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Erste Überraschungen

Verfasst: So 21. Aug 2005, 00:14
von Ulrike Nolte
Hallole,

ich bin mir nun ziemlich sicher, dass unser Haus weit vor 1890 erbaut worden ist.

Wir haben gestern etwas entdeckt, was nach einer offenen Feuerstelle zum Kochen aussieht. Auf dem Bild ist deutlich zu sehen, dass die Wand teilweise verkohlt aussieht. Dazu kommt, dass das eine 17 cm starke Vormauerung ist. Einen Durchbruch zum angrenzenden Zimmer gibt es auch. Vielleicht stand da einmal ein Ofen, der durch die Feuerstelle bestückt wurde. Das Verkohlte riecht nicht nach Brand, sondern nach Geräuchertem.

Zusätzlich entdeckten wir, dass dieser angrenzenden Raum und das dahinter liegende Klassenzimmer einmal durch einen Durchgang (Türe) verbunden waren. Leider hat die Zeit heute nicht mehr gereicht, um den Bereich vollständig frei zu legen. Ich habe aber den Türsturz schon ausgemacht.

Der Schornstein wurde eindeutig nachträglich gemauert. Der Verputz ist ein völlig anderer - sehr hart, kaum abzumachen. Der Deckenbalken darüber ist geräuchtert.

Über der Küche ist die ehemalige Räucherkammer, die einmal mit dem oberen (älteren) Teil des Schornsteins verbunden war. Darauf deutet ein nachträglich verschlossener Durchbruch hin. Diese Räucherkammer hat aber auch einen Abzug nach oben in den Dachspitz.

Eine weitere Entdeckung ist eine "Untertapete" aus Zeitungen aus dem Jahr 1897. Darunter befindet sich eine Lage Feinputz, der noch Farbspuren aufweist. Das muss noch fotografiert werden. Auch dafür war die Zeit heute zu kurz. Abschnitte von der Zeitung liegen aber neben mir auf dem Schreibtisch.

Dann habe ich entdeckt, dass die beiden Eingänge ins Haus unterschiedlichen Datums sein müssen, auch die Treppe wurde modifiziert.

Von all diesen Entdeckungen habe ich schon eine Menge Fotos gemacht, die noch aufbereitet werden müssen. Hier erst mal das Bild von der vermeintlichen offenen Feuerstelle. Ich bin auf euere Expertenmeinungen gepannt.

Grüße
Ulrike

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: So 21. Aug 2005, 17:28
von Dietrich Maschmeyer
Ich hatte mir bereits erlaubt, Eure Fenster spätestens ins frühe 19. Jahrhundert zu datieren. Das Haus ist ja wohl von einem Landbaumeister o.ä. errichtet, das Alter müsste sich alos weiter eingrenzen lassen. Vorerst nur vage Angabe nahc dem unter anderer Rubrik eingestellten Foto: Nich vor 1760, nicht nach 1850.

Was Ihr freigelegt habt, ist oben der Abdruck eines schrägen Rauchfanges, dessen Rahmen in ca. 2 m Höhe ein Loch in der Wand hinterlassen haben müsste. Ob der Schornstein urspünglich ist, wäre noch genauer zu prüfen, es ist aber nicht unwahrscheinlich, da es ein öffentliches Gebäude war. Die Schwärzung weiter unten ist recht untypisch für einen Kochherd. Sie könnte am ehesten durch Rauch aus einen Hinterladerofen verursacht sein, der von der Kochstelle aus geheizt wurde. Eins solcher ist in eurem Gebäude ausserordentlich wahrscheinlich. Sucht mal weiter nach derartigen Spuren bzw. genauer: Nach in andere Räume abgehenden Feuerlöchern!

MfG DM

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: So 21. Aug 2005, 17:31
von Dietrich Maschmeyer
Ich habe noch mal genauer hingesehen. Das Feuerungsloch des Hinterladers ist unten, mit hellen Steinen verschlossen, zu sehen (die Stange auf dem Tisch zeigt drauf!).

Dahinter war entweder die Schulstube (gross) oder die Wohnstube des Lehrers (kleiner). Welche von beiden, müsste sich ohne weiteres aus dem Grundriss ergeben.

MfG DM

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: So 21. Aug 2005, 19:13
von Ulrike Nolte
Hallo Dietrich,
danke für die Einschätzung.

In dem Loch in ca. 2 m Höhe war ein Rauchrohrstutzen, der von beiden Seiten verschlossen war. Auf der Küchenseite mit einem Stein, auf der Zimmerseite mit einem runden Metall, wie das heute auch verwendet wird, um solche Anschlüsse zu verschließen.

