Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Witzbolde, Schlaumeier + andere Katastrophen
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Ulrike Nolte
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Ulrike Nolte »

Wenn jemand recht hat, kann man ihm nicht widersprechen.

Über Eisleben kam am Wochenende etwas im Fernsehen - grauslig - wenn ganze Häuserzeilen abgerissen und dann in den Baulücken Parkplätze angelegt werden. Wenn man dann noch die Argumente der Bürgermeisterin hört ...
In diesem schönen Lande wird selbst der Mist gründlich produziert.
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Ralf Femmer | KS Freiberg
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Ralf Femmer | KS Freiberg »

Also ehrlich gesagt, dieses Schwarz und Weiß geht mir ein wenig auf die nerven.
Ich persönlich finde es, je länger ich darüber nachdenke, sehr angenehm, eine Schlosskulisse an die Stelle des ehemaligen Palastes der ehemaligen Republik erstellt zu bekommen.
Geschichte hin oder her, Zeuge hin oder her, der Palast war schon immer hässlich, seine Rolle in der Geschichte macht ihn nicht schöner. Berlin verfügt über genügend Freiflächen, auf denen adäquate Neubauten errichtet werden können. das muss nicht an einer solchen Stelle sein.
Manchmal kann etwas einfach auch nur hübsch sein. Und im Ensemble mit der Museumsinsel, dem Berliner Dom, dem Gendarmenmarkt, dem Marstall, der Humboldtuni etc. finde ich es, wie gesagt, sehr angenehm, das sich nicht irgendwelche modernen Architekturprotagonisten an dieser Stelle versuchen.
Verstehen wir es doch einfach als eine Form des Neo- Historismus. Dieser wurde ja, wir erinnern uns, sehr lange als etwas Unmögliches abgetan. Heute möchte man selbigen, vor allem in den einen oder anderen Berliner Straßenzügen, nicht missen.
Und die Gelddiskussion langweilt auch ein wenig in diesem Zusammenhang. Glaubt ernsthaft jemand, dass das Geld, sollte das Neoschloss nicht gebaut werden, für den Erhalt von gefährdetem kulturellem Erbe eingesetzt werden würde?
Hat der aufmerksame Spiegelleser den nicht registriert, das viel mehr Geld pro Jahr durch die Tatsache vernichtet wird, das immer noch die Mehrheit der Bundesbediensteten in Bonn arbeitet, die Minister hin und her fliegen, und sogar nach dem Regierungsumzug noch ein Ministeriumsneubau errichtet wurde?
Und da reden wir in der Summe dann nicht mehr über Millionen. Von diesen Schauplätzen gibt es mit Sicherheit noch reichlich viele.
Und letztlich wurde der ?Schlossneubau? drei mal in drei Legislaturperioden durch den legitimen Vertreter des deutschen Volkes per Beschluss bestätigt. Also lassen wir es doch einfach gut sein.
Darüber hinaus betrachte ich die Dresdener Frauenkirche nicht als ein ähnliches Symbol wie das Warschauer Schloss. Politisch halte ich eine solche Gleichstellung sogar für ausgesprochen bedenklich. Das Warschauer Schloss wurde durch einen blitzkriegführenden  Besatzer gesprengt, Die Dresdener Frauenkirche ist dem Reichsdeutschen Größenwahn zum Opfer gefallen und hatte Ihre eigentliche Berechtigung in Ihrer Ruine, ähnlich der Gedächtniskirche in Berlin. Und so viele Teile wie von der Frauenkirche, gibt es von Stadtschloss wahrscheinlich auch.
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Dietrich Maschmeyer
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Natürlich ist das Geld nicht wirklich das wichtigste Argument. Sondern es geht darum, dass das authetische Bauten in Eisleben (und Altenburg und Gotha und Stendal, Werben, Perleberg und und...) Stück für Stück platt gemacht wird, man seiner Verantwortung vor der Geschichte aber meint, durch einen Betonklotz mit vollsynthetischer pseudoauthentischer Fassade genügen zu können. Klar, macht doch nichts, wenn wir die alten Fachwerkbauten jetzt abbrechen müssen. Wenn wir sie wiederhaben wollen, bauen wir sie uns einfach nach!

