mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Konstruktionen, Befunde, alte Farbanstriche usw.
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schletter
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mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von schletter »

liebe fachwerkhausinteressierte und bauforscher,

wir haben mit der umfassenden instandsetzung eines per dendrochronologischer untersuchung auf 1689 datierten fachwerkhauses im ruppiner land (rhinluch) begonnen. nun stellt sich die frage, ob die haustür auf der südseite des giebleständigen wohnstallhauses immer schon dort war, oder ob das haus evtl. ursprünglich von ost/west erschlossen wurde.
im südlichen teil befanden sich die stuben des jungbauern sowie ein altenteil, im mittelbereich ein schwarze und eine weiße küche, im norden waren die ställe. 1870 wurde dann ein backsteinstall auf das grundstück gebaut und die tiere mussten das haus verlassen, es entstanden weitere wohnräume, ein teil des fachwerks wurde durch mauerwerk ersetzt.

die tür im süden ist rigoros durch schwelle und rähm "gezimmert", was nicht gerade darauf hin deutet, dass sie immer schon an dieser stelle war.
wir haben uns sowieso schon entschlossen, die eingangstür auf die ostseite zum hof hin zu verlegen. nun stellt sich die frage, ob man die tür auf der südseite bei der sanierung der schwelle und des rähms komplett verschwinden lässt, oder ob sie, trotz allen ungeklärten fragen an die (bau)geschichte des hauses, an dieser stelle bleiben sollte.

anbei ein photo der giebelseite, sowie ein vermasster plan des bestands im erdgeschoss. wir haben noch unendlich mehr photos und pläne, wer für eine antwort noch mehr infos benötigt... kein problem!

vielen dank im voraus

alexandra + henning schletter
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erdgeschos_web.jpg
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vor dem haus befand sich eine terrasse mit betonplatten aus ddr zeiten... darum der höhenunterschied.
vor dem haus befand sich eine terrasse mit betonplatten aus ddr zeiten... darum der höhenunterschied.
Dietrich Maschmeyer
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Herzlichen Glückwunsch zu diesem schönen Haus, das sogar noch eine schön ausgebildete Stockwerksvorkragung besitzt. Nach meiner Einschätzung handelt es sich um ein relativ typisches märkisches Mittelflurhaus mit dem ursprünglichen Wohnteil vermutlich links im Plan (ist das richtig? Himmelsrichtungen kann ich auf dem Plan nicht erkennen). Dann gehört die Tür natürlich dazu. Dass sie im heutigen Zustand Schwelle und Rähm zerschneidet, sollte man nicht allzuhoch bewerten. Vermutlich wurde sie mal vergrössert. Wichtiger wäre die Frage, ob die Riegelkette ursprünglich durchging (dazu müsste man unter der Türbekleidung nachsehen). Ich gehe davon aus, dass die Tür immer an der jetzigen Stelle sass. Was sagt denn der Denkmalpfleger? Das Haus ist doch sicher ein Denkmal, oder? Oder ist mit dem nicht so gut Kirschen essen?

Unsere Kontaktstelle Potsdam-Mittelmark (Wolfgang Belitz) ist ein sehr guter Kenner der Region und dieses Haustyps und ist sicher sehr interessiert an den hauskundlichen Befunden und damit auch gern bei der Klärung solcher Fragen behilflich!
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schletter
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von schletter »

danke für die glückwünsche! manchmal, wenn man wieder den ganzen tag im dreck gewühlt hat und abends nichts davon sieht, fragt man sich ja schon, ob das alles so richtig ist... da kann man etwas aufmunterung gebrauchen.

ja, das haus steht unter denkmalschutz. und genau das ist ja auch der anlass für diese anfrage hier. denn die landesdenkmalpflegerin versucht uns mit allen mitteln die eingangstür auf der traufseite im osten des hauses auszureden.

also kurz zu dem grundriss: links ist süden, unten ist demnach osten. bei der hier maximal zugelassenen auflösung kann man leider nix mehr lesen. auch eine 4:3 datei hochformatig einstellen ist nicht möglich, dann wäre das einnorden gleich klar definiert.

heute haben wir jedenfalls die haustür ausgebaut. die riegelkette geht zwar nicht durch, aber es ist auch relativ offensichtlich, dass die beiden ständer der türöffnung nicht original sind, sondern aus einer zweitverwendung stammen (erkennbar an querschnitt, zapflöchern, holznägeln...).

