Umnutzung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden im Außenbereich.

Kommunen, Bauamt, Denkmalschutz, Finanzamt
Wolfgang Riesner
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Umnutzung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden im Außenbereich.

Beitrag von Wolfgang Riesner »

Als Architekt im nordrheinwestfälisch-niedersächsischen Grenzgebiet habe ich immer wieder mit der Um- und Neunutzung bestehender Gebäude im Außenbereich zu tun. Dabei bin ich oft erstaunt, wie unterschiedlich die Vorgaben im Baugesetzbuch zu Außenbereichsvorhaben im Bestand von den einzelnen Baugenehmigungsbehörden ausgelegt und beurteilt werden.

Mein Kreis, Minden-Lübbecke, versucht stets für vernünftige Umnutzungen planungsrechtlich gangbare Lösungen zu finden. Neben dem Erhalt von kulturlandschaftsprägenden Gebäuden durch neue Nutzungen hilft hier oft auch die Möglichkeit bis zu 3 zusätzliche, nicht privilegierte Wohnungen in landwirtschaftlichen oder ehemals landwirtschaftlichen Gebäuden unterzubringen. Dies gilt um so mehr, seit die 7-Jahres-Frist für die Aufgabe der Landwirtschaft ausgestzt wurde.

In heftiges Erstaunen versetzte mich jedoch kürzlich die Auslegung dieser Bestimmung bei der Diskussion mit einem benachbarten Planungsamt. Bei einem ehemals landwirtschaftlich genutzten Gehöft, dessen Landwirtschaftliche Nutzung insgesamt vor mehr als 7 Jahren aufgegeben worden war, sollten neben der priviligierten Wohnung im Haupthaus 1 bis 2 zusätzliche Wohnungen im Stalltrakt eingerichtet werden. Die Ablehnung dieses Vorhabens erfolgte mit der Begründung, die Aufhebung der 7-Jahres-Frist beziehe sich nicht auf die Aufgabe der Landwirtschaft auf dem Hof allgemein, sondern nur auf die Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung des jeweiligen umzunutzenden Gebäudes auf einem ansonsten aber noch landwirtschaftlich genutzten Gehöft. Das heißt, die Landwirtschaft müßte nach wie vor betrieben werden, lediglich das betreffende Stallgebäude dürfte seine Stallnutzung bereits vor mehr als 7 Jahren eingebüßt haben. Wenn nicht dieser ganz spezielle Sonderfall vorliege, greife die genannte Vorschrift nicht.

Daß ich die gewünschte Umnutzung schließlich wegen der kulturlandschaftsprägenden Qualität der Hofanlage erreichen konnte, soll zunächst mal egal sein. Mich interessiert, welche Erfahrungen oder Einschätzungen ihr für den Umgang mit der Aussetzung der 7-Jahres-Regelung für ehemals landwirtschaftlich genutzte Bausubstanz weitergeben könnt.

In der Hoffnung auf vielfältige Erfahrungsberichte, Einschätzungen, Verweise auf einschlägige Urteile, Kommentare etc. verbleibe ich mit den besten Grüßen aus Neuenknick.
Wolfgang Riesner   
Landmann
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Re: Umnutzung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden im Außenbereich.

Beitrag von Landmann »

Zwar habe ich mit diesem Thema keine Erfahrung, wundere mich aber, dass diese Sieben-Jahres-Regel ausgesetzt sein soll. In den aktuellen Gesetzestexten steht davon nichts, soweit ich mich erinnere: §35 (4)1.c
siehe http://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/__35.html
Ich nehme an, diese Seite ist aktuell, die stammt vom Bundesministerium der Justiz.
Wolfgang Riesner
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Re: Umnutzung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden im Außenbereich.

