Hallo miteinander,
das Abbinden / Erhärten von Kalkputz und Kalkfarben wird als Carbonatisierung bezeichnet und ist Teil des sog. Kalkkreislaufs. In Lehr- und Fachbüchern wird dieser Kalkkreislauf folgendermaßen beschrieben.
1. Brennen des Kalksteins (Calciumcarbonat)
CaCO3 + (Wärme) => CaO + CO2 ^
2. Löschen des Branntkalks (Calciumoxid) mit Wasser
CaO + H2O => Ca(OH)2
3. Carbonatisierung des Weißkalk-Hydrats (Calciumhydroxid) zu Kalkstein unter Aufnahme von CO2 (Kohlendioxid) aus der Luft.
Ca(OH)2 + CO2 => CaCO3 + H2O
Meiner Meinung nach ist der 3. Schritt unvollständig.
Wir wissen alle von den Baustellen, daß man Weißkalkhydrat (in Säcken) unbeschränkt an (trockner) Luft mit (schwankendem) CO2 ? Gehalt lagern kann. Es erfolgt keine Abbindung. Eine Abbindung erfolgt nur bei Vorhandensein von Wasser ? das als Anmachwasser im Mörtel enthalten ist.
Es müßten hier m.E. noch folgende Zwischenschritte erfolgen:
a. Entstehung von Kohlen(stoff)säure
H2O + CO2 => H2CO3
b. Bildung des instabilen (wasserlöslichen) Calciumhydrogen-Carbonats aus dem Weißkalkhydrat.
Ca(OH)2 + H2CO3 => Ca(HCO3)2 + (?)
c. Entstehung von Kalkstein (Calciumcarbonat) durch Verdunstung (Energiezufuhr)
Ca(HCO3)2 + (Wärme) => CaCO3 + (?)
Gibt es in der Community einen (Hobby-) Chemiker, der ggf. diesen Vorgang bestätigen und ggf. die Summenformeln dafür liefern kann ??
Zusatz-Überlegung und Frage: Ist beim Abbindeprozeß nicht genügend Wasser vorhanden, härtet der Kalkputz bzw. die Kalkfarbe nicht genügend aus !
Kann dieser Prozeß durch nachträgliche Wasserzugabe (nach Austrocknen) wieder in Gang gesetzt werden ?? Ggf.: Warum NICHT ?
Grüße
salinodg
Kalk ? Chemiker gesucht
Re:Kalk ? Chemiker gesucht
Hallo,
anscheinend haben wir hier im Forum keine Chemiker. Ich hatte inzwischen weiter recherchiert und möchte jetzt erst einmal den Status beschreiben.
- Die direkte Reaktion von Weißkalkhydrat und Kohlendioxid aus der Luft muß weiterhin angezweifelt werden - obwohl diese Reaktion in vielen Standardbüchern beschrieben wird.
Es gibt momentan folgende, weitere Erklärungsansätze:
1. Zuerst löst sich Calciumhydroxid - Ca(OH)2 - in Wasser. CO2 reagiert mit Wasser zu H2CO3, der Kohlensäure, welche durch Ca(OH)2 neutralisiert wird zu CaCO3 und 2 H2O.
2. Ca(OH)2 löst sich in Spuren von Wasser. Dann reagiert ein OH- mit CO2 zu HCO3- welches dann durch ein weiters OH- zum Carbonat umgesetzt wird und als Calciumcarbonat ausfällt. Da bei dieser Reaktion selbst Wasser frei wird, braucht man nur eine kleine Menge zur Initiation.
Der Kalk birgt also noch reichlich Geheimnisse. Vielleicht können wir hier ja den Schleier etwas lüpfen.
Grüße aus der Formelwelt
salinodg
anscheinend haben wir hier im Forum keine Chemiker. Ich hatte inzwischen weiter recherchiert und möchte jetzt erst einmal den Status beschreiben.
- Die direkte Reaktion von Weißkalkhydrat und Kohlendioxid aus der Luft muß weiterhin angezweifelt werden - obwohl diese Reaktion in vielen Standardbüchern beschrieben wird.
