Strassennamen

Konstruktionen, Befunde, alte Farbanstriche usw.
hansjürgen.geilert
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Strassennamen

Beitrag von hansjürgen.geilert »

Hallo, vielleicht gibt es hier auch einen Spezialisten für Folgendes:

Mein denkmalgeschütztes Fachhallenhaus liegt in der Strasse "Am Brink", eine in Norddeutschland häufige Bezeichnung für Wege in Dörfern. Die genaue Bedeutung ist mir allerdings bis heute nicht bekannt. Eine Erklärung besagt, dass der Brink der Weg bzw. Pfad vom Stall zur Weide gewesen sein soll, aber ich habe keine gesicherte Quelle. Wer kann helfen?

Nun haben sich die wohl unterbeschäftigten Beamten der Kommune des - bislang nicht bekannten - Problems angenommen, dass die Bezeichnung "Am Brink" in recht vielen Dörfern vorkommt, was natürlich zu totaler Verwirrung führt und dringend geregelt werden muss. Für unser Dorf fiel ihnen die neue Bezeichnung "Ringstrasse" ein. So nennt man vielleicht Umgehungsstrassen, Neubaugebiete oder Industrieviertel, aber ich finde die Namenswahl für einen winklig verlaufenden Weg am Dorfplatz völlig verfehlt.

Ich versuche gerade über einen Widerspruch den Beschluß, vor dem natürlich nur einige gezielt ausgewählte Bürger angehört wurden, zu kippen und möchte Alternativen anbieten. Auch hierzu nehme ich gern Ideen entgegen.

Viele Grüsse, nicht aus Schilda, sondern aus .... 19303 Dömitz
Hans-Jürgen
Wolfgang Riesner
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Re: Strassennamen

Beitrag von Wolfgang Riesner »

Hallo Hans-Jürgen,
bei uns in der "Stadt" Petershagen (Weser), die aus 2 etwas größeren Orten und weiteren 27 Dörfern mit der Gebietsreform 1973 entstanden ist, gab es das Problem der Doppelbenennung von Straßen natürlich auch. In vielen Fällen wurde das dann durch Zusatz des Ortsnamens vor die Straßenbezeichnung gelöst. So gibt es jetzt z.B. neben der "Ilser Feuerschicht" auch die "Eldagser Feuerschicht" oder vielfach die Bezeichnung "Dorfstraße" mit dem Vorangestellten Dorfnamen. Auch beim Brink war man erfinderisch. So haben wir neben dem "Rosenhäger Brink"  auch "Am Ilser Brink", "Unterm Ilser Brink", "Brinkeck", "Brinkgarten", "Brinkstraße", "Häverner Brink", "Im Brinke" und "Süntkebrink". In manchen Dörfern gibt es etliche Straßennamen mit dem vorangestellten Dorfnamen. Spitzenreiter ist Ilse mit 13 solcher Namenskombinationen und weiteren ähnlichen Namen.
Schwierigkeiten beim Auffinden einer Adresse entstehen dadurch nicht. Im Gegenteil ist es eher hilfreich, denn häufig fehlen bei den Adressen die Ortsbezeichnungen. In Petershagen die Straße "Zum Husterbruch" zu suchen ist beinahe aussichtslos (bei 212km² Stadtfläche auch kein Wunder). Da würde auch fragen von Eingeborenen nicht zum Erfolg führen. In Petershagen-Neuenknick dagegen kennt die Straße jedes Kind. Beim "Ilser Brink", dem Quetzer Timpen" oder der "Heimser Riehe" weiß man doch immerhin, wo man weiter nachfragen kann.
Beste Grüße aus Neuenknick von
Wolfgang Riesner
Dietrich Maschmeyer
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Re: Strassennamen

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

In Nordwestdeutschland und den angrenzenden Niederlanden bezeichnet der Brink ursprünglich einen in sich irgendwie geschlossenen Dorfplatz in Allmende-Besitz, auf dem man das Vieh nachts zusammentrieb. Insofern ist die Definition mit dem Vieh nicht ganz falsch. Den eigentlichen Weg für das Vieh nennt man aber eine Trift, in kleinen Städten nicht selten auch noch vor dem Kuhtor gelegen und zur Kuhweide führend (Bekannteste Trift in Celle, mit dem Barock-Knast). Ein sehr schönes Beispiel für einen Brink ist der Frelsdorfer Brink in der Nähe von Bremerhaven. Auf dem Hümmling und in Drenthe (NL) gruppieren sich die Höfen um einen gemeinsamen Brink und werden siedlungsgeografsich als Brinkdörfer bezeichnet). Wenn sich dort später Leute - toleriert von der Dorfgemeinschaft - ansiedelten, nannte man sie Brinksitzer oder Brinker.

