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Sehr hohe Räume heizen

Verfasst: Sa 11. Dez 2010, 01:03
von Dirk
Hallo,

wie im Sammelsurium angekündigt nun die neugierigen Fragen ;)

Welche Erfahrungen habt Ihr damit, sehr hohe Räume zu heizen? Wir reden nicht von 3 Metern, sondern deutlich mehr... Im Moment kann man in unserem Scheunenbereich 10 Meter hoch bis ins ungedämmte Dachwerk schauen. Steht man auf dem Stall, sinds immer noch etwa 7 Meter. Wir finden den Blick vom Dachgeschoss bis runter in die Scheune toll - aber energetisch ist das leider wohl heute einfach nicht mehr drin. Sprich: Wir müssen wohl neue Ebenen und Abtrennungen zwischen Scheunenbereich, Stall und Dachgeschoss einplanen. Und damit hat das Esszimmer in der Scheune immer noch eine Höhe von 4,6 Metern... Dafür haben wir im alten Wohnbereich richtig "kuschelige" Deckenhöhen und stoßen uns regelmäßig den Kopf an den Türen an. Im Gegensatz zu früher wollen wir aber halt auch Scheunen- und Stallbereich zum Wohnen nutzen und müssen sie auf halbwegs akzeptable Temperaturen bringen.

Wenn Ihr auch "nicht-normgerechte" hohe und offene Bereiche in Euren Häusern habt: Wie heizt Ihr? Würdet Ihr die Räume wieder so groß gestalten - oder mehr Ebenen / Abgrenzungen einbauen, damit das Heizen Euch nicht arm macht? Vielen Dank!

Viele Grüße

Dirk

Re: Sehr hohe Räume heizen

Verfasst: Sa 11. Dez 2010, 13:07
von Dietrich Maschmeyer
Solche Räume sind natürlich sehr problematisch, da es in ihnen zu sehr hefigen Konvektionsströmungen und Aufwind kommen kann. Aber es geht. Besonders wichtig ist daher eine sehr gute Dämmung der Aussenhülle, insbesondere auch der Fensterflächen. In solche Räume würde ich grundsätzlich Kastendoppelfenster einbauen, mit denen man die höchsten Wärmeübergangswiderstände erreicht.

Jede Kühllast führt in solchen Räumen unvermeidlich zu Zugerscheinungen. Das heisst auch, dass Eintritt kalter Zuluft minimiert werden muss (Türen!), da jeder Schwall kalter Luft sofort die warme nach oben verdrängt. Zweitens empfiehlt es sich, weniger die Luft aufzuheizen, als die Flächen, also einen hohen Anteil an Strahlungsheizung zu haben. Also möglicherweise Fussbodenheizung, auf jeden Fall aber Wandbeheizung, vor allem im unteren Bereich. Vielleicht ein Kaminfeuer oder ein zentraler Ofen.....

Dann kann man noch mit der Möblierung Hindernisse aufbauen, die Strömungen von Kaltluft am Boden hemmen (aus genau diesem Grunde gab es früher die Türchen an Kirchenbänken!). Dh. z.B. die Sitzgruppe um den Ofen nicht auf füssen stehen, sondern auf abdichtendem Sockel, mit möglichst schmalen Zwischenräumen. So was wirkt sich enorm auf das Wohlbefinden der Leute aus, die darauf sitzen!

Re: Sehr hohe Räume heizen

Verfasst: Do 16. Dez 2010, 02:07
von Dirk
Vielen Dank für die Hinweise! Wie werden denn heute die umgenutzten Hallenhäuser geheizt und gedämmt, die ja auch große offene Hallen haben? Bzw. machen einen da die Heizkosten ganz automatisch arm, wenn man nicht den eigenen Wald verheizt?

Um zumindest im Sommer die großen offenen Bereich genießen zu können: Könnte man vielleicht mit leichten / verschiebbaren Trennern die Konvektion so weit eindämmen, dass die Thermik nicht Überhand nimmt? Oder eine halbwegs erschwingliche Lüftungsanlage einbauen, die die warme Luft oben aus dem Haus wieder nach unten ins Erdgeschoss befördert?

