Zu Grundsteuererlass, welche Kosten ansetzen

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Rosewich
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Zu Grundsteuererlass, welche Kosten ansetzen

Beitrag von Rosewich »

Da das Thema hier doch ab und zu auftaucht, und ich da ein großes Problem sehe, möchte ich mal einen etwas komplexeren Zusammenhang darstellen und Eure Meinungen dazu hören:

Angenommen ich habe ein Denkmal, und möchte den Erlass der Grundsteuer erreichen.
Dann steht da im § 32 GStG, der Rohertrag muss geringer sein als die jährlichen Kosten:

Ich rechne:
Rohertrag 10.000,- € Miete, keine Eigennutzung
Kosten 12.000,- €

Das melde ich der Gemeinde.
Die Antwortet: Mag sein, aber der Verlust muss durch die Denkmaleigenschaft verursacht sein.
Das hat das BVerwG 1998 in einem denkbar ungünstigen Urteil dargelegt. Ich persönlich bin der Meinung, dass steht nirgends in einem Gesetz, aber das BVerwG hat mich leider nicht gefragt. Die Begründung dazu ist, wenn das gleiche Gebäude ohne Denkmaleintragung genauso Verluste erwirtschaften würde, wäre es ungerecht, den Denkmalbesitzer dem nicht-denkmal-besitzer vorzuziehen. Dies ist der sogenannte Kausalzusammenhang.

Was ist zu tun?
Ich überlege, was wäre, wenn das Haus kein Denkmal wäre. Da ich allwissend bin sehe ich sofort, ohne die Denkmaleigenschaft hätte ich Kosten von 8.000,- € gehabt, der Rest, die 4.000,- € sind denkmalspezifische Kosten.

Ich rechne also, was wäre wenn keine denkmalspezifischen Auflagen zu erfüllen gewesen wären:

Rohertrag 10.000,- €
Kosten (ohne Denkmal) 8.000,- €

Damit habe ich, nach meiner Logik gezeigt, dass der Verlust ursächlich auf die Denkmaleigenschaft zurückzuführen ist.

Dann lese ich aber mit großem Erstaunen Urteile von Verwaltungsgerichten, die sich auf das BVerwG berufen, die folgende Rechnung aufmachen:

Rohertrag 10.000,- €
denkmalspezifische Kosten 4.000,- €

Damit liegt der Rohertrag über den Kosten, und ein Grundsteuererlass sei nicht zu gewähren.

Ich weiß ja, dass Gerichte immer etwas anders denken, als andere Menschen.
Ich verstehe diese Rechnung aber rein logisch überhaupt nicht.

Macht es denn irgendeinen Sinn, den Erträgen nur die denkmalspezifischen Kosten gegenüber zu stellen?

Rosewich
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forenadmin
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Re: Zu Grundsteuererlass, welche Kosten ansetzen

Beitrag von forenadmin »

Rosewich hat geschrieben:... macht es denn irgendeinen Sinn, den Erträgen nur die denkmalspezifischen Kosten gegenüber zu stellen?
Moin Jörg,

... m. E. überhaupt nicht, da diese 4 TE lediglich den Mehraufwand, die Mehrkosten abdecken.
Nach Deiner Rechnung kann damit doch nur ein Drittel der anfallenden Arbeiten zur Instandhaltung bezahlt werden.

Gruß
Thomas
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Thomas Schomburg
Dietrich Maschmeyer
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Re: Zu Grundsteuererlass, welche Kosten ansetzen

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Kosten in dieser Art aufzuteilen halte ich für unzulässig. Auf einen anderen Fall angewandt, könnte das ja z.B. bedeuten, dass der ein gewisses Mass übersteigende Aufwand für die Renovierung eines Mietobjektes als "willkürliche Verteuerung" bezeichnet würde und das FA einem vorrechnet, dass man eigentlich Gewinn gemacht hat. Schliesslich hätte es ein Zementestrich statt des Parketts ja auch getan.....

Es wäre vielleicht sinnvoll, an dieser Stelle den exakten Wortlaut der entsprechenden Urteilspassagen zu diskutieren, um beurteilen zu können, ob es eine Fehlinterpretation des Gesetzes durch das Gericht ist oder ein unzulässiger Analogschluss aus einem völlig anderen Fall.
Rosewich
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Re: Zu Grundsteuererlass, welche Kosten ansetzen

Beitrag von Rosewich »

Das Urteil des Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ist vom 8.7.1998 AZ: 8 C 23-97
link auf fremde Seite: http://www.bfh.simons-moll.de/bfh_1998/XX980590.HTM

Bei den Verwaltungsgerichten ist z.B VG Gelsenkirchen vom 8.3.2007 AZ: 5 K 2864/05 zu nennen link:http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_g ... 70308.html

Das Urteil des BVerwG halte ich persönlich für sehr problematisch. Gerne würde ich dieses Thema neu als Inhalt eines Gerichtsverfahrens sehen. Das ist aber sehr schwierig zu erreichen. Zurzeit muss man von diesem Urteil ausgehen.