Bei einer derart allgemeinen Bezeichnung ist die Zufügung des Ortnamens fast zwingend und sinnvoll: Einen Tutendruper Brink oder was auch immer kann man nicht mehr mit einem Popenhäuser Brink verwechseln.

Ich kann nur dazu ermuntern, die Bürokraten am Verteilen völlig unpassender Strassennamen zu hindern. Dazu sollten die Gegenvorschläge aber qualifiziert sein.
hansjürgen.geilert
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Re: Strassennamen

Beitrag von hansjürgen.geilert »

Vielen Dank, das hilft schon mal sehr. Ich werde jetzt versuchen, bei den Nachbarn Überzeugungsarbeit zu leisten, um dann möglichst geschlossen der Gemeinde gegenüber zu treten. Über das Ergebnis werde ich berichten.
salinodg
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Re: Strassennamen

Beitrag von salinodg »

Von der Namens-Herkunft her bedeutet "Brink" Rand oder auch Küste. Der Brink kann insofern auch den Rand des früheren Dorfkerns bezeichnet haben, an dem sich "Neubürger" angesiedelt haben, die dann, wie bereits von Dietrich Maschmeyer beschrieben, auch Brinksitzer genannt wurden - also die am Dorfrand sitzen/ wohnen. Ob dieser Boden zur Allmende gehörte ist m.E. nicht zwingend, es dürfte aber in vielen Fällen so gewesen sein (Beobachtungen aus Ostfalen).
hansjürgen.geilert
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Re: Strassennamen

Beitrag von hansjürgen.geilert »

Eine Zwischennachricht: Die Gemeinde hat den von mir eingelegten Widerspruch - erwartungsgemäß - abgelehnt, obwohl sich alle Anlieger einstimmig für den alten Namen mit Ortszusatz ausgesprochen haben. Die Begündung des Widerspruchsbescheides ist recht ausführlich, aber auch ziemlich abwegig, so dass ich gute Chancen sehe, den Beschluss doch noch zu kippen. Ich werde jetzt Klage beim Verwaltungsgericht einreichen und dann wieder berichten.
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forenadmin
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Re: Strassennamen

Beitrag von forenadmin »

Moin Hans-Jürgen,

zunächst vielen Dank für Deinen informativen Zwischenbericht!

In diesem Zusammenhang möchte ich anregen, über einen Artikel in einem der
nächsten HN nachzudenken, um der Angelegenheit etwas mehr Nachdruck zu verleihen.

Herzliche Grüße
Thomas
Gruß
Thomas Schomburg
hansjürgen.geilert
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Re: Strassennamen

Beitrag von hansjürgen.geilert »

Moin Thomas,

ich hab jetzt erst mal die Klage verfasst und würde einen Artikel für den HN dann schreiben, wenn das Gericht entschieden hat, das bringt mehr. Ich kann ja jetzt noch nicht vorhersagen, ob mehr die formaljuristischen Aspekte oder meine historisch-kulturellen Ausführungen durchschlagen oder auch nichts davon.

Leider ist es mal wieder wie so oft: Ich bin der einzige Querulant, der gegen die Obrigkeit aufbegehrt. Die Nachbarn sind empört, aber für einen Widerspruch - der kostet ja nicht mal
was - reicht es nicht.

Viele Grüsse
Hans-Jürgen
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Stefan Haar
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Re: Strassennamen

Beitrag von Stefan Haar »

Hallo Hans-Jürgen,

schon mal eine Unterschriftenliste in Erwägung gezogen, um die gewohnheitsmäßige Trägheit der empörten Nachbarschaft auszuhebeln?

Gruß

Stefan
hansjürgen.geilert
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Re: Strassennamen

Beitrag von hansjürgen.geilert »

Es hat sich was erfreuliches getan: Die Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat dazu geführt, dass die Gemeinde noch einmal über den Strassennamen entscheiden wird. Die Richterin hatte zum Glück volles Verständnis dafür, dass ich mit der Umbenennung "nicht glücklich" bin.

