Neuberechnung des Einheitswertes nach Erbschaft

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progetto+
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Neuberechnung des Einheitswertes nach Erbschaft

Beitrag von progetto+ »

Hallo an alle! Jetzt ist der "beliebte" Fragebogen des Finanzamtes gekommen. Das geerbte, ca 100 Jahre alte Vierständerhaus, seit den 70 Jahren mit Styropor, Bauschaum, Xylamon, Elektroradiatoren und anderen Hässlichkeiten bearbeitet, bietet heute eine riesige Innenfläche, die zur Verzweiflung treiben kann. Marode Wasserleitungen, das immer wieder undichte und unisolierte Dach (ein erster Kostenvoranschlag liegt bei 45.000 Euro), alte Fenster mit Nässe und Zwangsbelüftung durch alle Fugen, morsche Balken und Fußböden....einiges habe ich ja schon mal beschrieben, wills auch nicht wiederholen. Der gesamte Umfang aller Schäden ist noch längst nicht abzusehen.
Ich liebe dieses alte Haus mit all seinen Erinnerungen, möchte es erhalten und stecke jetzt jeden Pfennig, den ich erübrigen kann, in Reparaturen hinein. Es wird nicht ständig bewohnt, da ich 200 Kilometer entfernt arbeite und nur freie Tage dort verbringen kann.
Nun muss ich die Wohnfläche berechnen. Gut- Abstellräume und alle in den Erläuterungen beschriebenen Sonderräume zählen nicht. Aber welche der wie Zimmer wirkenden Räume kann ich dazu zählen???Die -zur Zeit- trockenen ohne Heizung? Den Raum mit dem Kachelofen? Die als Sommerschlafzimmer ausgelegten Schafstuben? Ich fragte nun beim Finanzamt nach. Antwort: "Alle Räume, die bewohnbar sind. Nur Elektroradiatoren drin, die hohe Heizkosten verursachen; das macht nichts, entscheidend ist, ob der Raum bewohnbar ist - unabhängig davon ob irgendein fiktiver Bewohner die Heizkosten bezahlen könnte".
Jetzt kommt etwas Ironie: Mit dieser Antwort wäre also auch ein roher Blechbauwagen mit Heizlüfter, Chemieklo und Solardusche in der Ecke eine anrechenbare Wohnfläche???
Meine Frage an das Forum: Gibt es einen gewissen Standart, den Wohnflächen heute bieten müssen, gibt es für das Finanzamt eine Unterscheidung von, nehmen wir mal an, 300 Quadratmetern Wohnfläche in sanierten oder sanierungsbedürftigen Häusern? Wird diese Unterscheidung anhand der Fragebogen-Frage 122 ("Liegen Umstände vor, die den Wert des Grundstückes beeinflussen?") getroffen? Ist es sinnvoll, Kostenvoranschläge für Sanierungsmaßnahmen beizufügen? Für jeden weiterhelfenden Tipp wäre ich sehr dankbar!
(Denkmalschutz scheidet beim beschriebenen Objekt wahrscheinlich aus, so alt ist es ja auch nicht und dann ist viel vom Urzustand verändert worden.)
Viele liebe Grüße an alle und ein großes Danke für die vielen Informationen, die ich hier im Forum ständig neu lesen kann.
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Bauherr
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Re: Neuberechnung des Einheitswertes nach Erbschaft

Beitrag von Bauherr »

Moin zusammen
Bei uns un Rothenburg Wümme gibt es verschiedene Steuersätze, nach alte der Häuser. Bei Neubauten hoch und dann meine ich noch zwei verschiedene Altersklassen, mit gesenkten Steuerklassen. Bei meinem umgesetzten Heuerlingshaus, wird im Bauantrag als Neubau gesehen, ein umsetzten kennt die Behörde nicht, habe ich auf Grund der alten Supstanz von 1874, beim Finanzamt den günstigsten Steuersatz bekommen.
Vielleicht gibt es das bei euch ja auch.
Bei unserem Haupthaus, Niederdeutsches Hallenhaus, kam vor drei Jahren auch dieser Fragebogen. Ich habe mich dann mit dem Sachbearbeiter getroffen um zu erörtern was er will.
Ich habe ihm dann erzählt das wir im umbau sind. Er wollte von mir Zeichnungen haben auf denen schlüßig die Wohnfläche zu erkennen ist. Konnten auch von mir sein, muß kein Architekt machen. Dann haben wir für die Umbauzeit die verschiedenen Stadien festgehalten. So kamen wir dann innerhalb von drei Jahren, schrittweise, auf die entgültige Wohnfläche.
Mann kann ja erstmal zurückbauen und die Flächen verkleinern auch wenn die Räume noch bestehen. Kommt der Ölradiator halt raus, mach ich schon mal die Wände auf für die Elektrik usw.. Anders gesagt, kann die Umbauzeit natürlich auch wesentlich länger dauern und in dieser Zeit sind die Räume halt keine Wohnräume. Ob und wann der Ausbau dann fertig ist muß man halt abwarten ;-).
Vieleicht gehts so.

