Stopfhanf oder Spritzkork

Fachgerechte Arbeiten, Materialien und Verfahren
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Stopfhanf oder Spritzkork

Beitrag von progetto+ »

Hallo,
möchte die alten Fenster gern erhalten, auch aufarbeiten, zuerst aber abgedichtet wissen, damit die Laibungen trocknen können. Die Einfachverglasung soll erstmal bleiben, geheizt wird im Obergeschoss in absehbarer Zeit nicht, da der Platz in den unteren Räumen mit etwas Zusammenrücken in Ofennähe ausreicht. 
Lese in den "Fensterartikeln" immer wieder von Stopfhanf als bestes Material für die Innenfugen, oft auch von Lehm und auch einiges über Spritzkork (beschrieben mal als Material nur für innen, mal auch für außen-) gefunden.
Habt ihr Erfahrungen, in welchen Fällen welches Material geeigneter ist?
Die schlagregensichere Abdichtung außen macht mir Kopfzerbrechen. Die Fenster schließen nicht hundertprozentig (dicke alte Farbschichten), so gut wie alle Fugen außen am Haus sind mit Silikon oder Zementmörtel verfugt (Wie heißt es so schön: "7o Jahre Sanierungsopfer"), so dass  in Holz und Stein eindringene Feuchtigkeit wahrscheinlich nie wieder den Weg nach draußen findet. Ich würde gern auf weitere Silikon- und Zementgaben verzichten- oder bedeutet das, dass alle vorhandenen Fugen zuerst mit geeigneteren Materialien erneuert werden müssen,um einem Materialmix zu vermeiden? Die Regenbleche oberhalb der Fenster sind angenagelt, vermute ich beim Betrachten der Fotos. Bei einem Fenster gibt es auch eine feuchte Stelle innen oberhalb der Laibung. Ungefähr an dieser Stelle fehlt außen etwas höher ein Stückchen Zementfuge. Kann schon ein herausgebrochenes Stückchen Zementfuge die Ursache der Wasserflecken innen sein oder ist das nicht so bedenklich?
Ein richtiges Konzept zur Sanierung gibt es noch nicht. Möchte mir als erstes einen eigenen Eindruck von der Menge der "Schwachstellen" machen. Die vielen interessanten Beiträge in eurem Forum führen dazu, dass ich im Haus regelrecht auf Fotosafari gehe, aufmerksam Veränderungen beobachte und ständig Neues entdecke. Es lebt, das alte Haus! Kein Wunder bei all dem Wasser- Viele Grüße an euch und bitte: Gebt mir für meine laienhaften Fragen nicht wieder gleich eins auf den Deckel
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progetto+
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Re: Stopfhanf oder Spritzkork

Beitrag von progetto+ »

ein zweiter Versuch mit den Bildern, ist gerade etwas schiefgegangen
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Stefan Haar
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Re: Stopfhanf oder Spritzkork

Beitrag von Stefan Haar »

Auf den ersten Blick habe ich ja gedacht, man könnte auf die ganzen Verblechungen rund um die Fenster verzichten, wenn man sie einfach nach innen schiebt und außen bündig mit dem Fachwerk neu fixiert - aber hier scheint es sich um Fenster aus Zweitverwendung zu handeln, deren Rahmenaußenmaß größer ist, als das Öffnungsmaß des Fachwerks. Richtig?

Die obere angenagelte Verblechung dürfte die Hauptursache für das Problem mit der Feuchtigkeit im Inneren sein. Alles was an Schlagregen oberhalb an der Fassade runterläuft trifft zwangsläufig auf die Horizontalfuge über dem Sturzriegel oder wenige Zentimeter tiefer auf die Fuge zwischen Blech und Sturzriegel. Von dort aus führt der Weg nahezu zwangsläufig ins Gebäudeinnere  :(

Ich würde mir hier Gedanken über neue Fenster mit passender Sprossenteilung nachdenken. Mit dem passenden Tischler lassen sich auch die Ruderstangengetriebe wiederverwenden.

