Weisstorf als Dämmmaterial

Fachgerechte Arbeiten, Materialien und Verfahren
Dietrich Maschmeyer
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Weisstorf als Dämmmaterial

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Hallo zusammen,

die ewigen Diskussionen um Stroh oder Holzhackschitzel oder oder oder als Dämmmaterial lassen in mir die Frage aufkommen, was denn eigentlich mit Weissstorf los ist. Der wurde jahrzehntelang als Dämmung für Baracken in Norddeutschland verwendet, sogar für die Isolierung von bäuerlichen Kartoffelkellern, Eiskellern in Brauereien oder Kühlhäusern, wenn Backkork zu teuer war. Er hat ein sehr niedriges Raumgewicht, ist ziemlich resistent gegen Fäulnis, mit Holz sehr verträglich und wird von den üblichen unerwünschten Mitbewohnern nicht gern angenommen. Damit dürfte er mindestens die Dämmqualität von Holzweichfaserplatten haben, allerdings wesentlich billiger sein. Die nachhaltige Verwendung dieses im Prinzip (bei Wedervernässung von Mooren) sogar nachwachsenden Rohstoffes zur Energieeinsparung erscheint mit wesentlich sinnvoller als der kurzfristige Einsatz zum ockern von Gartenerde oder als Substrat in Grossgärtnereien. Und reccyclingfreundlich ist er auch.

Mein Frage an das Forum: Wurde dieser im Prinzip bewährte Stoff einfach vergessen, oder findet man jetzt, er tauge nichts, oder ist er mittlerweile ökologisch (dann m.e. sehr zu Unrecht) verpönt?
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Ralf Femmer | KS Freiberg
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Re: Weisstorf als Dämmmaterial

Beitrag von Ralf Femmer | KS Freiberg »

Hallo Dietrich,
ich würde eher auf vergessen tippen.
Ich habe nirgends irgendwelche Werte gefunden, die eine Berücksichtigung möglich machen würden.
Grundsätzlich dürfe dieses Material allerdings auch nur regional sehr begrenzt einsetzbar sein. Ähnlich zum Beispiel wie Bims, bei dem sich der Transport über weite Strecken weder ökologisch noch ökonomisch rechnen würde.
Was bei diesem Beispiel aber deutlich wird, ist die Tatsache dass gerade über traditionelle regionale Baustoffe wenig bis keine Erkenntnisse vorliegen. Das fängt bei der Konstruktion an, geht über das Tragverhalten und hört bei der Bauphysik noch lange nicht auf.
FG
Ralf
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Wolfgang Riesner
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Re: Weisstorf als Dämmmaterial

Beitrag von Wolfgang Riesner »

Hallo Dietrich und Ralf,
im Prinzip könnte man sich Torf als Dämmstoff vorstellen. Welches Raumgewicht kann man denn in trockenem Zustand erwarten? Davon läßt sich die potenzielle Dämmfähigkeit recht gut ableiten. Bei Dämmzellulose, die ich sehr gerne zum Dämmen benutze, sind das etwa 40 bis 60 kg/cbm in eingeblasenem Zustand, also etwa 1/10 oder weniger von sehr guten Strohleichtlehmen.
Mal abgesehen davon, daß Torf zunächst mal als Baustoff keine Zulassung hat, was ja nicht jeden Selberbauer stören muß, wäre noch zu klären, wie denn eine Konstruktion unter Verwendung von Torf beschaffen sein könnte.
Vieleicht fühlt sich ja ein Tüftler angeregt mal herumzuprobieren. Denkbar wäre loses Material zum Schütten oder einblasen ähnlich wie Flocke, zu Platten gepreßter Torf mit Eigenschaften wie bei Holzweichfaser oder als Zuschlagstoff um sonst nicht dämmende, plastische und später austrocknende oder erhärtende Materialien (z.B. Lehm oder Zementleim) zu leichtern.
Fast kommt man ins Grübeln.
Gruß
Wolfgang
Dietrich Maschmeyer
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Re: Weisstorf als Dämmmaterial

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Gepresster Weisstorf ca. 200 kg/m3, lockeres Granulat schätzungsweise knapp die Hälfte. Man müsste mal bei nem Torfwerk vorbeischauen. Mich begeistert an dem Zeug die natürliche Resistenz und schlechte Entflammbarkeit - und damit die in dieser Hinsicht deutliche Überlegenheit gegenüber boratgetränkter Zellulose.
Wolfgang Riesner
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Re: Weisstorf als Dämmmaterial

Beitrag von Wolfgang Riesner »

Hallo Dietrich,
ich habe keine Erfahrung mit Weißtorf, mit den Brandschutzeigenschaften bzw. der Entflammbarkeit ist es vermutlich aber gar nicht so einfach. Letzlich ist es mir auch egal, ob Flocke einen Zusatz von Bohrsalz hat, wenn sie als Dämmstoff zugelassen und geeignet ist, außerdem gibt es auch Flocke ohne Bohrsalz. Dennoch ist es sicher interessant mal mit Torf zu experimentieren.
Nun muß man sicher auch mal über die grundsätzliche Verfügbarkeit des Materials diskutieren. Wird Weißtorf jetzt denn von der Torfindustrie verwendet? Oder ist er eher ein Abfallprodukt, bevor man an den begehrteren Schwarztorf gelangt?
Ob man die Pflanzenreste mechanisch verfilzen oder zu einem Flies verarbeiten oder zu leichten Platten pressen könnte müßte man mal austesten.
Gruß
Wolfgang
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Ralf Femmer | KS Freiberg
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Re: Weisstorf als Dämmmaterial

Beitrag von Ralf Femmer | KS Freiberg »

Hallo Wolfgang, hallo Dietrich,
was sicherlich auch eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielen dürfte ist der Preis.
was wäre denn aufzuwenden um einen cbm Weißtorf verarbeitungsgerecht liefern zu können?
Sicherlich ist von stechen bis zum einbau noch das eine oder andere zu erledigen.
Und wo ist Torf als Dämmstoff überhaupt interessant? In Sachsen ja wohl eher nicht, oder? Zumindest wäre der ökologische Effekt bei längeren Transportwegen dahin.
FG
Ralf
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Jens Paulsen
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Re: Weisstorf als Dämmmaterial

Beitrag von Jens Paulsen »

Brandschutz dürfte ein Problem sein, denn trockener Torf glüht vor sich hin und ist sehr schlecht zu löschen. Deswegen sind Waldbrände auf Beständen mit sehr viel Rohhumus (Trockentorf, Streu, die sich in torfartige Substanz verwandelt) ein Problem.
Dietrich Maschmeyer
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Re: Weisstorf als Dämmmaterial

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Ursache ist die Kombination aus Porosität (moderater Luftzutritt) und gleichzeitigem Wärmestau (die klassische Eigenschaft von Isoliermaterial). Das Problem hat man daher bei fast allen organischen Isoliermatierialien mit grosser Oberfläche: Hanf, Stroh, Schäben, Holzweichfaserplatten, Holzwolle (!). Das Problem muss und kann konstruktiv gelöst werden - beispielsweise durch eine dichte Lehmschicht, eine Wasserglasschicht, etc. Schwer entflammbar ist das Zeug aber durchaus.
Wolfgang Riesner
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Re: Weisstorf als Dämmmaterial

Beitrag von Wolfgang Riesner »

Eingeblasene Flocke hat das Problem "Schwelen" nicht. Sie ist selbstverlöschend.
Gruß
Wolfgang
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