Fachwerkreparatur: Altholz oder neues Holz?

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Andreas Luft
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Fachwerkreparatur: Altholz oder neues Holz?

Beitrag von Andreas Luft »

Hallo,

mein altes (100 bis 200 Jahre) Fachwerkhaus aus Fichte oder Kiefer soll repariert werden. Einige Balken müssen ausgewechselt werden. Welches Holz soll der Zimmermann einbauen?

Ich denke:
   1. Trotz umfangreichem Hausbockbefall tragen die meisten alten Balken noch gut, weil sie einen hohen Kernholzanteil haben. Deswegen soll der Zimmermann Balken mit hohem Kernholzanteil nehmen.

   2. Der Zimmermann soll alte Balken nehmen, da bei ihnen die Gefahr des Neubefalls durch Holzschädlinge gering ist. Außerdem sind alte Balken ausgetrocknet, so daß es bei den Verbindungen und Gefachausfüllungen keine Probleme mit Holzschwund gibt.

Der Zimmermann sagt:
   - Bei altem Holz kann man sich nicht alle Eigenschaften aussuchen. Wer unbedingt einen hohen Kernholzanteil haben will, der kann sich neues Holz mit speziell dieser Eigenschaft in der richtigen Länge bestellen.


Was sagen die Fachleute hier?
- Lieber neues Holz mit hohem Kernholzanteil (Kann man das wirklich einfach bestellen? Sind das dann Ganzhölzer, die fast nur aus Kernholz bestehen? Welche Nachteile handelt man sich ein?)

- Lieber altes Holz verwenden, welches nicht mehr schwindet und wahrscheinlich nicht mehr interessant für holzzerstörende Insekten ist?

Danke für Antworten
Andreas
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Ralf Femmer | KS Freiberg
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Re:Fachwerkreparatur: Altholz oder neues Holz?

Beitrag von Ralf Femmer | KS Freiberg »

Hallo Andreas
Wie so oft im leben, ist alles nicht so einfach, wie man zunächst einmal denkt.
Ob deine Balken wirklich so einen hohen Kernholzanteil haben, wie du sagst lasse ich einmal dahin gestellt, denn das lässt sich aus der Ferne nur schwer beurteilen. Solltest du ein Fichtefachwerk haben, wirst du sicherlich kein Kernholz haben, da Fichte selbiges nicht hat. Also gehen wir wohlwollend von Kiefer aus. Grundsätzlich ist aber ein hoher Kernholzanteil wünschenswert, besser ist sogar, wenn du ausschließlich Kernholz nimmst. Solch ein neues Holz kannst du selbstverständlich in allen Längen und Querschnitten und natürlich auch in den entsprechenden Sortierklassen bestellen. Selbstverständlich auch trocken. Jede einzelne dieser Eigenschafte wirst du aber näturlich auch bezahlen müssen.
Verwendest du Altholz hängt die Qualität im wensentlichen von dem know how deines Zimmermanns mit wiederverwendetem Holz ab. Fakt ist, daß das verarbeiten von Altholz mehr Aufmerksamkeit verlangt als trockenes S10 Holz, scharfkantig geschnitten. Allerdings sollte die Bearbeitung für einen guten Zimmermann kein Problem darstellen.
Ich persönlich würde immer Altholz verarbeiten, vor allem dann, wenn ich weiss, daß das Holz trocken und fachgerecht gelagert worden ist. Denn im Ergebnis finde ich das Gesamterscheinungsbild wesentlich ausgewogener. Wenn du Holz mit der gleichen Feuchte einbaust, wie das, das bereits verbaut ist, wird es sich auch gleich verhalten (vorrausgesetzt du nimmst auch die gleich Holzart). Meiner Auffassung nach, wird in Altholz auch der Befall schon erledigt sein, so das dort mit keinen Problemen mehr zu rechnen ist. Allerdings gilt das natürlich auch für Kernholz.
fg
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Dietmar Fröhlich
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Re:Fachwerkreparatur: Altholz oder neues Holz?

Beitrag von Dietmar Fröhlich »

@ Lieber Ralf,
dieser Sachverhalt, ob Alt- oder Neuholz, wird zumindest unter den Hausforschern kontrovers diskutiert. Siehe dazu die Beitrage `Fachwerk in Not !` von Heinz Riepshoff in den beiden Holznägeln 5 und 6 /2004. Da geht es u.a. darum, ob man sich an historisch wertvollen Häusern dazu bekennen soll, die heute nötigen Ergänzungen (Erneuerungen) doch ehrlicher Weise in neuem Holz auszuführen, damit man sie auch später ausdrücklich als Ersatz erkennt.
Aus ästhetischen Gründen würde ich jedoch so wie Du es siehst in der Regel auf passendes Altholz gleicher Holzart zurückgreifen.

Sonntagsgrüße
Dietmar
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Ralf Femmer | KS Freiberg
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Re:Fachwerkreparatur: Altholz oder neues Holz?

