer, die trotz permanenter Erhöhungen immer weniger Geld abliefert. Und hatte man nicht bei der Verlängerung der Laden-Öffnungszeiten mit 50.000 neuen Arbeitsplätzen kalkuliert und steigenden Umsätzen für den Handel? Nichts ist aus alledem geworden. Irgendwer muß wohl vergessen haben, dem Volk mehr Geld zu geben, zumindest die Bereitschaft zu fördern, das Geld auszugeben.

Warten wir mal auf die Reform der Reformen der Reformen.

Trotzdem angenehme Pfingsten.

Re: Stukkateur und Industrie

Verfasst: So 4. Jun 2006, 20:44
von Ulrike Nolte
Ich muss Dir voll und ganz zustimmen, lieber Bernd.

Aber ...
Wir können die große Welt nicht ändern, doch unsere eigene kleine Welt schon. Jetzt!, nicht morgen.

Eine meiner Lieblingsgleichungen heißt: Wenn man nur ein Jahr lang jeden Tag einen Baum pflanzt, hat man nach 360 Tagen einen ganzen Wald  ;)

In diesem Sinne - noch einen schönen Pfingstmontag mit hoffentlich etwas mehr Sonnenschein.

Ulrike

Re: Stukkateur und Industrie

Verfasst: Fr 16. Jun 2006, 11:28
von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
Ranunkel hat geschrieben: Hm, da will ich doch auch meinen Senf dazu geben.

@Ralf,

Ich habe festgestellt, dass es nicht teurer sein muss, wenn man sich die Spezialisten auf den Bau holt und das Material aus der näheren Umgebung einkauft. Im Gegenteil, beim Lehm fahre ich schon billiger. Blomberg ist sozusagen gleich um die Ecke und die Transportkosten sind gegenüber anderen Anbietern wesentlich geringer. Dazu kommt noch, dass diese Spezialisten gerne ihr Wissen weiter geben. Was die ganze Geschichte u.U. noch "billiger" werden läßt wenn man lernwillig und auch bereit ist, selbst mit Hand anzulegen. Vieles sieht schwieriger aus als es ist.

Aber leider wird mit der Unsicherheit auch oft Schindluder getrieben, was sich dann auch in viel höheren Kosten niederschlägt. Und dann ist da noch die Habgier, die auch bei einigen Handwerkern verbreitet scheint. Lieber einen Auftrag annehmen. Selbst wenn man weiß, dass man das besser nicht tun sollte. Nur das Geld interessiert ...

Liebe Grüße
Ulrike

... die schon immer für Regionalität votiert.
Liebe Ulrike,

an dieser Stelle möchte ich denn doch vehement widersprechen. Nach allem was ich bisher von Dir gelesen habe, glaube ich daraus ableiten zu können, dass Du durch Deine Eigenleistung deine "Kosten" gering hälst. Das ist nett, aber nicht vergleichbar. Ich kenne genügend gute Handwerker (und auch Architekten), die nur dadurch "bestehen" können , in dem Sie sich selber ausbeuten (gell, Ralf?) - dafür aber die Befriedigung haben keinen Müll zu produzieren. Letztlich ist das ein persönlicher Luxus, im besten Sinne dieses Wortes. Aber den kann sich lange nicht jeder leisten, wenn er diesen zu reellen Preisen erwerben muß. Das tun allerdings die wenigsten dieser Klientel - Leute mit Anspruch finden immer ein dumme Idealisten, die sich für den eigenen Anspruch einspannen lassen (damit meine ich nicht Dich Ulrike, es vielmehr eine grundsätzliche Beobachtung).

Lieber Bernd,

auch Dir möchte ich (fast noch vehementer) widersprechen. Ich glaube deine Einschätzung hinsichtlich der Mittelmäßigkeit unserer Führungselite, ist eine unzulässige, positive Überhöhung der intellektuellen Substanz und persönlichen Integrität der angesprochenen Zielgruppe. Anders kann ich mir die "Ergebnisse", die den Hirnen jener Führungseleite entsprungen sind und ausweislich gegen die Interessen der Masse der Bevölkerung getroffen werden, nicht mehr erklären.

Ich möchte deshalb den Vorschlag unterbreiten, diese "Disneyworld Demokratie" abzuschaffen und durch eine Monarchie mit einem Regierungsappart mit Fachministeren zu ersetzen. Laßt uns einen Anfang machen und die Wahlbeteiligung der nächsten Wahlen auf etwa 5 % drücken. Das wär ein Spaß. Elefantenrunde im Fernsehn und keiner hat gewählt....

Viele Grüße, Sven.

Re: Stukkateur und Industrie

Verfasst: Fr 16. Jun 2006, 13:18
von Ulrike Nolte
Ich gebe Dir Recht, lieber Sven - solche Handwerker gibt es natürlich auch. Ich habe im Moment auch so einen auf dem Bau, den ich immer wieder etwas bremse weil, na ja, ich gehöre ja selbst zu dieser Fraktion der Selbstausbeuter und bin stolz auf meine gute Arbeit, egal wobei.

Von denen ich gesprochen habe, hatte ich 6 - von 9.
Vier durften einfach gehen, einer muss noch Restarbeiten erledigen, mit einem streiten wir uns nun ganz offiziell ...
Ich will hier keine große Diskussion über das Warum und Weshalb lostreten.

Was Deinen Boykott-Aufruf betrifft - ich mache sofort mit  ;)
Allerdings befürchte ich, dass das auch nichts nützt. Diese nicht abgegebenen Stimmen gehen dann nur dort hin, wohin man sie ganz bestimmt nicht geben wollte. Diese ganze Misere entspringt weniger den Köpfen der Führungselite, sondern viel eher denen, die man sich als Berater ins Haus holt und natürlich denen der Lobbyisten. Kürzlich kam ein herrlicher (schockierender) Fernsehbericht über das Thema Berater ...
Aber solange das Volk derart Obrigkeitshörig ist, wie das nur die Deutschen können, so lange wird sich überhaupt nichts ändern. Die Franzosen z.B. kippen wenigstens mal ein paar Fuhren fauliges Gemüse vor die Tore des Ellissé-Palastes. Und was tun wir? Nichts! Ein paar Grüne protestieren gegen Atomkraft und Ausbeutung der Meere ...

Wir könnten, glaube ich, sehr lange darüber diskutieren.

Grüße
Ulrike

Re: Stukkateur und Industrie

Verfasst: Do 8. Mär 2007, 21:25
von Mladen Klepac
Hallo,

die dezentrale Herstellung der Baustoffe ist schon ein bischen ein Problem.Allein das herbeiführen für ein Familienhäuschen  kann 10´000 km locker erreichen.Die Lehm und Sandgruben lassen sich viel leichter rekultivieren wen diese regional genutzt werden, sind diese doch viel kleiner.Die Primärenergie könnte um einiges gesenkt werden ,würden Baustoffe aus der Region wieder Verwendung finden; Holz, Stein, Kalk, Lehm.

Mladen