die grundsätzliche frage ist jedoch: wie kann man gewissheit erlangen, ob das haus ursprünglich längs (also von süd nach nord) oder quer (also ost nach west) erschlossen war? wir sind keine bauforscher, haben uns aber eingängig mit dem haus befasst. vor einigen jahren wurde es auch von einer studentengruppe der tu berlin bauhistorisch untersucht. die gruppe von 30 studenten hat diese frage offen gelassen (sie durften ja auch den bestand nicht anrühren). auch ein restaurator aus rheinsberg hat seine 180 seiten zu papier gebracht, ohne eine antwort auf diese frage zu geben.
wir haben inzwischen eine ganze menge bewegt, etwas mehr als nur die alten tapeten abgerissen. dabei wird eigentlich nur eins klar: die geschichte des hauses wird sich nie eindeutig nachzeichnen lassen. zuviele hölzer sind in zweitverwendung, zuviele umbauten und umnutzungen haben stattgefunden.

trotzdem behauptet die landesdenkmalpflegerin felsenfest, dass das haus immer schon von süd nach nord erschlossen wurde. ohne dafür irgendwelche wissenschaftlichen argumente anzuführen. das kann sie ja gerne tun. nur versucht sie eben gerade, uns den geplanten grundriss quasi zu verbieten. und geht vor allem im inneren des hauses über leichen. alle erhaltenen barocken elemente und fast schon musealen charaktereigenschaften des hauses werden plötzlich mit einer leichtigkeit zum abbruch frei gegeben, nur um ja nicht die eingangstür auf der ostseite anzuordnen. das kann doch nicht sein!

wir sind wirklich sehr bemüht der kulturhistorischen aufgabe gerecht zu werden, die so eine instandsetzung darstellt. und wir haben uns ganz bewusst für dieses haus entschieden. die sanierung kostet ein vermögen. von einer sachlich geführten debatte würden wir uns auch zu manchen zugeständnis bewegen lassen. aber wir haben massive den eindruck, dass hier jemand aus dem hohlen bauch heraus entscheidet. wenn der herr belitz die region gut kennt, dann hat er ja sicher auch den namen breetzmann schon mal gehört und kann uns ein paar tipps geben, wie wir mit der zurande kommen.

übrigens der sachgebietsleiter der unteren denkmalschutzbehörde sagte mir heute während der begehung mit der landesdenkmalpflege in einem unbeobachteten moment: "lächeln, freundlich bleiben, ignorieren!" was geht da ab?!?
Dietrich Maschmeyer
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Es kann ja nun keine unangemessene Forderung sein, die Funktion des Zuganges aus erschliessungstechnischen Gründen an eine andere Stelle zu verlegen. die Raumnutuzng ist ja schliesslich meist auch nicht mehr die des Urzustandes. Allein die anlage einer weiteren Aussentür wäre ja kein dermassen gravierender Eingriff, dass man sich dagegen mit Händen und Füssen sträuben müsste. Allerdings plädiere ich in solchen Fällen immer für eine gewisse Aufrichtigkeit, d.h. die alte Türanlage bleibe - funktionslos, ggf. als Fenstertür - bestehen, um klarzustellen, wie das Haus ursprünglich erschlossen wurde, und die neue wird in zeitgemässen, keinesfalls historisierenden Formen angepasst. So was sollte auch ein Denkmalpfleger akzeptieren, vor allem, wenn es dadurch gelänge, andere wichtige Elemente des Hauses zu erhalten. Das muss man dann auch alles richtig gegeneinander abwägen. Ich möchte Ihnen meinen Respekt dafür aussprechen, dass Sie einen Blick für den Wert von Sturkturen entwickelt haben, die nach ihrer Schilderung der Denkmalpflegerin vielleicht nicht so wichtig erscheinen. Es ist meistens besser, so viel wie möglich zu erhalten. Ich kenne etliche Bauherren, denen ich vergebens bestimmte Veränderungen und übermässige Eingriffe auszureden versucht habe, und die mir heute gestehen, sie seien mittlerweile auch nicht mehr davon überzeug, dass sie das damals richtig gemacht hätten.