Es gibt momentan folgende, weitere Erklärungsansätze:
1. Zuerst löst sich Calciumhydroxid - Ca(OH)2 - in Wasser. CO2 reagiert mit Wasser zu H2CO3, der Kohlensäure, welche durch Ca(OH)2 neutralisiert wird zu CaCO3 und 2 H2O.
2. Ca(OH)2 löst sich in Spuren von Wasser. Dann reagiert ein OH- mit CO2 zu HCO3- welches dann durch ein weiters OH- zum Carbonat umgesetzt wird und als Calciumcarbonat ausfällt. Da bei dieser Reaktion selbst Wasser frei wird, braucht man nur eine kleine Menge zur Initiation.
Der Kalk birgt also noch reichlich Geheimnisse. Vielleicht können wir hier ja den Schleier etwas lüpfen.
Grüße aus der Formelwelt
salinodg
-
- Nicht angemeldeter User
Re:Kalk – Chemiker gesucht
Mir ist, salinodg, derzeit nicht bekannt, daß sich jemand unter den Restauratoren oder Chemikern, die uns unterstützen, konkret mit Kalk befaßt.
Mir fällt nur die Ziegelei in Hundisburg, bei Haldensleben, ein. Dies ist ein produzierendes Denkmal, um anderen Denkmalen besser helfen zu können.
Dort gab oder gibt es neben der Backsteinherstellung aller Art, je nach Bedarf noch ein gemeinsames Projekt mit dem Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt genau zur Kalkverarbeitung und -herstellung.
In jedem Falle wäre dazu für Dich noch ganz viel Praxiserfahrung einzuholen.
Dein bisheriges Kalk-Statement ist echt gut, hab es vorgestern erst wieder darin studiert.
Hier mal die Daten der Hundisburg-Ziegelei:
Ziegelei Hundisburg,
Leiter: Herr Kaiser
Süplinger Straße 2
39343 Hundisburg
Tel. 03904-42835
Fax 03904-464530
verwaltung@ziegelei-hundisburg.de
www.ziegelei-hundisburg.de
Gutes gelingen wünscht
D.Fr.
Mir fällt nur die Ziegelei in Hundisburg, bei Haldensleben, ein. Dies ist ein produzierendes Denkmal, um anderen Denkmalen besser helfen zu können.
Dort gab oder gibt es neben der Backsteinherstellung aller Art, je nach Bedarf noch ein gemeinsames Projekt mit dem Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt genau zur Kalkverarbeitung und -herstellung.
In jedem Falle wäre dazu für Dich noch ganz viel Praxiserfahrung einzuholen.
Dein bisheriges Kalk-Statement ist echt gut, hab es vorgestern erst wieder darin studiert.
Hier mal die Daten der Hundisburg-Ziegelei:
Ziegelei Hundisburg,
Leiter: Herr Kaiser
Süplinger Straße 2
39343 Hundisburg
Tel. 03904-42835
Fax 03904-464530
verwaltung@ziegelei-hundisburg.de
www.ziegelei-hundisburg.de
Gutes gelingen wünscht
D.Fr.
Re:Kalk ? Chemiker gesucht
Hallo miteinander,
aus der Schweiz wurde uns folgende Stellungnahme zugesandt:
>>>>>>>>>>>>>>>>
Die angegebenen chemischen Formeln zum Abbinden des Kalkes sind tatsächlich vereinfachte Darstellungen der ablaufenden Vorgänge. Sie fassen die chemischen Vorgänge stöchiometrisch zusammen.
Zum Abbinden braucht es mit Sicherheit Wasser als Katalysator, d.h. Wasser als die Reaktion fördernde aber an den Produkten direkt nicht beteiligte Flüssigkeit. Allerdings muss dies nicht das Anmachwasser sein. Wobei der Mörtel bis zum Erreichen der gewünschten Festigkeit immer feucht (aber nicht nass!) gehalten werden sollte.
Die genauen Einflüsse und den Anteil von CO2 oder Kohlensäure an der Reaktion (oder wohl besser den Reaktionen) kenne ich auch nicht und weiss auch nicht wer dies erforscht haben und Ihnen weiterhelfen könnte.