Ich habe versucht, die Kernaussage dieses Urteiles in meiner Frage darzustellen. Eventuell habe ich da unerlaubte Vereinfachungen / Verkürzungen oder Verfälschungen vorgenommen? Ich denke nicht.

Das Urteil des VG Gelsenkirchen beruft sich nun auf das BVerwG und urteilt:

„… Nur für den Fall, dass auf Grund der besonderen Anforderungen an die Pflege eines Denkmals ein besonderer Aufwand mit besonderen Kosten erforderlich wird, sind die Mehrkosen in die Gegenüberstellung der jährlichen Einnahmen und Ausgaben einsetzbar.“

Das halte ich für eine Fehlinterpretation des BVerwG. Logisch ist das überhaupt nicht nach zu vollziehen.


Um weiterer Verunsicherung vorzubeugen: Die Frage berührt nur die Grundsteuer. Für die Einkommensteuer gilt: Normalerweise sind alle Kosten absetzbar. Das Finanzamt kann nicht verlangen, dass man ein guter Geschäftsmann ist, der den maximalen Profit erwirtschaftet.
Grenzen hat das nur da, wo gar kein Gewinn erwirtschaftet werden soll oder kann. (Z.B. bei sehr preiswerter Vermietung an Angehörige, oder Verluste über viele Jahre…)
ulanehm
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Re: Zu Grundsteuererlass, welche Kosten ansetzen

Beitrag von ulanehm »

Ich habe mir jetzt die beiden Urteile erstmals im Orginal durchlesen können. Soweit ich das sehe, versucht das BVG eine Intention zu vertreten: Nur wenn die Erträge (Einnahmen minus Ausgaben) tatsächlich Denkmalschutzbedingt (d.h. Ausgaben sind notwendig wegen Auflagen oder eine realistisch vorstellbare Nutzung ist wegen Auflagen nicht realisierbar) kleiner 0 sind, soll als Sonderfall die Grundsteuer nicht fällig werden. Bei der konkreten Begründung in diesem Fall wird das aber problematisch, da auch ohne Denkmalschutz der Ertrag kleiner 0 ist. Wenn hier einer Grundsteuerbefreiung zugestimmt würde, könnte jeder mit einem entsprechenden Objekt mit Denkmalschutzeintrag bei Verlusten die Grundsteuerbefreiung beantragen und erhalten, auch wenn der hierdurch verursachte Aufwand lediglich 1Cent betragen würde. (einfache Formel: denkmalschutz ja, Ertrag<0 --> Befreiung). Dies erscheint dem Gericht dem Grundsteuercharakter (keine Ertragssteuer, sondern gerade Ertragsunabhängig) und der Intention der Steuerbefreiung nicht gerecht zu werden, da diverse rechliche Eigentümerkonstruktionen hier als mögliche Steuerschlupflöche geöffnet werden..
Beim zweiten Urteil wird das Dilemma noch deutlicher: Hier werden hohe Kosten in Form von Ansparungen angesetzt, obwohl diese eigentlich nicht denkmalbedingt sind bzw nur teilweise. Andernfalls läge der Ertrag deutlich im +. Um dies nun abzuwenden,vergallopiert sich meiner Meinung nach das Gericht, bis es nur noch "denkmalbedingter Mehraufwand - Einnahmen muss kleiner 0 sein" anerkennen will. Dies ist logisch nicht nachzuvollziehen und nur vor dem Hintergrund der Intention zu verstehen, eine eher "misbräuchliche Steuergestaltung" abzulehnen.
Auslöser für das ganze Dilemma ist aus meiner Sicht, daß im Gesetz nicht so ganz klar wird, wie sich die Gesetzesmacher das eigentlich gedacht hatte.

Ich bin gespannt, ob sich bei uns das Grundsteueramt irgendwann doch noch mal meldet. Seit Mai ist hier Ruhe, unsere Antrags-Begründung muss wohl Grund für intensive Beratungen sein??

Danke nochmals an Rosewich für die Hilfe.

Gruß
Ulrich
Rosewich
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Re: Zu Grundsteuererlass, welche Kosten ansetzen

Beitrag von Rosewich »

Hallo Ulrich!

Du beschreibst genau, was ich auch denke.
Dem BVerwG muß mann nicht zustimmen, aber es ist logisch. Es ist eben eine Interpretatin dessen, was der Gesetzgeber wohl gemeint haben könnte, da das Gesetz sehr knapp gehalten ist.
Das VG dagegen vergallopiert sich dabei.
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