Trotz der Verwendung von Althölzern sollte es möglich sein, bei einem Haus wie diesem den ursprünglichen Zustand herauszukriegen. Aus Vorgängebauten stammende Zapflöcher etc. passen selten in das "System" des Hauses, das sich in der Regel immer irgendwie -vielleicht mit etwas Aufwand - erschliessen lässt. Dazu kommen die Abbundzeichen, die ebenfalls einem System gehorchen.

Wenn schon eine umfassende Bestandsaufnahme vorliegt, dann sollte sie während der jetzt laufenden Arbeiten auf jeden Fall ergänzt werden, wo man viel mehr erkennt als vorher. Sie ist letztlich die Grundlage, auf die sich alle neuen Konzepte stützen. Da sollte sie schon vollständig sein.
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von schletter »

wir bemühen uns um eine möglichst ganzheitliche betrachtung. das äussere des haus steht nicht alleine da, der eindruck im inneren, sowie die eingliederung in das ensemble aus zufahrt, hof, stall und garten sind uns ebenso wichtig.

das letzte treffen mit der denkmalpflegerin war am dienstag. seitdem haben wir nochmal ganz neu versucht, zu einer lösung zu kommen. dazu muss man wissen, dass wir schon seit etwa einem jahr an dem grundriss arbeiten. gemeinsam mit unserem architekten und einem studenten, der über das haus seine diplomarbeit geschrieben hat. die aktuelle variante ist die version nr.7 und stellt nach unserem verständnis das destillat aus allen überlegungen der letzten 18 monate dar. grundlage war auch von anfang an der von der tu berlin vorgeschlagene bindungsplan, in dem eingetragen wurde, was unbedingt erhaltenswert, bedingt erhaltenswert und was
denkmalpflegerisch irrelevant ist. kurz zusammengefasst: die grundrissstruktur (mit schwarzer küche) und der bestand des 17. jahrhunderts sollten möglichst wenig angetastet werden.

und dann kommt so eine dogmatische denkmalpflegerin daher und schmeisst alles über den haufen, auch dinge die sie selbst im laufe der zeit gefordert hatte. plötzlich ist es ganz egal, wenn die schwarze küche aufgelöst und als durchgang zum wohnzimmer genutzt wird, bauzeitlich lehmstakenwände werden zum abriss freigegeben (was wir ja gar nicht wollen), usw. und das alles nur damit die haustür nicht auf der traufseite angeordnet wird.

ein paar erklärende sätze zu diesem schildbürgertum: in einer ecke des wohnzimmers soll ein ofen stehen, der von der schwarzen küche aus befeuert wird. die dort noch vorhandene ofentür zeugt davon, dass es so einen hinterlader schon einmal gegeben hat. neben dem anspruch den historischen zustand zu rekonstruieren (nicht durch historisierende formen bei der ausführung, sondern durch die wiederbelebung der funktionalen gliederung) bietet diese variante auch den vorteil, dass asche und holz im wohnzimmer keinen dreck machen. außerdem muss der ofen ja an einen zug angeschlossen werden, welcher sich ebenfalls in der schwarzen küche befindet. ein von der denkmalpflege vorgeschlagener zugang zum wohnzimmer in dieser ecke scheidet also aus. ein weiteres argument dagegen ist die barocke tür zwischen wohnzimmer und eingangsbereich. sie sollte an ihrer ursprünglichen position bleiben. die verformung des rähmbalkens, wie er sich über die beiden ständer gelegt hat, ist wunderschön und sollte auch entsprechend zur geltung kommen.

diese beiden beispiele sollen verdeutlichen, wie absurd uns die forderungen der denkmalpflegerin erscheinen. das haus hat 15 jahre leer gestanden, jeder
denkmalpfleger sollte konzessionen für eine umnutzung machen, schon, um das Gebäude überhaupt erhalten zu können. der geplante grundriss liegt ausserdem schon seit monaten vor, auch die baugenehmigung beruht auf dieser version. es ist also auch unseriös, mehrere monate nach erteilter baugenehmigung mit solchen forderungen zu kommen.

