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Mauern mit Muschelkalk übertrieben?
Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 12:34
von Arne Luetkens
Zum Ausmauern meiner Gefache verwende ich nun schon seit längerem Muschelkalk. Ursprünglich habe ich mich hauptsächlich aus Zeitmangel für diese ja ziemlich teure Mörtelvariante entschieden. Ab und zu mache ich mir nu Gedanken, ob das nicht absolut übertrieben ist.
Es würde mich interessieren was andere verwenden. Gibt es klare Vorteile von Muschelkalk?
Gruß,
Arne
Re:Mauern mit Muschelkalk übertrieben?
Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 12:55
von Dietmar Fröhlich
Hallo Arne Luetkens,
hilfreich für brauchbare, kompetente Antworten wäre hierzu noch ein Preisvergleich: Wieviel kosten welche Gebinde.?
Ich denke, die jetzige Variante ist dann auch qualitativ hervorragend.
Wichtiger noch erscheint mir nicht die Frage der Mörtelart, sondern: Womit wird ausgefacht.??
Bleibt es in der traditionellen Bauweise Eurer Hauslandschaft ?
Paßt die Fassadenansicht insgesamt zum Straßenbild ?
Mag sein, daß meine "Ansprüche" viel zu weit gehen. Aber aus Denkmal-Sicht sind solche Überlegungen wichtig.
Freundliche Grüße
D.Fr.
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 13:12
von Arne Luetkens
Bei meinem Gebäude handelt es sich um ein 200 Jahre altes, unter Denkmalschutz stehendes Fachwerkhaus. Insofern sind auch meine Ansprüche sehr hoch. Die Gefache werden so weit wie möglich mit den alten Ziegelsteinen ausgemausert. Ich versuche mal ein Bild anzuhängen...
Ein 30kg-Sack Muschelkalk kostet kanpp 14 Euro. In ein Gefach geht dabei auch etwa ein Sack Mörtel.
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 13:26
von Dietmar Fröhlich
Danke für das Bild.! Das erklärt gleich vieles.
Da kann man einfach nur gratulieren.! So sensibel und historisch glaubwürdig stellen wir uns als IGB die Sanierung alter Häuser vor.
Weiter so - und nicht zwischendurch den Mut verlieren.!
Dietmar
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 14:25
von salinodg
Moin miteinander,
rein chemisch betrachtet ist Muschelkalk als Bindemittel nun mal dasgleiche wie Weißkalkhydrat - mit dem Unterschied, daß hier wegen der regionalen Verfügbarkeit - in Küstennähe - Muscheln statt Kalkstein gebrannt wurden. Der chemische Vorgang und Kreislauf ist der gleiche.
Wenn man nun keine weiteren Ansprüche an die historische Authentizität stellt, muß man natürlich einen Preisvergleich anstellen.
25 kg Hydrat kosten je nach Quelle zwischen brutto 4,49 und 6,50, im Mittel also ca. 5,50 = 0,22 / kg gegenüber 0,46 /kg bei Muschelkalk.
Jetzt bleibt nur noch die eigene Entscheidung, ob man beim Kauf also ca. das doppelte ausgeben will, aber dadurch evtl. regionale Initiativen unterstützt etc.
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 14:33
von Arne Luetkens
Wenn ich das richtig sehe ist das Weißkalkhydrat doch nur das Bindemittel. Wird es dann nicht noch Sand gemischt? Damit bekäme man ja ganz andere Mengen zustande.
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 14:41
von salinodg
Das ist richtig. Ich war auch davon ausgegangen, daß es sich in beiden Fällen nur um das Bindemittel handelt.
Für fertigen Mörtel müßte man noch die Kosten für den Sand berücksichtigen. Habe im Moment aber keine Preise von der Kiesgrube vorliegen.
gruß
salinodg
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 14:50
von Arne Luetkens
Da ich praktisch umringt von Kieskuhlen bin ist der Pris für den Sand vernachlässigbar.
Muß der Kalk denn vorher eingesumpft werden?
Meine momentane Idee wäre mit Weißkalkhydrat zu mauern, und mit dem Muschelkalk zu verfugen. So entstünde die gleiche Optik. Man unterschätzt einfach wieviel mörtel man benötigt.
Oder hat Muschelkalk irgendwelche hervorstechenden Vorteile.
Schonmal vielen Dank für die Hilfe,
Gruß
Arne
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 15:18
von salinodg
Für Mauermörtel muß der Kalk nicht eingesumpft werden.
Einfach 1 Raumteil Kalk mit ca. 3,5 Raumteilen Sand mischen. Würde gewaschenen Sand mit Sieblinie 0 - 2 mm vorschlagen.
Bei Praktiker gibt es im Moment Weißkalkhydrat von Otterbein für 4,49 / 25 kg.
Gruß
salinodg
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 15:28
von salinodg
Habe noch mal ein bißchen Dreisatz geübt.
Für eine fertige Kalkmörtelmischung muß man bei 30 kg mit ca. 1,50 rechnen (Unterstellt: ein m? Sand für 50,- bei Selbstabholung.)
LG
salinodg
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 15:29
von Arne Luetkens
Das klingt ja sehr gut, und wird mir dann in Zukunft bestimmt nochmal ein paarhundert Euro sparen. Ich hätte mich vielleicht doch mal früher schlau machen sollen. Aber bei so einem Haus gibt´s so viel um das man sich kümmern muß, da fällt sowas schomal untern Tisch.