Beitrag von Wolfgang Riesner »

Hallo Landmann,
die 7-Jahres-Frist, innerhalb der eine inzwischen aufgegebene Landwirtschaft noch bestanden haben muß, um in den Genuß der Genehmigung von bis zu 3 zusätzlichen, nicht privilegierten Wohnungen im Gebäudebestand im Außenbereich kommen zu können, ist meines Wissens nach der Wiedervereinigung mit den östlichen Bundesländern im Rahmen des Investitionserleichterungsgesetzes zeitlich befristet ausgesetzt worden. Danach konnte diese Regelung von den Bundesländern wiederum zeitlich befristet fortgeführt werden. So gilt sie im Moment noch in NRW und auch in Niedersachsen und vermutlich auch noch in etlichen anderen Bundesländern.
Die Resonanz auf meine Anfrage hatte ich mir ja doch etwas umfänglicher vorgestellt! Ich mag gar nicht glauben, daß die vielen planenden und bauenden KollegInnen sich bisher noch nicht mit derartigen Problemen plagen mußten. Wenn ihr also irgendwelche Erfahrungen oder Einschätzungen zu diesm Thema beitragen könnt, bitte ich um eure Hilfe.
Gruß aus Neuenknick
Wolfgang Riesner
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Re: Umnutzung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden im Außenbereich.

Beitrag von Wolfgang Riesner »

Hallo zusammen,
über die Resonanz auf meine Anfrage, oder besser auf die ausgebliebene Resonanz, bin ich doch recht verwundert. Ich kann mir gar nicht vorstellen, daß die werte KollegInnenschar keine einschlägigen Erfahrungen mit Umnutzungen im Außenbereich hat oder warum ihr euch so ziert. Seisdrum! Inzwischen habe ich einen Bauantrag für die Umnutzung eines Teiles des Stall-Scheunentraktes zu Wohnzwecken und einem Bürobereich eingereicht. Hinzu kommen Änderungen und Erweiterungen in der vorhandenen Wohnung bzw. im vorhandenen Haupthaus. Die Bauvoranfrage brachte ja als Ergebnis die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit, nachdem meiner Einschätzung, daß es sich um ein "die Kulturlandschaft positiv prägendes Gebäude" handelt, gefolgt werden konnte.

Nach dem ich die Pläne, aus denen auch unsere Vorstellungen zum Rückbau der Fassade des Haupthauses deutlich wurden, eingereicht hatte, wurde zwischenzeitlich sogar noch die mögliche Denkmalwürdigkeit überprüft. Die ist allerdings nach Auskunft des Landesdenkmalamtes nicht gegeben. Dennoch werden seitens des Bauamtes jetzt besondere gestalterische Anforderungen gestellt. Im Wesentlichen sollen dabei Achsen von Fenster- und Türöffnungen in Erd- und Dachgeschoß exakter übereinander liegen. Grundsätzlich ist dagegen ja auch nichts einzuwenden, im vorliegenden Fall müßte ich allerdings entweder Dachsparren extra dafür zersägen und Wechselungen einbauen oder auch ursprüngliche Öffnungen in den Wänden versetzen und so ein idealisierendes Bild erzeugen. Nach meinen langjährigen Beobachtungen ist aber gerade diese leicht am Idealbild vorbeilaufende Gestaltung ein besonderes Charakteristikum vieler ländlicher Gebäude (zumindest in unserer Gegend), also z.B. "gebrochene Symmetrien" oder fehlende Axialität etc..

Meine Frage ans Forum lautet deshalb: habt ihr ähnliche Erfahrungen mit "Idealiesierenden Gestaltungsvorstellungen" im Zusammenhang mit kulturlandschaftsprägenden Bauten gemacht? Nur zur Vorbeugung: ich meine natürlich nicht entstellende Einbauten unproportionierter Öffnungen und dergleichen mehr, die die Eigenschaft als kulturlandschaftsprägend gefährden würden.

In der Hoffnung auf mehr Rsonanz und mit besten Grüßen aus Neuenknick
Wolfgang Riesner
Ludwig
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Re: Umnutzung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden im Außenbereich.

