Lehmwickeldecke: Ruß oder Schimmel?

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Marcel_74
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Lehmwickeldecke: Ruß oder Schimmel?

Beitrag von Marcel_74 »

Hallo,
schaut Euch doch bitte mal das angefügte Foto an und sagt mir ob es sich bei der "Schwärzung" auf dem Holz um einen Schimmelpilz handeln könnte.
Auf dem Bild sind einige Staken der Lehmwickeldecke zu sehen, die zwecks Sanierung entnommen werden mußten.
Ich hatte zuerst an Ruß gedacht (Schwarzküche?!)...
Die Staken sind nur von der unteren Seite geschwärzt, die Oberseite nicht.
Der Lehm der Wickeldecke zeigt keine "Schwärzung", sondern nur das Holz der Staken.
Angenommen es ist Schimmel:
Gibt es da gesundheitliche Bedenken?
Auf die Lehmwickeldecke kommt wieder ein Lehmputz drauf (vorher Kalkzementputz).
Viele Grüße,
Marcel
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Stakung der Lehmwickeldecke
Stakung der Lehmwickeldecke
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Dietrich Maschmeyer
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Re: Lehmwickeldecke: Ruß oder Schimmel?

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Habt ihr schon mal daran gedacht, dass die Staken vorher mal zu was anderem gedient haben könnten? Auf dem Foto kann man nur erekenn, dass eine ungelichmässige Schwarzfärbung vorliegt - in mehr als 90 % aller Fälle ist so was Russ. Waren Sie wirklich mit gelehmten Strohseilen umwickelt, oder lag da eine Schüttung drauf?
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Marcel_74
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Re: Lehmwickeldecke: Ruß oder Schimmel?

Beitrag von Marcel_74 »

Ich habe mir die Decke nochmal genauer angeschaut:
Mit richtig langen Strohseilen sind die Staken nicht umwickelt, eher mit einem Stroh-/Lehmgemisch umhüllt.
Die dendrochronologische Untersuchung (auch von Stakenhölzern) läuft noch, somit weiß ich momentan noch nicht ob die Staken zur Bauzeit des Hauses passen.
Im Anhang nochmal zwei weitere Bilder.
Das eine zeigt ein unversehrtes Deckenfeld und das andere Bild eines wo der Lehm an einigen Stellen fehlt.
Die weißen Stellen sind Reste des Kalkzementputzes den ich entfernt habe.
Die Schwarzfärbung ist übrigens auch an Stakenhölzern zu finden die gänzlich von Lehm umhüllt waren, und nur zu Sanierungszwecken ausgebaut werden mußten.
Zur Giebelseite hin sind zwei Deckenfelder wohl im 19ten Jahrhundert mal aufgrund einer Sanierung/Umbaus komplett (Lehm/Stakung) erneuert worden.
Hier findet sich auch die Schwärzung, aber nicht so viel.
Ich bin auch nur auf den Gedanken mit dem Schimmel gekommen, da der Lehm keine Schwarzfärbung zeigt...
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Achim
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Re: Lehmwickeldecke: Ruß oder Schimmel?

Beitrag von Achim »

Also meiner Meinung nach sieht das ziemlich stark nach Ruß aus, zumal sich der Schimmel sicher nicht nur an die Staken gemacht, sondern auch den Lehm in Mitleidenschaft gezogen hätte.

Vielleicht sollte das Holz durch die Verrußung konserviert werden?

Viele Grüße
Achim
Dietrich Maschmeyer
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Re: Lehmwickeldecke: Ruß oder Schimmel?

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Nach den Bildern würde ich vermuten, dass die "Staken" ursprünglich als Einschübe nur einen Lehmestrich getragen haben. Darunter befand sich dann ein stark verrauchter Raum. Später, nach einführung von Schornstein etc. wurde das OG an dieser Stelle auch zu Wohnräumen ausgebaut und die Decke von unten mit Lehm verputzt. Dabei müsste man aber die Fugen zwischen den Staken ausgekratzt haben, um hinreichende Verklammerung zu bekommen. Wenn ich mir Euer Haus so anschaue, ist es ursprünglich sicher noch ein Rauchhaus gewesen. Gibt es eigentlich ein Baudatum?

Umbauten dieser Art kommen so regelmässig vor, wie sie den Bewohnern der Häuser unbekannt sind. Sucht mal nach weiteren Spuren von Rauch (Tipp: Nicht selten wurde die rauchgeschwärzte Lehmschicht einfach noch mal überputzt. Tief unter der Oberfläche kommt dann der alte Russ...
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Marcel_74
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Re: Lehmwickeldecke: Ruß oder Schimmel?

Beitrag von Marcel_74 »

Die ältesten Bauteile unseres Wohnhauses sind laut Denkmaltopographie um 1700 entstanden.
Umbauten/Anbauten gab es dann wohl noch im 18/19ten Jahrhundert.
Die ersten Ergebnisse der dendrochronologischen Untersuchung liegen mir auch schon vor.
Demnach kann der äußerste Jahresring unserer giebelseitigen Stockwerkschwelle auf 1538 datiert werden.
Das ist aber nicht das Fälldatum, da bei dem Probenkörper keine Waldkante/Splint mehr vorhanden war.
D.h. ich werde noch Proben nachliefern müssen.
Bis wann gab es denn Rauchhäuser?
Gibt es da Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen in Deutschland?
Mache mich morgen mal auf die Suche nach weiteren ?!Rußspuren?!...
Danke schonmal!
Dietrich Maschmeyer
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Re: Lehmwickeldecke: Ruß oder Schimmel?

