Dachausbau, einfache Variante

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Christian Bisping
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Dachausbau, einfache Variante

Beitrag von Christian Bisping »

Hallo zusammen,

gestern hatte ich erstmals Gelegenheit, das ausgebaute Dach unseres Sanierungsobjektes näher in Augenschein zu nehmen:

Entgegen meiner Annahme wurde beim Ausbau in den 70er/frühen 80er-Jahren gar nicht gedämmt, sondern unter den Sparren nur eine Schicht aus ca. 25mm dicken Spanplatten (?) angebracht, worauf Deckenpaneele aus Nadelholz genagelt wurden. Der Ausbau geht nicht bis in den Giebel, es gibt einen ca. 1m hohen Spitzboden, der durch eine Luke begehbar ist. Unter den Dachziegeln gibt es keine Unterspannbahn, d.h. bei entsprechendem Wetter dringt Wasser zwischen den Dachziegeln durch. Da aber anderseits eine gute Durchlüftung gegeben ist, konnte bisher immer alles wieder abtrocknen, ohne dass es größere Schäden gab.
Die Platten unter den Sparren sind zwar nicht mehr 100% plan, aber auch nicht wirklich aufgequollen oder gewölbt.

In den ausgebauten Räumen unter dem Dach, die früher mal regelmäßig als Kinder-, jetzt nur noch gelegentlich als Gäste- bzw. Arbeitszimmer, genutzt wurden, sind keine feuchten Stellen oder gar Schimmel zu beobachten, zur Beheizung gab es bisher nur alte Holzöfen, die jedoch nur bei richtig kaltem Wetter angeworfen wurden, da es lt. Auskunft der jetzigen Bewohner meist warm genug in diesen Räumen war, auch im Sommer war es von der Hitze her erträglich. Natürlich muss man solche Aussagen relativieren, ich gehe aber schon davon aus, dass es sich tendenziell so verhält. Hier am Niederrhein ist es klimatisch sehr mild, wie man auch an der Vegetation sehen kann.

Da wir auch nur eine ähnlich extensive Nutzung vorhaben, aber den alten Ausbaukram wegen Verdacht auf Formaldehyd in den Spanplatten und giftigen Holzschutzmitteln auf den Paneelen (Xyladecor/Xylamon?) auf jeden Fall entfernen wollen, frage ich mich, wie ein neuer Ausbau aussehen könnte.

Da die Abtrocknung evtl. eingedrungenen Regenwassers dank guter Belüftung bisher funktionierte, wollte ich weiterhin auf eine Unterspannbahn verzichten und den Raum zwischen den Sparren frei lassen.

Unter den Sparren eine Schicht Gutex Multitherm 6cm oder vergleichbares Material (lt. Datenblatt u.a. als vollflächige Untersparrendämmung zugelassen, hydrophob, diffusionsoffen, winddichtend … ).

Ob wir darunter wieder mit Holz verkleiden oder aber eine glatte Oberfläche mit Lehmbauplatten bzw. verputzten Sauerkrautplatten wählen, ist noch offen, wäre alles möglich? Oder wird z.B. noch eine dampfsperrende OSB-Zwischenschicht dringend angeraten? Wenn ja, warum? Bisher hat die tendenziell diffusionsoffene Einfachstkonstruktion ja auch schadenfrei funktioniert.

Hat jemand von Euch Erfahrungen mit so einer Art Ausbau, oder gilt heutzutage nur noch ganz oder gar nicht (offenes Kaltdach oder Volles EnEV-Programm?)

Danke fürs Feedback
Grüße
Christian
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Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
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Re: Dachausbau, einfache Variante

Beitrag von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald »

Hallo Christian,

Du hast ja selbst ausgeführt, dass der "Einfachstaufbau" gewissermaßen empirisch bewiesen hat, dass er hinsichtlich des Feuchteschutzes funktioniert. Insoweit kannst Du davon ausgehen, dass jede Maßnahme die etwa gleiche bauphysikalische Bedingungen herstellt, auch funktioniert. Ihr erkauft Euch die Einfachheit mit einem Verlust an Komfort in den betroffenen Räumen. Wenn diese jedoch ohnehin nur temporär und vielleicht nicht immer nur Winter genutzt werden, ist dass sicher eine überlegenswerte - in jedem Fall kostengünstige - Variante. Von der OSB-platte würde ich Dir deshalb abraten, sie verändert die Randbedingungen weil eine sog. Rückdiffusion in den Innenraum mindestens behindert wird. Die Lehmbauplatten sind daher aus meiner Sicht 1. Wahl - solange es von Standard so bleiben soll, wie es ist.

Worauf Du achten solltest, ist der unverbaute, funktionstüchtige Konvektionsraum über deiner Zwischensparrendämmung. Sobald die (feuchte) Luft hier nicht mehr ausreichend bewegt und letztlich abtransportiert wird, sind Schäden an der Dachkonstruktion, des darunterliegenden Ausbaus und der Dachdeckung vorprogrammiert. Dazu gehört eine Traufe in die Luft einströmen kann und ein First an dem diese Luft austreten kann. Je nach Dachneigung wird der schon erwähnte Konvektionsraum benötigt, also der Abstand von Unterkante Dachlatte bis Oberkante Dämmstoff. Grundsätzlich gilt : je flacher das Dach, desto größer der Abstand. Der sollte aber keinesfalls geringer als 4 cm sein.

Und zum Schluß : Sieh Dir deine Dachdeckung genau an. Aus welchem Material bestehen die Ziegel, in welchem Zustand sind die ? Sind Reparaturen zeitnah zu erwarten ? Sind die Ziegel stark vermoost ?

Ich empfehle Dir auf jeden Fall, spätestens wenn ein großflächiger Ziegelaustausch erforderlich wird, eine Unterspannung nachzurüsten.

Herzliche Grüße, Sven.
Teske + Schwiede Architekten
Sachverständige für Schäden an Gebäuden

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