doch zurück zur tür im giebel. da war ja unsere frage, ob die da überhaupt bauzeitlich vorhanden war. ich hab heute nochmal ein paar photos gemacht, nachdem ich ja am dienstag den türrahmen ausgebaut habe. wenn in den beiden zapflöchern mal ein querriegel unterhalb des rähm war, dann hätte die tür, gemessen von der oberkante schwelle, eine durchgangshöhe von 140 cm. habe die bilder alle mal auf die seite gelegt, da man hier ja nur querformatige bilder hochladen kann...
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schletter
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von schletter »

nochmal ein bestandsgrundriss aus der vorhanden diplomarbeit, mit dem studentischen versuch der einordnung in bauphasen.
und für interessierte der aktuell von uns geplante grundriss. wir hoffen man kann bei der auflösung überhaupt etwas erkennen, sonst bitte kontaktieren...
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Ulrike Nolte
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von Ulrike Nolte »

Hallo Alexandra und Henning,

könnt Ihr aus den Bildern und Plänen PDF's machen? Dann ist auch eine größere Darstellung möglich. Bei Fragen dazu helfe ich gerne.

Zum Bild süd_eingangstür_03
Meiner Meinung nach wurde der Balken unterhalb der Deckenebene nachträglich durchtrennt. Auf dem Bild südseite_01_web sieht es sogar so aus, als sei das Rähm angesägt. Sind denn auf Höhe der ersten Riegel (von unten) Zapfenlöcher in den Türständern vorhanden?

Herzliche Grüße
Ulrike
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schletter
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von schletter »

nein, in höhe der anderen riegel sind keine zapfenlöcher vorhanden, nur weiter oben, unmittelbar unterhalb des rähm.
das photo 02 zeigt eins dieser oberen zapflöcher. gleichzeitig gibt es dort einen zapfen nach oben ins rähm. und am ständer vorn diese diagonalen aussparungen.
da uns keine solche fachwerksverbindung bekannt ist, wo ein zapfen so nah an einem zapfloch ist, schliessen wir daraus, dass die ständer aus einer zweitverwendung stammen.
im photo 01 sieht man ja, dass sowohl die grundschwelle, als auch das rähm des eg komplett durchtrennt worden sind. die schwelle des og ist nur vorn etwas ausgestemmt.
im gebäudeinneren sieht man, wie an dieser stelle die lehmdecke entfernt und durch eine hartfaserplatte ersetzt wurde, damit die tür überhaupt nach innen aufschlagen konnte. aus dem material dieser hartfaserplatte und aus zeitungsresten, mit denen die tür-zarge ausgestopft war, schliessen wir, dass diese tür erst in den 50er jahren dort eingebaut wurde.
allerdings war bereits in den 30er jahren dort eine tür mit schmalen oberlichtern, die auch schon durch schwelle und rähm ging, wie man auf dem bild von 1936 erkennen kann. nur durch die oberlichter war es vielleicht nicht nötig, innen die decke anzuheben, da die tür viel niedriger ins haus öffnete.

viele grüße

familie schletter
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Ulrike Nolte
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von Ulrike Nolte »

Hm, wenn in Höhe der Riegel keine Zapfenlöcher vorhanden sind, klingt das für mich nicht unbedingt nach einer Zweitverwendung der Hölzer. Eher denke ich, dass man irgendwann das Originaltürloch erweitert hat, indem man Schwelle und Rähm durchtrennt hat um eine höhere Tür einbauen zu können. Wozu die diagonalen Aussparungen gedient haben könnten ist damit aber noch immer nicht beantwortet. Vielleicht für ein Zierelement oder ein Vordach? Dieses Durchtrennen und Ausstemmen ist für mich ganz klar das Zeichen für einen Umbau von etwas was schon vorhanden war.

Auf dem alten Foto ist eine Straße/ein Weg erkennbar, auch die beiden Bäume - zumindest der rechte Baum scheint zu der Zeit schon einige Jährchen auf dem Buckel gehabt zu haben. Die Erschließungsseite ist für mich damit nachvollziehbar. Auch die Zaunführung spricht dafür. Ein seitlicher Ein-/Ausgang zu den Stallgebäuden war aber sicher auch vorhanden. Wisst Ihr etwas über die damalige Nutzung der Räume? Denkbar wäre doch auch ein Eingang für Besucher, die nicht erst über den halben Hof gehen mussten ...