Ich persönlich bin für einen Nachbau des Berliner Scholsses im Zustand von 1650. Schliesslich war davon sogar bis zur Zerstörung noch was da! Und natürlich braucht Hamburg wieder eine Innenstadt, die aussieht wie vor den Stadtbränden des 19. Jh. Ganz abgesehen davon, dass doch bitte der Reichstag umgehend in den Zustand vor 1933 zurückversetzt wird! Das ist doch das mindeste! Und der Lehrter Bahnhof bitte auch!
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Ulrike Nolte
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Ulrike Nolte »

Lieber Ralf,
schön ist relativ, es kommt immer auf den Blickwinkel des Betrachters an. Natürlich war der Palast der Republik alles andere als schön. Sollen sich doch die hochdotierten Modearchis endlich mal Gedanken über eine schöne moderne Architektur machen, dann kann man sich auch davor stellen und sagen: das passt zum Umfeld.

Aber wir leben ja in einer Spaßgesellschaft und dazu sind Kulissen gerade recht. Ich will ja nicht unken, aber es gab in der neueren Geschichte schon einmal eine ähnliche Situation, damals hat es kurz darauf mächtig geknallt.

Hat man die Berliner gefragt, wurde darüber abgestimmt? Hat man die Braunschweiger gefragt? Fragt man die Bewohner irgendeines Dorfes, einer Stadt in der so viele alte Bauten verschwinden müssen? Niemand wird gefragt! Wenn das Volk sich trotzdem wehrt, macht man es mit schönen Phrasen mundtot. Und die Volksvertreter - ich habe keinen beauftragt, zu solch einem Krampf "Ja" zu sagen. Ich hätte absolut nichts dagegen, wenn mehr Geld in viel wichtigere Aufgaben fließen würde. Millionen in Attrappen zu pumpen, ist für mein Verständnis krank. Und wenn man das mal so betrachtet, ist es doch auch krank, ständig über Geldknappheit zu jammern. Wenn das wirklich knapp wäre, würde man sich solche "Ausrutscher" verkneifen.

Entweder echt, oder gar nicht. Es gibt genug andere Lügen.

Grüßle
Ulrike
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christine
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von christine »

Nein, das Volk wird in der Regel nicht gefragt. Die Bürger müssen selbst aktiv werden. Schade, dass das Bürgerbegehren in Braunschweig nicht funktioniert hat.

Würzburg hatte Glück. Bei uns sollte sowas zum Bahnhof. Sie wollten einen Teil des Ringparks überbauen, Trinkwasserquellen wären in Mitleidenschaft gezogen worden und man hat versucht, die Bürger zu erpressen mit dem Argument, dass der Würzburger Bahnhof nur dann saniert wird, wenn die Arkaden kommen. Pech für den Investor, die Bürger haben abgelehnt.

Bei uns um die Ecke steht noch ein altes Bauernhaus (Scheune steht unter Denkmalschutz). Sollte abgerissen werden, weil der neue Eigentümer ein Mehrparteienhaus bauen wollte. Auch dieser Bauherr hatte Pech. Nebendran steht das älteste Würzburger Bürgerhaus und der Besitzer hat sein Veto eingelegt. Bin gespannt, wie es da weitergeht.

Vielleicht ist man ja auch in Würzburg etwas sensibler durch die Bausünden der Nachkriegszeit. Es ist halt wenig alte Bausubstanz vorhanden und da achten die Bürger schon drauf.

Schöne Grüsse Christine
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Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus / was ist schon echt ?

Beitrag von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald »

Liebe Ulrike, lieber Dietrich Maschmeyer,

was ist schon echt ? Hierüber wird seit Jahrzehnten ein höchst kontroverser kunstwissenschaftlicher Diskurs geführt (vgl. z.B. Walter Benjamin, Das kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit usw.).
Ist Authentizität schon eine Qualität an sich ? Wäre dies so und wäre dies gesellschaftlicher Konsens, dann würden wir uns heute noch mit einem Fell leicht beschürzt, die Keule auf dem Rücken, in unsere Höhle zurückziehen. Das dies nicht so ist haben wir dem Umstand zu verdanken, dass es immer wieder Leute gab, die bereit waren alt hergebrachtes neu zu deuten, umzuinterpretieren, an eine veränderte Situation anzupassen, zuweilen auch über Bord zu werfen, um letztlich etwas Neues zu schaffen. Ob DAS dann eine Qualität hatte, hat sich erst im Laufe der Zeit erwiesen (oder eben nicht).