Außerdem wurde der Gemeinde vorgeworfen, im Verfahren die Eigentümer der betroffenen Grundstücke nicht angemessen beteiligt zu haben. Daher kam es zu der Vergleichslösung. Das heißt zwar nicht, dass es jetzt automatisch eine vernünftige Lösung gibt, aber jetzt sind die Nachbarn sogar bereit, Unterschriften zu geben, was vorher keiner so recht wollte.

Ich kann nur hoffen, dass die Gemeindevertreter nicht beleidigt reagieren, sondern eine vernünftige Entscheidung treffen. Ich werde dann weiter berichten.

Hans-Jürgen Geilert
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Re: Strassennamen

Beitrag von forenadmin »

Moin Hans-Jürgen,

ja prima, das ist doch mal eine erfreuliche Nachricht!

Bleibt zu hoffen, dass nun gemeinsam mit der Gemeinde eine tragfähige Lösung gefunden wird!

Vielen Dank für Deinen (Zwischen)-Bericht.


Herzliche Grüße
Thomas
Gruß
Thomas Schomburg
hansjürgen.geilert
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Re: Strassennamen

Beitrag von hansjürgen.geilert »

Hallo an alle!
Die Mühlen der Behörden mahlen noch. Neuester Stand: Die Kommunalaufsicht - auf wessen Veranlassung auch immer - hat der Gemeinde mitgeteilt, dass bei einer Umbenennung kein Wortteil der alten Bezeichnung mehr verwendet werden darf, also darf aus "Am Brink" nicht "Am Xdorfer Brink" oder "Am Eichenbrink", "Am Gänsebrink" usw. werden. Die Anwohner sollen jetzt Vorschläge machen, wie die Strasse heißen soll, ohne dass der "Brink" dabei wieder auftaucht.

Ich fürchte, diese - mir nicht einleuchtende - Position ist nicht mehr zu kippen. Daher meine Bitte: Wer hat einen passenden Namen für einen Platz in der Dorfmitte, auf dem sich die ehemalige Dorfschule, jetzt Gasthof befindet, umsäumt von großen alten Eichen und mit einem lückenhaften Bestand an alten Gebäuden ( die Lücken sind in DDR-Zeiten wegen der Lage im Grenzgebiet entstanden ). Bevorzugen würden wir natürlich eine niederdeutsche Bezeichnung.

Viele Grüsse
Hans-Jürgen Geilert
Wolfgang Riesner
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Re: Strassennamen

Beitrag von Wolfgang Riesner »

Hallo Hansjürgen,
wie begründet die Kommunalaufsicht denn eine derartig merkwürdige Forderung? Ich kann mir nicht vorstellen welchen sinvollen Grund es dafür geben könnte, zumal das anderswo ja auch nicht so ist.
Gruß aus Neuenknick von
Wolfgang
Dietrich Maschmeyer
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Re: Strassennamen

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

... zmal dann strenggnommen solche Namensbestandteile wie -strasse, -platz oder -allee auch nicht mehr verwendet werden dürften...

Auch dürfte eine Otto-Grotewohl-Strasse nicht mehr in Kaiser-Otto-Strasse umbenannt werden. Kaum einzusehen, das so etwas überhaupt möglich ist. Ich fürchte, hinter diesem Blödsinn steckt irgendeine Richtlinie unserer Deutschen Post, in ihrer Wirkung nach dem "Stille-Post-Prinzip" kräftig bis zum Irrsinn potenziert. Zutrauen würde ich denen jedenfalls so was.
hansjürgen.geilert
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Re: Strassennamen

Beitrag von hansjürgen.geilert »

Also, als Begründung wird die Befürchtung genannt, "Rettungskräfte könnten orientierungslos umherirren" ( Zitat! ), wenn die Adressenangabe nicht völlig eindeutig ist. Im übrigen muss die Kommunalaufsicht gegenüber den Bürgern nichts begründen, es war ja schon schwer genug, gegen die unglückliche Entscheidung der Gemeinde vorzugehen. Und die Ratsmitglieder wollen es sich ja nicht mit der Kommunalaufsicht verscherzen.

Mit Logik hat das auch nichts zu tun, denn im gleichen Ort wurde die "Elbstrasse" umbenannt in "Am Elbufer", was unzweifelhaft den Namensteil Elb... enthält. Hierzu wurde eine Stellungnahme nicht abgegeben.

Unsere letzte Chance, den absolut unpassenden Namen "Ringstr." zu vermeiden ist also leider ein neuer Vorschlag ohne "Brink". Für Ideen wäre ich weiterhin dankbar.

Viele Grüsse
Hans-Jürgen Geilert
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