Re: Sehr hohe Räume heizen

Verfasst: So 19. Dez 2010, 00:23
von Wolfgang Riesner
Hallo Dirk,
zunächst solltet ihr prüfen, ob es nicht zwischen Tennenbereich und Dachraum ursprünglich eine Trennung gab. Sollte das so sein, wäre zu klären, ob diese nicht sinnvoller Weise wieder hergestellt werden kann.
So oder so, eure Raumhöhen sind mit und ohne Verbindung zum Dachraum schon ganz ordentlich. Das ermöglicht doch immerhin einen repräsentativen Weihnachtsbaum.
Für die Lösung der Heizungsfrage ist Dietrichs Antwort völlig richtig. Das Geheimnis eines gut und preiswert beheizbaren Hauses mit wenig Zugerscheinungen trotz großer Raumhöhen ist eine geringe Temperaturdifferenz zwischen den Wandoberflächen oder besser gesagt denen der Hüllflächen gegenüber der Raumluft. Das gilt also auch für Dach oder oberste Geschoßdecke, Fußboden und ganz wichtig Fenster. Möglich wird das durch einen besonders guten Dämmstandard auf Niedrigenergieniveau. Dazu kommt ein hoher Strahlungswärmeanteil bei der Wärmeverteilung. Am Einfachsten und Preisgünstigsten geht das mit einer Fußbodenheizung. Zusätzlich ist auch ein Grundofen sehr hilfreich. Wandheizungen sind zusätzlich auch denkbar aber oft etwas teurer.
Bei diesem Konzept lassen sich etwas geringere Raumtemperaturen realisieren, als wenn die Wandoberflächen durch geringere Dämmung kühler bleiben. Irgendwo findet man dazu auch Diagramme, aus denen die Verringerung der Raumtemperatur bei Erhöhung der Oberflächentemperaturen ohne Komfortverlust ersichtlich ist.
Besondere Bedeutung kommt dabei auch den Fenstern zu. Eine gut gedämmte Wand sollte auf einen U-Wert von ca. 0,2W/(m²·K) kommen. Selbst die besten 3-Fachverglasungen erreichen nicht unter 0,8W/(m²·K). Sie sind also nur 1/4 so gut wie die Wände. Die von Dietrich genannten Kastenfenster liegen auch etwa so. Bei größeren Fensterflächen kann also auch ein temporärer Wärmeschutz, z.B. ein ordentlich dichter Vorhang, sehr sinnvoll sein.
Vorausgesetzt, dass Gebäude ist ordentlich winddicht, hängt Zugluft nicht nur von der absoluten Raumhöhe sondern auch von der Geometrie des Raumes ab. Die läßt sich natürlich weniger beeinflussen als der Dämmstandard.
Gruß
Wolfgang

Re: Sehr hohe Räume heizen

Verfasst: Mo 20. Dez 2010, 09:38
von forenadmin
Wolfgang Riesner hat geschrieben:...
So oder so, eure Raumhöhen sind mit und ohne Verbindung zum Dachraum schon ganz ordentlich.
Das ermöglicht doch immerhin einen repräsentativen Weihnachtsbaum.
Herrlich ... ;D

Re: Sehr hohe Räume heizen

Verfasst: Do 30. Dez 2010, 14:01
von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
Hallo Dirk,

wir haben vergangenes Jahr einen Neubau für Freunde von mir fertiggestellt, in dem deine Problematik auch auftauchte. Der Raum ist 7 m hoch und hat eine riesige Fensterfläche (ca. 70 qm). Darüber hinaus gibt es im Haus Galerieebenen und "eingezogene" Räume die alle ohne jede Abtrennung mit dem großen Raum in einem Luftverbund angeordnet sind. Die Heizung erfolgt über eine Fußbodenheizung und einen Unterflurkonvektor (auf der Innenaufnahme gut zu erkennen) vor der Fensterfläche. Selbst bei knackigen Außentemperaturen von -25 Grad gab es keinerlei Probleme mit Zugerscheinungen oder einem subjektiven Kälteempfinden.

Durch die relativ großen Fußbodenflächen und die vergleichsweise spärliche Möblierung der Räume funktioniert die Fußbodenheizung mit niedrigen Vorlauftemperaturen hervorragend.

Das Haus ist übrigens ein Massivbau aus porosierten Ziegeln ohne jede zusätzliche Dämmung.

Wenn Ihr dichtere Ziegel mit einer höheren Wärmeleitfähigkeit habt, sind die angesprochene Wandheizung und möglichst geringe Wärmeübergangswiderstände im Bereich der Außenwandoberflächen eine gute Wahl.

Bei dem gezeigten Haus hat sich dann auch nicht die Heizung als problematisch erwiesen, sondern die Akkustik (bei der wir anfänglich kein großes Problempotential gesehen haben...).

herzliche Grüße, Sven.

Re: Sehr hohe Räume heizen

Verfasst: Do 30. Dez 2010, 23:08
von Dirk
Hallo,

herzlichen Dank für Eure Antworten, sie helfen uns sehr weiter!

@Wolfgang: Nach aktuellem Stand wäre der Weihnachtsbaum maximal 4,60 Meter hoch, wäre repräsentativ genug für uns ;-) Auf Strahlungswärme über Fußbodenheizung und wohl auch Wandflächenheizungen wollen wir auch setzen, einen Grundofen oder ähnliches werden wir aber vermutlich leider nicht einsetzen: Unser Grundstück ist winzig, daher können wir kaum ausreichend viel Holz lagern - damit würden wir die Holzheizung vermutlich nur sehr sporadisch einsetzen, da rechnet sich das ganze wohl leider nicht.

@Sven: Der Neubau ist faszinierend! Nein, wir werden unserem "Ruinchen" nicht untreu, aber wir spielen eben auch mit dem Gedanken, die offenen "öffentlichen" Räumen vergleichsweise offen und luftig zu gestalten - als Ausgleich zu den niedrigen und kleinen "privaten" Bereichen.

Viele Grüße aus dem verschneiten Frankfurt

Dirk