Umgangssprachlich bezeichnet man so etwas als Entwicklung - für die WIR besonders dankbar sein sollten, denn ohne sie, bzw. diese Haltung, gäbe es die vielen schönen Fachwerkbauten in ihren unterschiedlichen Ausprägungen garnicht.

- Erklären würde ich mir indes gerne lassen, was die "neuere Geschichte" schonmal ähnliches zu bieten hatte. Nun bin ich ja nicht klassisch gebildet, sondern habe mir mein Geschichtswissen lediglich auf dem 2. Bildungsweg erarbeiten müssen - diese Parallele kenne ich jedoch (noch) nicht.

Auch die "Lügen" gehen zuweilen komische Wege. In meinen Augen hat es etwas unterhaltsames, ja geradezu verlogenes (um mal in dem Tonfall zu bleiben), wenn jemand im 21. Jahrhundert sein Haus mit Techniken herstellt, die seit hunderten von Jahren überholt sind, weil er "so was authentisches" haben / machen will. Das ist wohl ein eher "taktisches Verhältnis" zur Authentizität.

Unser Problem sind nicht in erster Linie die Denkmäler die pausenlos zerstört werden (so ärgerlich das auch ist), unser Problem ist ein sich entvölkernder ländlicher Raum. Dieser hat eine Altersstruktur deren Probleme uns erst in 10 - 15 Jahren voll bewußt werden - derzeit wird ein ganzer Kultur(t)raum vernachlässigt. Wir brauchen eine eigenständige Identität stiftende, auf ein Leben auf dem Lande zielgerichtet ausgerichtete Regionalentwicklung ! Ich kann nicht verstehen, wie man sich derart an der falschen Holzverbindung delektieren kann, während zur gleichen Zeit ganze Landstriche verwaisen ! Da ist die Politik, "der spiegel" lesende (und schreibende) Bürger und der Verein gefordert !

In letzter Konsequenz hat selbst eine Fototapete wie die Braunschweig ihren tieferen Sinn : Sie provoziert derart, dass dadurch eine Diskussion wie die unsrige zu Stande kommt.

Viele Grüße, Sven.
Teske + Schwiede Architekten
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Ralf Femmer | KS Freiberg
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Ralf Femmer | KS Freiberg »

@ Dietrich
also ehrlich gesagt ist mir das erstens zu polemisch und zweitens zu billig.
Wo nimmst du so eine Aussage her wie ?.
Niemand hat gesagt, dass es nichts macht, dass in Eilsleben oder anderswo historisch gewachsene Substanz verloren geht. Ich schon gar nicht. Allerdings kann ich weder beurteilen in was für einem konstruktiven Zustand diese Häuser waren, noch ob die tatsächlichen Beweggründe im ?dunklen? liegen.
Entschuldigung Dietrich, dass ich deine Auffassung nicht teile, dafür darfst du dann auch gerne unsachlich und Sachverhalte durcheinander werfend gegen mich zu Felde ziehen.
@Ulrike
ich schrieb, dass ich gerade die hochdotierten Modearchis an dieser Stelle gar nicht mehr haben will. Diese haben im Herzen Berlins ihre Großspielplätze gehabt. Dabei sind ohne Zweifel auch sehr interessante neue Erlebnisräume entstanden.
Was soll an einer Kopie der Stadtschlossfassade hässlicher sein, als an der Originalen? Die Patina wird auch diese irgendwann überziehen.