Wenn der Kalk während des Abbindens austrocknet stoppt die Reaktion während der trockenen Zeitspanne. Sobald wieder Feuchtigkeit dazu kommt geht die Reaktion von Ca(OH)2 zu CaCO3 rein chemsich gesehen wie vorher weiter. Ob dadurch allerdings eine Festigkeit im Mörtel entsteht ist nicht sicher und hängt von den Umständen ab.
Ich hoffe Ihnen hiermit gedient zu haben
Mit freundlichen Grüssen
Dr. Christine Blaeuer Boehm
Expert-Center fuer Denkmalpflege
Leiterin des Labors Zürich
homepage: http://www.expert-center.ch
<<<<<<<<<<<<<<<<
Wir bedanken uns für die Mithilfe
salinodg
PS
Unter Mitarbeit des Expert Centers findet im Sommer die EUROLIME statt - Experten-Tagung zu Fragen "rund um den Kalk"
Nach meinen bisherigen Kenntnissen sind noch Plätze frei. Interessierte sollten hier mal mit dem Stichwort Eurolime etwas googeln.
aus der Schweiz wurde uns folgende Stellungnahme zugesandt:
>>>>>>>>>>>>>>>>
Die angegebenen chemischen Formeln zum Abbinden des Kalkes sind tatsächlich vereinfachte Darstellungen der ablaufenden Vorgänge. Sie fassen die chemischen Vorgänge stöchiometrisch zusammen.
Zum Abbinden braucht es mit Sicherheit Wasser als Katalysator, d.h. Wasser als die Reaktion fördernde aber an den Produkten direkt nicht beteiligte Flüssigkeit. Allerdings muss dies nicht das Anmachwasser sein. Wobei der Mörtel bis zum Erreichen der gewünschten Festigkeit immer feucht (aber nicht nass!) gehalten werden sollte.
Die genauen Einflüsse und den Anteil von CO2 oder Kohlensäure an der Reaktion (oder wohl besser den Reaktionen) kenne ich auch nicht und weiss auch nicht wer dies erforscht haben und Ihnen weiterhelfen könnte.
Wenn der Kalk während des Abbindens austrocknet stoppt die Reaktion während der trockenen Zeitspanne. Sobald wieder Feuchtigkeit dazu kommt geht die Reaktion von Ca(OH)2 zu CaCO3 rein chemsich gesehen wie vorher weiter. Ob dadurch allerdings eine Festigkeit im Mörtel entsteht ist nicht sicher und hängt von den Umständen ab.
Ich hoffe Ihnen hiermit gedient zu haben
Mit freundlichen Grüssen
Dr. Christine Blaeuer Boehm
Expert-Center fuer Denkmalpflege
Leiterin des Labors Zürich
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<<<<<<<<<<<<<<<<
Wir bedanken uns für die Mithilfe
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Nach meinen bisherigen Kenntnissen sind noch Plätze frei. Interessierte sollten hier mal mit dem Stichwort Eurolime etwas googeln.
- Stefan Haar
- Globaler Moderator
- Beiträge: 888
- Registriert: Sa 15. Feb 2003, 23:59
- Wohnort: Wolfenbüttel
- Kontaktdaten:
Re:Kalk ? Chemiker gesucht


Der Schlußsatz klingt mir irgendwie so wie "Ob es regnen wird oder die Sonne scheint, hängt vom Wetter ab"

Bauchemie ist nicht mein Lieblingsfach - aber vielleicht gibt's ja auch für mich in Bälde noch eine verständliche, nachvollziehbare Erklärung für die Phänomene rund um den Kalk.
AG-Bautechnik der IGB
Dipl.-Ing. Architekt
Beiträge im Forum können lediglich allgemeine Betrachtungen und daher reine Meinungsäußerungen sein. Bei konkreten Sanierungsproblemen ist eine Einzelberatung durch einen Sachkundigen vor Ort zwingend erforderlich.
Dipl.-Ing. Architekt
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