Nu muß ich mich (als Ehefrau, die seit knapp einem Jahr auf ihre Küche verzichtet) doch auch mal zu Wort melden, auch wenn meine Antwort nun nicht mehr zum ursprünglichen Thema des Postings paßt.
Da ich Restaurator bin, habe ich mir mal das Foto ganz unten - Danke dafür ! - mal neben dem Riß etwas genauer angesehen. Durch Entfernen der Tapete werden Teile der früheren Bemalungen und Anstriche sichtbar.
Ja, es gibt sieben Schichten davon. Die vier untersten uni, jeweils bis ca. 1,1 m Höhe dunkler und darüber bis zur Decke heller: mal zwei Grüntöne, mal ocker und hellbeige, mal lila und rosa. Nur die letzten drei Schichten waren mit diesen Schablonenmalereien versehen (vermutlich ging es dem Hof in dieser Zeit wirtschaftlich gut), aber auch immer in ungefähr dieser Höhe abgesetzt, den Hintergrundton gewechselt und eine andere (meist hellere) Schablone für den oberen Bereich verwendet. Leider schimmeln diese Farben: an der Außenwand wurde (vermutlich schon in den 50-er Jahren) eine schwarze gummiartige Folie, dann Styropor, dann eine Hartfaserplatte auf die Mauer genagelt. Und unsere werten Vorbesitzer haben die Malerarbeiten einfach mit PVC-Belag überklebt, was auch zu Schimmelbildung hinter dem luftdichten PVC geführt hat.
Leider verschwinden rasant solche Befunde überall, ohne daß sich jemand ernsthaft dafür gedanken macht, wie haben denn unsere Vorfahren ihre Innenräume gestaltet. Auch dieses Wissen geht immer weiter & schneller verloren.
Wir haben diese Arbeiten auch bestaunt und lange gegrübelt, was wir damit machen. Einmal davon abgesehen, daß wir durch diverse Informationen (u.a. Museumsdorf Cloppenburg) und diverse Bücher wissen, das es in früheren Zeiten "Wandermaler" gab, die von Haus zu Haus gezogen sind und die Häuser mit diesen Schablonenmalereien (seltener und hochwertiger (weil teurer) waren wohl Freihandmalereien als ein einzelnes großes Ornament auf einer Wand) innen ausstaffiert haben, haben wir auch das Ziel, möglichst viel originalgetreu zu erhalten. Man sieht auch z.B. einen deutlichen qualitativen Unterschied zwischen diesen Arbeiten und den Arbeiten im 1950 angebauten Sommerzimmer, wo die Malerei mit der Rolle aufgetragen wurde: sie endet mehrere cm über/neben Fugen/Ecken, läuft mal ineinander und mal sind deutliche Abstände zu sehen, ist mal stärker (wenn die Rolle gerade den Farbeimer von innen gesehen hatte) und mal schwächer (wenn allmählich keine Farbe mehr auf der Rolle war). All das gibt es in der Küche nicht: diese Arbeit ist handwerklich perfekt ausgeführt. Nichtsdestotrotz: wir können nicht viel mehr tun, als über Photos festhalten, wie es mal ausgesehen hat. Es ist zuviel beschädigt, die Schimmelbildung ist zu stark, es platzt rund um die reichlich vorhandenen Bohrlöcher für Küchenschränke zuviel ab und nicht zuletzt: von unserem eigenen Geschmack weichen die Arbeiten zu stark ab.
Bitte, Ralph Fischer, kein schlechtes Gewissen haben deshalb.!
Keine Chance: wir haben es schon...
Doch: Wer beauftragt und bezahlt solche Befundungen.??
Das ist eine gute Frage. Ich kenne niemanden, zumal nicht bei den Sparzwängen der öffentlichen Hand. An einem Hof wie dem unseren, der gottseidank recht wenig "verbastelt" ist, kann man als privater Eigentümer nur versuchen bestmöglichst zu dokumentieren, sich selbst möglichst viele Informationen aus vielen Quellen zu beschaffen (was sich hier lokal schon als schwierig erweist, weil sich kaum jemand für diese riesigen Backsteinbauten und deren Erhaltung wirklich interessiert, zumal hier alle 250 m ein ähnlicher Hof steht) und hoffen, daß man möglichst wenig Fehler bei der Erhaltung der Bauweise vor allem im Innenbereich macht. Das betrifft nicht nur die Malereien an den Wänden, sondern auch den Aufbau der Decken (Holz mit Reet und Kalksandputz und Kalkfarbe), die Gründerzeit-Türen und -Türgriffe, die Bodenfliesen im Flur, die Bodenkonstruktionen unter Dielenböden und Fliesen, die ursprünglichen Fenster oder die ursprüngliche Raumaufteilung/Raumnutzung.
Es ist schlicht unbezahlbar für einen Privateigentümer, all dies zu rekonstruieren. Aber: wir sind uns der Problematik bewußt und möchten eben nicht alles einfach mit Beton, Rigips, Glaswolle und Acrylfarben zukleistern, sondern (soweit in unserem Rahmen finanziell machbar) erhalten, weiterverwenden oder zumindest dokumentieren. Vielleicht tröstet das den Restaurator ja ein klein wenig...
Viele Grüße aus der Wesermarsch
Monika Halfmann