Vom Grundriss her ist das vordere Zimmer mit den Metallsprossenfenstern auf jeden Fall das ehemalige Klassenzimmer. Das hatte aber einen direkten Zugang zu dem Zimmer neben der Küche. Wie schon geschrieben, will ich diesen Durchgang frei legen. Wir überlegen gerade, ob wir den Durchgang dauerhaft wieder öffnen sollen/wollen.

Vom nebenliegenden Zimmer gibt es auch einen Rauchrohranschluss direkt in den Schornstein knapp unter der ca. 3 m hohen Decke. Im Klassenzimmer das gleiche. Hier aber zeichnet sich meiner Meinung nach ein ehemals offener Kamin ab. Von der Zimmerdecke ca. 1,5 m nach unten war wohl einmal ein Rauchfang. Darunter ist der Kamin so verschlossen, dass sich eine große Kehle nach innen ergibt.

Ich bearbeite gerade die vielen Fotos, die dann (vielleicht sogar heute noch) auf meiner Webseite unter http://www.ulrikenolte.de/geschichte.html prangen werden. Dort gibt es auch den Bestands-Grundriss zu sehen. Unser Architekt ist noch fleißig dabei, die Details zu zeichnen. Leider geht das nicht so zügig, weil wir ja alles erst freilegen müssen.

Wir haben noch alte Fensterflügel mit Metallsprossen gefunden. Die Rahmen sind verkohlt und das Glas ist blind, also muss es einmal heftig gebrannt haben. Das erklärt, warum im Klassenzimmer (und anderen) zwei verschiedene Fenstertypen eingebaut sind.

Apropo Fenster: Ich suche einen Schreiner, der uns unsere alten Fenster aufarbeiten kann. Die Rahmen sind durchweg aus Eiche (wie das gesamte Fachwerk im Haupthaus). Und die gegen neue Fenster auszutauschen wäre Frevel. Auch wenn der Aufwand wesentlich höher ist.

Grüße
Ulrike

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: So 21. Aug 2005, 19:30
von Ulrike Nolte
Ob das Gebäude tatsächlich schon im Ursprung eine Schule war? Die Schülerklosetts sind im Anbau, der ja viel später erbaut wurde. Allerdings könnte es ja auch sein, dass das früher einmal 2 Klassenräume waren. Das rechte Zimmer (vom Eingang gesehen) ist ja auch verhältnismäßig groß und hat einen separaten Schornstein.

Das Haupthaus ist insgesamt sehr groß und hat viele Räume.

Ich bin sehr gespannt, auf welche Überraschungen wir noch stoßen werden

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: Di 23. Aug 2005, 23:03
von Ulrike Nolte
und noch eins drauf :-)

Auf einer Kopie einer Katasterkarte von 1885 ist das Haus schon mit Anbau verzeichnet.

Das bekam ich heute von einem Heimatforscher, der in Hummersen lebt, per Telefon mitgeteilt. Endlich ein realer Hinweis auf das tatsächliche Alter.

Morgen gehts wieder "in die Vergangenheit". Ich bin sehr gespannt was ich diesmal entdecke.

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: Fr 26. Aug 2005, 11:01
von Stefan Haar
... bin wieder zurück ...

zum Thema Herdwand ein fast gleichartiges Bild aus meinem Dunstkreis. Es zeigt eine Wand mit den Spuren von gut 300 Jahren Entwicklungsgeschichte der Heiz- und Herdtechnik.

Die vormalige Schornsteinabmauerung stand hier genauso in der Ecke, wie auf Deinem Foto.

Immer wieder eine der interessantesten Wände in den Häusern ... und immer aufs Neue mit vielen Fragezeichen versehen.

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: Sa 27. Aug 2005, 19:39
von Ulrike Nolte
Schönes Foto, Stefan. Ich finde es überhaupt spannend, so ein altes Haus auf Vordermann bringen zu können. Da steht man da und fragt sich: wie haben die das denn nur gemacht ...

Leider kann ich diese Woche nicht mit weiteren Überraschungen aufwarten. Wir haben das ausnahmsweise mal "schöne" Wetter dazu genutzt, um's Haus rum aufzuräumen und alles für's Gerüst vorzubereiten.

Ich habe aber verschiedene Formate von Klinkersteinen gefunden. Aber alle kein Reichsformat. Die habe ich hier (in Spiegelberg) liegen und weiß wie sie aussehen. Die Ziegelsteine die ich in Hummersen gefunden habe, sind alle kleiner; tlw. breit und flach, tlw. schmaler und höher.