Stopfjute oder -hanf alleine werden aus der Fuge von Vögeln gerne zur Nestauspolsterung herausgezupft. Zum winddichten Ausstopfen der Fenster sind sie m.E. trotzdem unverzichtbar. Der äußere Abschluss der Fuge erfolgt heute standardmäßig mit grauem Kompriband, dass schlagregendicht, aber nicht dampfdicht sein soll. Meine eigenen Versuche die Fuge mit Spritzkork abzudecken waren etwas mühsam, halten aber auch nach nunmehr 13 Jahren noch zufriedenstellend.

Als Alternative bei relativ parallelem Kantenverlauf bekommt man heute auch schon wieder imprägnierte Dichtungsstricke als Meterware von der Rolle.

Die Zementmörtel- und Silikonfugen sinnvollerweise alsbald sukzessive gegen eine zementfreie Kalkmörtelmischung ersetzen (zumindest 2 cm tief)

Herzliche Grüße

Stefan
AG-Bautechnik der IGB
Dipl.-Ing. Architekt

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Re: Stopfhanf oder Spritzkork

Beitrag von progetto+ »

Danke Stefan für deine Antwort. Bringt mich gedanklich weiter voran. Du hast recht, die Fenster sind nachträglich (erst 1973) eingesetzt worden. Es waren schon gebrauchte Fenster, ein Geschenk des Nachbarn. Auf den ältesten der mir vorliegenden Fotos sieht man, dass es ursprünglich nur ein größeres Sprossenfenster links und ein kleineres Fenster (ohne Sprossen und sowohl in Höhe als auch in Breite kleiner als das Gefach) ganz rechts gab. Hier oder eine Etage höher war früher die Räucherkammer. Auch ganz oben unter dem Giebel existierte ein anderes, winziges und sprossenloses Fenster.
Bereits viel früher müssen Veränderungen stattgefunden haben, es gibt den Jahreszahlbalken von 1830 an der Südseite und einen über der Grootdoor (Nordseite) von 1895. Bis heute weiß ich nur, dass das Haus entweder ursprünglich kleiner und dann auf die heutigen Dimensionen erweitert wurde oder das an der Stelle des Hauses ein Schafstall existierte. Wurden Schafställe auch mit Jahreszahlen versehen?
Mein "Silikonschätzchen" steht übrigens im Wendland. Ich möchte dem Forum noch ein Kompliment machen: Eure Beiträge stacheln das Interesse für all die wunderbaren alten Bauwerke an, schützen vor übereilten Taten wie "au ja neue Kunststofffenster, praktisch, pflegeleicht und langlebig". Wie schön und harmonisch sehen die einstigen Fenster aus, wie potthässlich sind die überdimensionierten Fremdkörper. Dann all die Informationen über Materialien und Bezugsquellen....muss nachdenken und weiterlesen....Für heute nochmals danke und viele Grüßen an euch
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Ulrike Nolte
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Re: Stopfhanf oder Spritzkork

Beitrag von Ulrike Nolte »

Hallo progetto+
Stefan Haar hat geschrieben: Als Alternative bei relativ parallelem Kantenverlauf bekommt man heute auch schon wieder imprägnierte Dichtungsstricke als Meterware von der Rolle.
Genau das funktioniert bei uns bestens. Selbst bei Sturm und heftigem Schlagregen bleiben die Fugen von außen dicht. Ich kann das noch kontrollieren, weil innen noch keine Laibungen drin sind. Von innen wurde hier mit Hanf gestopft, erhältlich als s.g. Kalfaterband. Das ist superleicht zu händeln, ich stopfe gerade innen die Anschlussfugen zum Vorsatzfenster.

Den Dichtungsstrick bekommst Du hier: http://www.helmrich-seilerwaren.de/html ... toffe.html
Bei Bedarf kann der Strick geteilt werden. Beim Einlegen muss man darauf achten, dass er durch die äußere Bekleidung etwas angedrückt wird. Nur lose einhängen bringt logischerweise nichts.