Also. Erstmal vielen Dank, und für weitere Tipps bin ich natürlich weiterhin offen. Falls mir noch jemand ein Argument liefert weshalb ich bei dem Muschelkalk bleiben sollte wäre das natürlich auch noch wichtig.
Gruß
Arne
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mi 4. Mai 2005, 16:00
von Holzwurm
Hallo,
Weißkalkhydrat ist nicht gleich Weißkalkhydrat. So einfach ist das nicht. Muschelkalk ist bekannt als hochwertiges Bindemittel. Eine Rolle spielen auch die sonstigen Bestandteile, die nicht Kalk sind, die aus den Muscheln stammen. Werden "Verunreinigungen" wie z.B. Ton- oder Lehm- und auch andere Bestandteile, absichtlich nicht entfernt, können sie dann als hydraule Faktoren in dem Endprodukt wirken und so z.B. höhere Druck- und Biegezugfestigkeiten bewirken. Außerdem sind meines Wissens Muschelkalkmörtel auch für gipshaltiges Mauerwerk geeignet. Viele Grüße, Johannes Prickarz
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mi 4. Mai 2005, 16:59
von Arne Luetkens
Das ist dann vermutlich auch der Grund weshalb so viele Kirchen mit Muschelkalk restauriert werden. Anders als bei einem Fachwerkhaus sind da natürch wesentlich höhere Druckspannungen aufzunehmen.
Da ich jedoch nur sehr kleine Gefache (maximal 1m hoch) habe, sind weder hohe Drücke noch Biegezugspannungen in den Lagerfugen zu erwarten.
Worauf muß ich denn bei der Wahl desWeißkalkhydrates achten?
Gruß
Arne
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mi 4. Mai 2005, 17:31
von Stefan Haar
... früher wurde für das Ausmauern der Gefache oft einfach Lehmmörtel benutzt. den kann man auch heute mancherorts fast zum Nulltarif haben.
Im direkten Kontakt zum Fachwerk ist der Lehm eh' das Optimale.
Das Verfugen würde ich schon aus optischen Gründen mit dem Muschelkalkmörtel weiterführen. Die kleinen Muschelstückchen im Mörtel haben an der Fugensichtseite ihren ganz besonderen Reiz.
Re:Mauern mit Muschelkalk übertieben?
Verfasst: Mi 4. Mai 2005, 20:27
von salinodg
Johannes Prickarz hat geschrieben:
Hallo,
Weißkalkhydrat ist nicht gleich Weißkalkhydrat. So einfach ist das nicht. Muschelkalk ist bekannt als hochwertiges Bindemittel. Eine Rolle spielen auch die sonstigen Bestandteile, die nicht Kalk sind, die aus den Muscheln stammen. Werden "Verunreinigungen" wie z.B. Ton- oder Lehm- und auch andere Bestandteile, absichtlich nicht entfernt, können sie dann als hydraule Faktoren in dem Endprodukt wirken und so z.B. höhere Druck- und Biegezugfestigkeiten bewirken. Außerdem sind meines Wissens Muschelkalkmörtel auch für gipshaltiges Mauerwerk geeignet. Viele Grüße, Johannes Prickarz
Moin moin Johannes Prickarz,
ich glaube, jetzt müssen wir erst einmal ein paar Definitionen "kloppen".
Weißkalkhydrat ist nun mal Weißkalkhydrat. Da "sollte man auch nicht den Sand in den Kopf stecken" - oder war das umgekehrt ;-). Hier sollte man sich auch nicht von "falschen" Deklarationen einiger Baumärkte/ Verkäufer täuschen lassen. Verläßlich wäre hier nur eine Deklaration, wie z.B. als "CL 90"
Aber Muschelkalk ist nicht gleich Muschelkalk: M.E. gibt es keine Definition dafür - und auch keine DIN.
Mit aller chemischen Vorsicht ausgedrückt: Würden ausschließlich Muschelschalen (unter Labor-Bedingungen) gebrannt, wäre das Ergebnis nach dem Löschen "wunderbares" Hydrat.
Das Bindemittel in allen "Muschelkalk-Angeboten" ist also - rein chemisch - immer noch Calciumhydroxid, das immer wieder zitierte Weißkalkhydrat.
Wo wollen wir aber jetzt in der Diskussion hin marschieren?
Aus dem Brennen von Muscheln allein entstehen keine der von Ihnen genannten Hydraulefaktoren - hier muß noch etwas hinzukommen.
Wo kommen aber die von Ihnen zitierten "Lehm-, Ton- und anderen Bestandteile" her - die sicherlich als Hydraulefaktoren anzusehen wären?
Quintessenz: Muschelkalk ohne Volldeklaration ist eine Wundertüte.
Ihrer Anmerkung über die Eignung i.Z. mit gips-haltigem Untergründen stehe ich auch erst einmal sehr kritisch gegenüber.
Haben Sie dabei die mögliche Bildung von Treiber-Mineralien durch sulfathaltige Materialien, wie Gips - bedacht?
Die von Stefan Haar bedachte optische Angleichung - und auch vom Fragesteller angedachte Lösung - halte ich persönlich immer noch für den besten Kompromiss.
Da der Kalk aber immer noch viele Rätsel aufgibt, würde ich mich über weitere Beiträge - auch kontroverse - richtig freuen.
Liebe Grüße