Beitrag von Ralf Femmer | KS Freiberg »

@ Dietmar
Die Diskusssion über den Einsatz von Alt- oder Neuholz wird seit ca. 20 Jahren kontrovers geführt. Diese Diskussion ist mir sehr wohl bekannt. So habe ich auch lediglich meine persönliche Auffassung vertreten. Ich neige grundsätzlich dazu, einem ratsuchenden die Vor- und Nachteile bezogen auf die jeiweilige Frage darzustellen. Mir liegt es nicht, gleich noch einen Abriss über die derzeit aktuellen politischen Diskussionen (und diese sind es letzlich) mitzuliefern. Letzlich wägt der Kunde selber ab. Allerdings wird mir auch Angst und Bange wenn ich mir vorstelle, das zukünftige Hausforschergenerationen nicht in der Lage sein sollen, Reparaturholz von orginaler Substanz zu unterscheiden. Vor allem, wenn man berücksichtigt, welchen dokumentatorischen Aufwand wir heute bei Denkmalgeschützen Objekten betreiben.
GG
Ralf Femmer
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Re:Fachwerkreparatur: Altholz oder neues Holz?

Beitrag von Dietmar Fröhlich »

@ Ralf, ich bin 100 %ig Deiner Meinung. Mit meinem gestrigen Eintrag wollte ich auch bloß noch einmal die gegenteilige Haltung als das andere "Extrem", die wissenschaftliche Hausforschung hier ansprechen. (Und wie man damit umgeht.) Die beiden Artikel stehen übrigens auch gleich oben auf der Startseite.
Für mich ist das dennoch alles kein Gegensatz, sondern ebenso Notwendigkeit.
Dies Themen Kosten sowie Aufwand & Nutzen hier zu diskutieren würde diesen Rahmen sprengen. - Oder wir machen wieder ein neues Thema auf.

Viele Grüße nach Oberkrämer
Dietmar
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Re:Fachwerkreparatur: Altholz oder neues Holz?

Beitrag von Stefan Haar »

Wenn ich die Möglichkeit habe, an qualitativ gutes Altholz heranzukommen, ziehe ich das Holz aus Zweitverwendung allemal vor.

Bautechnisch gesehen ist es zwar spröder, als junges Holz, aber es passt sich dafür wieder viel unauffälliger in die vorhandenen alten Gefüge ein. Insbesondere dann, wenn nur einzelne Schwellen getauscht werden müssen, mag ich es überhaupt nicht, wenn die Schwellen noch schrumpfen - das gibt dann Jahre später immer noch Risse im Putz und Sorgen- bzw. Ärgernisfalten im Gesicht der Bauherren.

Wenn ganze Wandabschnitte zu erneuern/rekonstruieren sind, stellt sich die Frage für mich schon anders. Die optimale Lösung lässt sich - wie immer - nur am stehenden Objekt erarbeiten.

Spätestens, wenn ich krummgewachsene Streben oder Fußwinkelhölzer benötige, oder vorhandene Bauteile anlängen muß, komme ich mit neuem Holz in der Regel nicht weit.

Eine pauschalisierte Aussage für oder wider die Verwendung von Altholz ist meines Erachtens abzulehnen.
AG-Bautechnik der IGB
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Re:Fachwerkreparatur: Altholz oder neues Holz?

Beitrag von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald »

Das Abschwinden des "Neuholzes" läßt sich verhindern, wenn das Holz im Zustand der Ausgleichsfeuchte verbaut wird. Das erfordert häufig eine technische Trocknung, die bei Nadelgehölzen allerdings häufig zu starken Trocknungsrissen führt, die für einen Insektenbefall förderlich sein können.

Nicht selten wird dann noch das (teure) trockene Holz durch die eigentliche Baumaßnahme über einen langen Zeitraum einer hohen Feuchte ausgesetzt (falsche Lagerung auf der Baustelle, Putz- Maler- und Estricharbeiten usw.). Der Vorteil der Verwendung des aufwändig vorgetrockneten Holzes ist dann leider dahin....

Daher empfehlen wir möglichst die Verwendung von Altholz, oder soweit etwas zeitlicher Vorlauf möglich ist, eine Einlagerung von Bauholz im Vorfeld einer Maßnahme.

Gibt es eigentlich Untersuchungen zu den technischen Eigenschaften von Altholz im Gegensatz zu "Neuholz" (Stichwort : langsameres Wachstum, enger stehende Jahresringe...) ? Ich habe das über eine Bauschadensdatenbank zu recherieren versucht - leider ohne Ergebnis.

Viele Grüße, Sven.
Teske + Schwiede Architekten
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Ralf Femmer | KS Freiberg
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Re:Fachwerkreparatur: Altholz oder neues Holz?

Beitrag von Ralf Femmer | KS Freiberg »

Es gibt entsprechende Untersuchungen vor allem zum Tragverhalten der Hölzer. Danach ist die Tragfähigkeit von Hölzern z.B. aus dem Alpenraum etwas besser als von Bäumen aus schnellwachsenden Plantagenkiefern. Dazu ist mal ein Artikel in "Bauen mit Holz" oder "Mikado" erschienen. Wenn ich mich recht erinnere von Prof. Dr. (?) Natterer. Wenn ich den noch finde, stelle ich den gerne zur Verfügung.
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