Beitrag von Ludwig »

Ich finde das Thema sehr interessant, kann aber leider fachlich (noch) nichts beisteuern. Ich weiß nur, dass es bei unserem mittlerweile denkmalgeschützten Objekt (damals noch nicht) vor fast 40 Jahren, als hier die Landwirtschaft aufgegeben wurde, Riesenärger gab inkl. Gerichtsprozesse. Eine Umnutzung war zunächst undenkbar. Wäre man damals der Behördenmeinung gefolgt, würde es das Anwesen heute definitiv nicht mehr geben. Ich weiß von einem anderen Hof in der Nähe, dem dasselbe Schicksal droht (Erben wollen nicht, nur noch von uralter Frau bewohnt).

Das Problem wird mittelfristig auf uns zukommen, denn wir werden hier weitere Wohnungen ausbauen müssen, um das Ganze wirtschaftlich zu machen. Beim Denkmalamt war ich schon, die haben "grundsätzlich" erst mal nichts dagegen, solange Denkmalauflagen etcusw...

Die sagten aber auch sofort, gehen Sie zum Bauamt, bei Ihnen ist Außenbereich, das ist viel kritischer als der ganze Denkmalkram. Beim Bauamt war ich noch nicht, hab ich auf der Liste. Bin mal gespannt.

Ludwig

PS: Diese 7-Jahresregel ist mir neu und ich versteh sie auch ehrlich gesagt nicht. Ich weiß nur, dass hier auf dem Land, abgesehen scheinbar vom Denkmalamt, dass pragmatisch zu sein scheint, die Behörden hier der schlichte Horror sind. Wir haben vorher lange in der Großstadt gewohnt, nie Probleme, auch mit Eigentum, und jetzt auf dem Land...in gut einem Jahr nur Ärger, ich könnte ein Buch schreiben....Nur kurz: Wollte Trecker anmelden, die meldeten ein Motorrad an....11jährige Tochter bekommt Mahnung von der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft....Stadtwerke wollen 6000 EUR für 50 m Trinkwasserleitung durch Wiesenboden....Grundsteuer wegen Denkmal zunächst erlassen, trotzdem kommen laufend Mahnungen....Müllabrechnung kryptisch wie eine Statistik-Doktorarbeit...Finanzamt hinterfragt jeden Sch........Transportunternehmen rechnet Fahrwege für unsere Kinder zur Schule doppelt und dreifach ab....Wegen 25 EUR verpennter Hundesteuer schicken die den Gerichtsvollzieher....ich zahl Abwassergebühr, obwohl wir unser Abwasser in Pflanzenkläranlage komplett selber entsorgen...undundund. Es ist fast schon kafkaesk. Totale Provinz.
Dietrich Maschmeyer
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Re: Umnutzung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden im Außenbereich.

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Zu der idealisierenden Gestaltung habe ich ein ganz schlimmes Beispiel. Da hat die Denkmalpflege (!) bei Umbau einer Stallung zu wohnzwecken gefodert, im sinne von "Ehrlichkeit" die Fenster in der verschieferten Fassade in der Grösse auszuführen, die sich im angrenzenden Wohnteil fand. Resultat: Das gesamte Fachwerk hinter dieser Fassade wurde komplett zerschnitten. Leider kan ich zu spät, um diesem Unsinn noch Einhalt gebieten zu können. Meine Kritik (im HN natürlich) an den wohl wenig substanzorientierten Gestaltungsvorstellungen der Denkmalpflege hat mir dann auch noch einen üblen Zwist mit dem Denkmalpfleger eingetragen. Zu dem stehe ich aber, denn das Haus ist irreversibel versaut und dürfte nach diesem Substanzverlust eigentlich gar kein Denkmal mehr sein.

Hier muss die IGB als Korrektiv wirken. Auch die genannten Anforderungen im Falle von Wolfgang scheinen mir völlig willkürlich. Völlige Symmetrie ist Bauernhäusern - da kann ich nur zustimmen - ohnehin fremd.
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