Habt Ihr schon einmal darüber nachgedacht, diesen Eingang nach außen hin zu belassen und von innen dicht zu machen? So haben wir das mit unserer zweiten Eingangstüre gemacht, die einmal der (nachträglich eingebaute) Eingang für die Schüler war. Diese Tür habe ich von innen einfach abgedichtet und mit einer Holzverkleidung versehen. Im Stallanbau hatten wir eine ähnliche Situation. Mit drei Ausgängen ins Freie waren das einfach einer zuviel. Also wurde der südliche Stalleingang (Erschließung von der Straßenseite) von innen komplett zugemauert, nach außen wurde die alte Tür einfach so belassen, inkl. der Treppenstufen.

Mit dieser Lösung kann unser Denkmalschützer ganz gut leben. Es ging ja nur darum, die eigentliche Funktion so zu erhalten, dass man sie noch erkennen kann. Einem kompletten Rückbau des Haupteingangs wollte weder er noch die übergeordnete Behörde zustimmen, trotz einiger Bildbelege. Also gab es diesen Kompromiss.

Herzliche Grüße
Ulrike
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Wolfgang Riesner
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von Wolfgang Riesner »

Hallo Familie Schletter,
nach dem Foto von 1936 würde ich mich der Einschätzung von Ulrike Nolte anschließen. Der Eingang an der Giebelseite zur Straße sieht recht stimmig aus, auch wenn das Türloch zu dieser Zeit ggf. schon vergrößert worden war. Bei einem Mittelflurhaus kann der Eingang eigentlich auch kaum anderswo liegen.

Auch der Lösungsvorschlag von Ulrike erscheint mir ganz vernünftig, wenn im Inneren an dieser Stelle keine Tür gebraucht wird oder sogar stört.

Habe mir gerade die Grundrisse anzusehen versucht, sind ja wirklich recht klein. Wenn ich es richtig verstehe, wollt ihr hinter die vermutlich ursprüngliche Eingangstür ein WC legen. Ich glaube, ich würde da nochmal nach einer anderen Lösung suchen. Zumindest in diesem Punkt kann ich die Bedenken der Dame von der Denkmalbehörde nachvollziehen, bei der "Ofengeschichte" allerdings, fällt es mir schwerer.
Gruß aus Neuenknick von
Wolfgang
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schletter
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von schletter »

hallo ulrike, hallo wolfgang,

also ihr könnt uns glauben, dass wir uns sehr intensiv mit dem haus beschäftigt haben und dies täglich weiter vertiefen. sowohl mit der wechselvollen geschichte des hauses, als auch mit den möglichkeiten, wie es jetzt am sinnvollsten genutzt werden kann.
bevor wir es gekauft haben ist das haus von einer 30 köpfigen studentengruppe der tu berlin ein semester lang bauforschlerisch untersucht worden, es gibt eine ausführliche stellungnahme des landesdenkmalpflegers küttner zum denkmalwert des hauses, es gibt eine 180 seitige restauratorische untersuchung, es gibt die diplomarbeit eines architektur-studenten... mehr geht wohl nicht.
trotz all dieser untersuchungen kann niemand mit bestimmtheit sagen, ob das haus bauzeitlich von ost nach west, oder immer schon (wie zuletzt) von süd nach nord erschlossen wurde.

wenn wir jetzt hingehen und eine erschließung von ost nach west durchsetzen wollen, dann ist das vor allem auch der lage des hauses zum hof, zum stall, zum garten geschuldet. das haus ist teil eines dreiseitenhofes. die scheune die im norden zwischen stall und wohnhaus stand ist 1910 abgebrannt, die fundamente sind noch vorhanden.

wer kennt ein haus, dass teil eines dreiseitenhofes ist, und keine tür zu diesem hof hin hat????

wir wollen ja auch gar nicht die tür zur straße hin eliminieren. die bleibt und wird auch als haustür genutzt: für eine kleine einlieger-wohnung im altenteil. wir weigern uns nur, jedesmal wenn wir unser haus betreten wollen, erstmal halb drumherum laufen zu müssen, wenn wir auf dem hof angekommen sind. und wir wehren uns gegen die willkür der denkmalpflegerin, die ihren standpunkt, dass auf der ostseite keine tür sein darf, nicht wissenschaftlich begründen kann. ja sogar im widerspruch zur übrigen denkmalpfleger-welt steht, denn sowohl der mitarbeiter der unteren denkmalschutzbehörde, als auch der mitarbeiter, der vor jahren die begründung für das unter-denkmalschutz-stellen geschrieben hat, kommen zu dem schluß, dass bei dem haus eine mischform vorliegt, wie sie sowohl für die zeitliche epoche, als auch für dieses region typisch sind.
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lageplan_A3_1_100_08-04-12.pdf
die grundrisse sind nicht unsere, sondern entstammen der diplomarbeit.
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Ulrike Nolte
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von Ulrike Nolte »