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Oh, das mit den Rauchhäusern ist ein langes Kapitel. Das werde ich mal im Holznagel behandeln, der Beitrag ist schon in Arbeit. Speziell für Hessen nur so viel:

Ausführlich untersucht wurde das durch Christine H. Bauer: Hausbau und Bauverordnungen in Hessen-Kassel/Kurhessen 1532-1866, Hessische Forschungen Band 31 (2003). Danach kamen vereinzelte Rauchhäuser noch bis Mitte des 19. Jh. vor. Die meisten wurden jedoch zwischen 1730 und 1800 zu Häusern mit Schloten umgebaut, mit entsprechend oft sehr starken Umbauten in der mittleren Hauszone. Oft ist dort die Erdgeschossdecke auch erst aus dieser Phase, was man allerdings nur sieht, wenn man sich die Balkenlage genau ansehen kann.

Dass Euer Haus mal ein Rauchhaus war, kann man mit einem mutmasslichen Baudatum, das auf jeden Fall im oder vor dem 17. Jahrhundert liegt, als gesichert ansehen. Wenn man mehr wissen will, muss man das Haus wirklich genauestens untersuchen, Umbeuten sind immer eine gute Gelegenheit, auch an üblicherweise unzugängliche Bereiche einmal heranzukommen.
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Marcel_74
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Re: Lehmwickeldecke: Ruß oder Schimmel?

Beitrag von Marcel_74 »

Hallo,

die Sanierung des Zimmers neigt sich dem Ende und somit auch die Arbeit an der Decke.
Diese wird nur mit einem Lehmfeinputz versehen.

Unser Lehmbauer hat wieder Bedenken bezüglich des Ruß/Schimmels angemeldet und gemeint das es sich dabei um Schimmel handeln müßte.

Somit habe ich eine Stake genommen und sie zur Uni Gießen (Hygieneinstitut) zwecks Untersuchung gebracht.
Sie wird nun zur Analyse nach Lübeck geschickt (Ergebnis gibts nächste Woche).
Es haben sich die Stake mehrere Fachleute (unter anderem ein Prof.) angeschaut und die einhellige Meinung war, dass es Schimmel ist (wenn auch nicht mehr aktiv). D.h. der komplette Lehm muß runter und die Stakung gekalkt werden, um die Schimmelsporen zu vernichten.

Jetzt stelle ich mir die Frage wie dort der großflächige Schimmel hinkommt?
Das komplette Holzständerwerk (rund um den Raum, alles Außenwände) war schimmelfrei außer hier und da ein paar Schäden bedingt durch Insekten oder Braunfäule, was aber komplett beseitigt wurde.
Könnt ihr euch das erklären?

Danke schonmal.

Viele Grüße,
Marcel
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Ralf Femmer | KS Freiberg
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Re: Lehmwickeldecke: Ruß oder Schimmel?

Beitrag von Ralf Femmer | KS Freiberg »

Hallo Marcel,
im Normalfall kann sich meiner Auffassung nach Schimmel an einer Stake nur dann bilden, wenn es dauerhaft zu einer Durchfeuchtung des Lehms gekommen ist. Lehm als soches ist ja bestrebt, eine Ausgleichsfeuchte herzustellen und liegt dann ja ähnlich wie das verbaute Holz. Das ist auch einer der großen Vorteile bei Lehm/ Holzkombinationen.
Ich persönlich würde mir auch nicht all zu viel sorgen machen, da nach der Sanierung ja gewährleistet sein dürfte, das die Decke trocken bleibt. Somit dürften auch die Schimmelsporen, sofern es denn welche sind, nicht mehr relevant sein.
Ich kenne ähnliche Situationen, wie du sie beschreibst, von Decken, bei denen aufgrund von eindringender Feuchte, Teile des Deckenputzes und der Lehmschicht abgefallen sind und die Stake freilag. Erst in dieser Situation hat sich der Schimmel gebildet.
Bevor ich die ganze Decke aufreißen, die Staken vom Lehm befreien und selbige dann kalken würde, wäre für mich wichtig zu wissen, warum ich das überhaupt tun soll. Sprich welche Gefahr geht denn von dem in Lehm eingepackten "Schimmel" überhaupt aus?
FG
Ralf
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Marcel_74
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Re: Lehmwickeldecke: Ruß oder Schimmel?

Beitrag von Marcel_74 »

Hallo Ralf,

das mit der dauerhaften Durchfeuchtung hat unser Lehmbauer auch angenommen?!
Im letzten Jahr wurden zwei Balkenköpfe und beide giebelseitigen Eckstichbalken erneuert.
Die meisten Stakenhölzer in diesem Bereich waren auch von Käfern befallen und wurden ersetzt.
Wirklich gepflegt wurde unser Haus in den letzten hundert Jahren ebenfalls nicht.
Aber ob das zu dem Schimmelbefall geführt hat?!

Der Schimmel ist ja auch nicht überall, somit werde ich hier und da mal etwas Lehm abnehmen, und wenn dort kein Schimmel ist, bleibt das Deckenfeld auf jeden Fall erhalten.
Es soll halt das Kinderzimmer für unseren Sohn werden, und da macht man sich schon seine Gedanken...

Viele Grüße,
Marcel
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