Nächste Woche geht es innen weiter.

Bis wann etwa wurden eigentlich offene Herdstellen genutzt?

Gibt es ein (bezahlbares) gutes Buch über die alten Bauweisen und Nutzungen?

Grüße
Ulrike

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: Sa 27. Aug 2005, 20:41
von salinodg
Hallo Ulrike,

bei den Ziegeln kennen wir hunderte von Formaten. Das sog Reichsformat (RF) gibt es erst seit 1872 (250 x 120 x 65). Das RF für Verblender von 1879 hat schon wieder ein anderes Format.

Mit rein verbalen Bezeichnungen wie RF oder Klosterformat kommen wir i.d.R. nicht weiter - da müssen wir ganz einfach über die Formate und über Qualitäten (nach Brennvorgang etc.) gehen.

Zu den Büchern:

Es gibt eine Reihe guter Bücher. Das Problem ist nur, daß sich in einem Buch nie die Antworten auf all Deine Fragen finden lassen.

Mit der Idee bin ich auch mal vor Jahren gestartet - mittlerweile liegt der Buchbestand bei ca. 100 - und bei sehr vielen Fragen habe ich aber das Gefühl, ich habe zumindest ein Buch zu wenig ;-).

Gestartet bin ich mal mit Wolfgang Lenze. Zum Einstieg finde ich es immer noch toll. Zwei Jahre später - und nach vielen anderen Büchern - konnte ich aber beurteilen, welche (bau-physikalischen) (Denk-) Fehler da noch drin stecken.

Quintessenz für heute: Mit EINEM Buch schaffst Du es nicht.

Liebe Grüße

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: Sa 27. Aug 2005, 22:31
von Ulrike Nolte
@Bernd
"über die Formate und Qualitäten"
Heißt das, dass ich mal messen sollte und beschreiben, wie die Ziegel aussehen (oder ein Bild machen)?


"Den Lenze" habe ich schon :)
Es stimmt: zum Einstieg ist es gut geeignet. Einer Neugierigen wie mich reicht das aber noch nicht.

Ein wunderbares älteres Buch über das "Fachwerk im Weserraum" von Wilhelm Hansen/Herbert Kreft (1980) habe ich vor Kurzem im Antiquariat erstanden. Leider komme ich nicht dazu, die Bücher "richtig" zu lesen. Immer wieder mal ein paar Seiten. Mehr Zeit ist nicht.

Aber ich sehe schon, dass ich alte Bücherratte wohl auch bald eine ansehnliche Sammlung haben werde.

Danke und Grüße
Ulrike

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: So 28. Aug 2005, 09:41
von salinodg
Moin Ulrike,

mit Formaten und Bildern kann man das ganze sicherlich sehr viel besser einordnen.

Bedacht werden muß aber auch, daß es neben den bekannten überregionalen Formaten auch noch lokale Formate gibt und sogar individuelle, die nur von einer Ziegelei hergestellt wurden.

Ich hoffe aber, daß Deine Ziegel keine Klinker sind. Dieser Begriff steht für Ziegel, die bei hohen Temperaturen an der Sintergrenze gebrannt worden sind. Diese Steine haben aufgrund ihres schlechten Diffusionsverhaltens nichts in einem Altbau verloren.

Liebe Grüße

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: So 28. Aug 2005, 09:56
von Ulrike Nolte
salinodg hat geschrieben: Ich hoffe aber, daß Deine Ziegel keine Klinker sind.
Oops
Und wie stelle ich fest ob das Klinker oder Ziegel sind?

Danke und Grüße

Re:Erste Überraschungen

Verfasst: So 28. Aug 2005, 10:09
von salinodg
Da der Klinker eine relativ moderne Zutat ist, gehe ich mal davon aus, daß Du keine Klinker hast.

Im Grunde wollte ich auch nur darauf hinweisen, daß Du den Begriff Klinker statt Ziegel hier wohl eher unbewußt-leichtfertig eingeführt hast.

Die hartgebrannten Klinker haben ihren Namen aus dem Wortstamm klingen, weil sie beim Anschlagen - z.B. mit dem Hammer - einen sehr hohen Ton erzeugen; im Gegensatz zu den eher dumpfen Tönen der historischen Ziegel.

Die für Klinker notwendigen Temperaturen von über 1.200 °C konnten mit der damaligen Technik (meistens) nicht erreicht werden.

Liebe Grüße