Moin zusammen,

niemand bezweifelt, dass Ihr Euch nicht eingehend mit dem Haus beschäftigt ;)
wir wollen ja auch gar nicht die tür zur straße hin eliminieren. die bleibt und wird auch als haustür genutzt: für eine kleine einlieger-wohnung im altenteil.
Als ich diesen Satz las, fragte ich mich, wo denn das Problem tatsächlich liegt. Mir scheint es fast so, als hätten sich Fronten aufgebaut. Also worum geht es denn tatsächlich in diesem Streit?

Was ich vermisse, ist ein Plan von der Raumaufteilung und -nutzung zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung, ohne jeden Hinweis auf eine eventuell geplante zukünftige Nutzung. Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass man einen vorhandenen Zugang zur Hofseite absichtlich verschlossen hat. Das macht keinen Sinn. Kein Bauer läuft freiwillig mit seinen Miststiefeln ums halbe Haus wenn er da hinein will. Und falls Viehfutter im Haus zubereitet wurde, hat man die schweren Pötte auch nicht freiwillig einen viel weiteren Weg zu den Stallungen getragen.

Auf dem Plan erkenne ich drei weitere (geplante?) Zugänge zum Haus, zwei davon mit einem Vorbau. Rechts vermute ich einen geplanten Wintergarten? Wenn der tatsächlich so vorgesehen ist - da hätte unser Denkmalschützer auch nicht mitgemacht. Was ist links vorgesehen und wozu dient der hintere Zugang?

Ich glaube fast, dass es um die künftige Gesamtansicht geht, die mit den vorgesehenen Vorbauten massiv gestört werden würde.

Herzliche Grüße
Ulrike
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von schletter »

guten morgen,

nein, keine panik! wie schon angemerkt: der lageplan entstammt der diplomarbeit und wir beabsichtigen weder größere vordächer noch wintergärten an das haus anzubauen.

und wo das problem ist? berechtigte frage. wir werden einen eingang zum hof hin einfügen. dort wo die alten lehmgefache sowieso nicht mehr zu retten sind. damit hat die denkmalpflegerin ein problem. denn sie ist der meinung, der bauer sei tatsächlich mit seinen miststiefeln und dem schweinetrog einmal um's haus herum gelaufen und verlangt das jetzt auch von uns.
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von Ulrike Nolte »

Für mich macht dieser Streit absolut keinen Sinn. Habt Ihr sie schon mal gefragt, worum es ihr denn tatsächlich geht? Darauf muss es doch eine Antwort geben!
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Ralf Femmer | KS Freiberg
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Re: mittelflur- od. ernhaus? nord/süd od. ost/west erschließung?

Beitrag von Ralf Femmer | KS Freiberg »

Hallo zusammen,
wenn ich das richtig sehe, geht es der Denkmalpflegerin, die meiner Auffassung nach übrigens eine sehr kompetente und kooperative Frau ist, um den Erhalt eines der letzen Mittelflurhäuser in dieser Region.
Dabei ist die Erschliessung ein wesentlicher Aspekt. Da ich das Objekt auch sehr gut kenne (habe mich selbst mal eine Zeit damit beschäftigt), halte ich eine ursprüngliche Erschliessungsachse über den Hof für eine nicht nachvollziehbare These. Dann wäre im Gebäude zuerst die "gute Stube" betreten worden. Darüber hinaus ist es bei Mittelflurhäusern üblich, über die Giebel zu erschließen. Damit hätte im Rahmen einer Achsverlegung auch das Ganze Dach gedreht werden müssen. Das halte ich in Anbetracht der Dachkonstruktion, des vermuteten Alters der selbigen und der darunter befindlichen Fachwerkonstruktion für ausgesprochen unrealistisch.
FG
Ralf Femmer
Äußerungen im Forum sind lediglich allgemeine Betrachtungen und daher reine Meinungsäußerungen. Bei Rechtsfragen wird in jedem Fall eine Beratung durch einen Rechtsanwalt empfohlen, bei Sanierungsproblemen eine Einzelberatung durch einen Sachkundigen vor Ort.
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