Gruß Jürgen
Dietrich Maschmeyer
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Re: Neuberechnung des Einheitswertes nach Erbschaft

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Erste Frage: Normalerweise wird im Erbfall und sonstigem einfachem Eigentumswechsel der EW nur auf den neuen Eigentümer fortgeschrieben, d.h. nicht neu berechnet. Irgendein Tatbestand (z.B. ein Bauantrag?), von dem das FA durch andere Behörden informiert wird, müsste also die Nachfrage ausgelöst haben. Es kann auch sein, dass in irgendeiner Steuererklärung erhebliche Kosten für Renovierung geltend gemacht wurden. Da muss das FA dann natürlich mal nachfragen, ob sich der EW geändert haben könnte.

Ja, selbstverständlich geht das FA bei Wohnräumen von einem gewissen Standard aus. Wenn man nur die Flächen angibt und das nicht kommentiert (wozu man ja ausdrücklich aufgefordert wird!), muss man sich nicht wundern, was dabei herauskommt. Ich empfehle auch, dem FA entweder eine ausführliche Doku vorzulegen oder mal mit einem Stapel Unterlagen beim Bearbeiter aufzulaufen. So wird sich am ehesten eine gerecht Bewertung finden lassen. Bei vermieteten Objekten ist es einfacher: Dort wird die Jahresrohmiete als Bewertungsgrundlage genommen.

Keine Angst: Man kann auch nach Eingang des neuen Bescheides noch einsprechen, wenn irgendetwas völlig aus dem Ruder gelaufen ist.
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Re: Neuberechnung des Einheitswertes nach Erbschaft

Beitrag von progetto+ »

Ja, es gab Bauanträge vor 10 oder 20 Jahren, auf alle Fälle für zwei neue Schornsteine, von denen einer aber noch nie benutzt wurde und an den anderen ein Ölofen angeschlossen wurde. Dieser Ofen ist aber vor mindestens 10 Jahren wieder entfernt worden. Dann gab es diverse Renovierungsrechnungen, die zusammen mit den Steuererklärungen in den 70ger, 80ger Jahren eingereicht wurden. Darunter befinden sich die Styropor- und alukaschierten Monstertapeten, die ich heute mühsam von den Lehmwänden innen und den Innenseiten der Außenwände abreiße, weil darunter alles feucht ist und die Silberfischchen hin-und her rennen.
Allerdings habe ich noch nicht alle alten Dokumente sichten können und so nur einen ungefähren Überblick über die damals eingereichten Rechnungen.
Also Kostenvoranschläge dazu, Fotos und Beschreibung der sichtbaren Schäden, Gespräch mit dem Sachbearbeiter....das gibt wenigstens etwas Mut und Hoffnung, etwas für eine reelle Einschätzung tun zu können. (wär schon schön, wenn auch Geld fürs Haus übrig bliebe und nicht alles ans Finanzamt ginge)
progetto+
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Re: Neuberechnung des Einheitswertes nach Erbschaft

Beitrag von progetto+ »

Hallo, nun ist der Bescheid über den neu festgesetzten Einheitswert gekommen.
Zusätzlich zu den ausgefüllten amtlichen Fragebögen hatte ich eine Auflistung aller bisher erkennbaren Schäden eingereicht.

Der alte Einheitswert ist geblieben!

Bin jetzt sehr froh, dass entgegen meiner Befürchtungen so ein altes Schätzchen real eingeschätzt wird. Ausgehend vom zu zahlenden Grundsteuerbetrag hier in Berlin für ein wesentlich kleineres, 10 Jahre altes Haus spukten finanzielle Horrorvisionen in meinem Kopf herum.
Um so besser jetzt und ran an weitere Reparaturen.

Ich wünsche allen ein gutes 2009 mit vielen positiven Überraschungen...
Jens Paulsen
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Registriert: Di 24. Feb 2009, 17:41
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Re: Neuberechnung des Einheitswertes nach Erbschaft

Beitrag von Jens Paulsen »

Bei uns ist das so, dass ein Haus, das sich im Umbau befindet oder des Zustandes wegen nicht bewohnbar ist, auch keinen Ertragswert hat. Da man Unterhaltsaufwand absetzen kann, ist der Besitz eines solchen Hauses steuerlich einkommensvermindernd. Der vermögensrelevante Wert wurde äusserst bescheiden angesetzt (deutlich weniger als der aktuelle Betrag, den man bei Verkauf hätte erzielen können). Eine Neueinschätzung findet erst statt, wenn der Umbau fertig oder eine Nutzung wieder möglich ist. Ob das Förderung der Wiederinstandstellung ist oder bloss Unverständnis der lokalen Behörden (Originalton: Haus XY? Ah, IHR seid das? Das ist ein Fass ohne Boden! Da gehört der rote Hahn drauf! Reparieren kostet mehr als weg und neu und du wohnst immer noch in diesem alten Zeug!), kann ich nicht entscheiden. In grossen Städten oder anonymen Gemeinden, wo nicht mehr jeder jeden kennt, dürfte das anders sein.
Ich denke, wenn die behördliche Einschätzung allzu grosszügig oder wirklichkeitsfremd ist, kann man eine sachlich begründete Revision der Taxierung verlangen.
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