Grüße
Ulrike
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Mehr über meine wahr gewordenen Märchen ist hier nachzulesen
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Re: Stopfhanf oder Spritzkork

Beitrag von Ludwig »

>Stopfjute oder -hanf alleine werden aus der Fuge von Vögeln gerne zur Nestauspolsterung herausgezupft. Zum winddichten Ausstopfen der Fenster >sind sie m.E. trotzdem unverzichtbar. Der äußere Abschluss der Fuge erfolgt heute standardmäßig mit grauem Kompriband, dass schlagregendicht, >aber nicht dampfdicht sein soll. Meine eigenen Versuche die Fuge mit Spritzkork abzudecken waren etwas mühsam, halten aber auch nach nunmehr >13 Jahren noch zufriedenstellend.

hallo Stefan,

geht es um die Abdichtug der Fuge zwischen Fenster und Laibung von außen? Dann bitte kurze Erläuterung, denn das hab ich noch nicht ganz kapiert: Hanf, Dichtungsstrick, Kompriband, Spritzkork. Also Hanf reindrücken oder diesen Strick, dann dieses Band drüber oder alternativ Spritzkork? (ich weiß, aber es gibt keine dummen Fragen;-)

Denn das Problem haben wir auch an einigen Fenstern.

Danke!

Ludwig
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Re: Stopfhanf oder Spritzkork

Beitrag von Ulrike Nolte »

Ludwig hat geschrieben:
geht es um die Abdichtug der Fuge zwischen Fenster und Laibung von außen? Dann bitte kurze Erläuterung, denn das hab ich noch nicht ganz kapiert: Hanf, Dichtungsstrick, Kompriband, Spritzkork. Also Hanf reindrücken oder diesen Strick, dann dieses Band drüber oder alternativ Spritzkork? (ich weiß, aber es gibt keine dummen Fragen;-)

Denn das Problem haben wir auch an einigen Fenstern.
Ganz einfach: Das Hanf-Kalfaterband in die Anschlussfugen zwischen Fenster und Fachwerk (oder Mauerwerk) stopfen. Von außen das bitumengetränkte Dichtband hinter die Bekleidungen legen und zusammen mit diesen am Fachwerk befestigen. Ich kann morgen Bilder einstellen - muss sie erst suchen.
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Re: Stopfhanf oder Spritzkork

Beitrag von progetto+ »

Zur Antwort von Stefan ("Der äußere Abschluss der Fuge erfolgt heute standardmäßig mit grauem Kompriband, dass schlagregendicht, aber nicht dampfdicht sein soll. Versuche mit Spritzkork..."

Momentan neige ich dazu, zuerst die Verblechung erneuern zu lassen (ein kleineres Sprossenfenster mit passenden Maßen ist einTraum, aber die auf dem Foto zu sehenen Fenster sind schon die ältesten im Haus. Es gibt andere, die aufgrund gebrochener Rahmen, überdimensionierter Größe von 2 x 2 Gefachen und Scheußlichkeit zuerst ersetzt werden müssten). Kann dieses Kompriband oder Spritzkork eigentlich auch hinter dem Blech als Abdichtung benutzt werden? Ich vermute, dass auch die Befestigung eines neuen Bleches noch irgendeine Art der Abdichtung zum Balken hin braucht. Wäre es sinnvoller ein vergleichbares "Fensterregenhäubchen" aus Holz zu fertigen, das dann mit einer Nut in den Balken eingepasst wird?
Danke übrigens für den Begriff "Ruderstangengetriebe". Hatte am Abend vor deiner Antwort schon viel Zeit damit verbracht die Namen dieser niedlichen Dinger herauszufinden, allerdings ohne Erfolg.
Die Fugen werde ich mir nach und nach vornehmen, ....interessehalber will ich mal ausrechnen, wieviel Kilometer Fugen es sind:),

Danke auch dir, Ulrike, für deine Antwort. Schritt für Schritt wird alles klarer. Und sehr hilfreich sind auch die Bezugsadressen, die du aufschreibst, da konnte ich gleich mal etwas stöbern.
Viele Grüße an euch und einen guten Wochenanfang an alle
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