In den neuen Bundesländern, und inzwischen nicht nur da, zerfallen gewachsene Strukturen, weil die Hütten einfach keiner kauft. Das betrachte ich als die zentrale Aussage von Sven. Ich meine, war mal einer von euch in Eilsleben?
Ja?
Und?
Wie wäre es mit hinziehen?
Selbst du Ulrike hast mit deinem Mann ein Haus in Lippe (oder ist es schon Schieder???) gekauft und wiederhergestellt. Warum nicht in Thüringen? Eure Gegend gehört sicherlich nicht zu den Armen Landstrichen dieser Republik.
Zurzeit arbeite ich in Freiberg, Sachen. Tolle kleine Stadt, ca. 50 Tsd. Einwohner. Und auch hier stehen immer noch jede Menge Häuser leer. Bei dem einen oder anderem ist inzwischen auch eine Lücke entstanden. Das sind jetzt begehrte innerstädtische Parkflächen.
Fakt ist, für diese Gebäude gab es keinen Bedarf mehr, weil Freiberg, wie andere Gegenden in den neuen Bundesländern auch, das Problem der Abwanderung hatte und unter dem demografischen Wandel litt.
Weder Geld noch Förderpolitik waren hier ein Problem. Selbst der ?Apparat? ist ausgesprochen kommunikativ, kreativ, hilfebereit und freundlich.
Ich halte Kopieren auch nicht für nötig, sofern genügend Substanz vorhanden ist. Ist beim Stadtschloss aber nicht. Und seid euch sicher, gebaut wird dort sowieso etwas, warum also nicht das?
Wo wart Ihr den alle, als in Berlin gegen das Stadtschloss und die Pläne von Herrn Bodin demonstriert wurde?
Von Kopien kann man halten was man will, ich mein Eis lieber auf dem Frankfurter Römer als im authentischen Märkischen Viertel, lieber mit Blick auch das Knochenhaueramtshaus (wohl eine der herausragenden zimmermansmäßigen Leistungen nach 1945) auf dem Hildesheimer Markt, als in einer der authentischen Rostocker Vorstädte.
Noch eine Anmerkung zum Schluss. Vielleicht sollte hier auch mal das demokratische Selbstverständnis diskutiert werden. Das Stadtschloss wird auf Beschluss des deutschen Bundestages gebaut. Sorry, aber hatten wir den nicht gewählt? Warum, um alles in der Welt sollen wir dann noch einmal alle fragen? Wir haben über zwei Legislaturperioden gewusst, das unsere Volksvertreter diese Symbol errichten wollen. Und gewählt haben wir Sie doch.
Aber wenn man nach Sachsen- Anhalt schaut, kommt wählen ja eh aus der Mode. Nur wenn jemand nicht wählt, kann er hinterher seine Meinung auch für sich behalten.
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Dietrich Maschmeyer
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Das Problem der Städte ist ja nicht der Rückgang an Bewohnern als solcher, sonden der Umstand, dass man nach der Wende schnell die Plattenbauten saniert hat, während die Innenstädte wegen Restitutionen weiter vor sich hindämmerten. Und dann hat sich jeder, der es sich erlauben konnte, auch noch irgendwo ein Häuschen gebaut. Resultat: Viel zu viele Wohnungen. Wer verlangt, dass unter diesen Umständen der Markt noch dafür sorgt, dass die alten Bauten überleben können, spinnt. Genau das tun aber viele in der Politik. Stadtumbau Ost bedeutet jetzt: Fortsetzung der alten Politik; Umsiedlung der letzten Nutzer in die Platten - und Neubaugebiete und Plattmachen der Altstädte. Die Motivation: Desinteresse an urbanen, historischen Strukturen. Und die selben Leute beschliessen, einen Neubau in Berlin mit einer barocken Plaste- und Elaste-Fassade zu versehen!

Bitte vergesst bei aller Empörung nicht, dass die IGB mit der Reparatur der Pfarrscheune in Wasserleben ein Signal gegen den Abbruch setzen will! Darauf gilt es aufzubauen.
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Ulrike Nolte
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Ulrike Nolte »

Hallo Ralf,
Ralf Femmer hat geschrieben: Selbst du Ulrike hast mit deinem Mann ein Haus in Lippe (oder ist es schon Schieder???) gekauft und wiederhergestellt.
Wir sind hier in Lipperland
Warum nicht in Thüringen?
Du kannst nicht wissen, dass wir bundesweit gesucht haben. Leider können wir uns nur ein solches Projekt leisten  ;)
Eure Gegend gehört sicherlich nicht zu den Armen Landstrichen dieser Republik.
Dieser Punkt war für uns vollkommen unwichtig. Wir hatten andere Ansprüche, wie z.B. den, dass mein Mann relativ schnell und unkompliziert zu seinen Auftraggebern kommt. Mit, oder ohne Auto. Die Anreisezeit wird nämlich in der Regel nicht vergütet und bei einer Dauer-Wochenendehe zählt jede Stunde, die man zusammen verbringen kann.
Sorry, aber hatten wir den nicht gewählt? Warum, um alles in der Welt sollen wir dann noch einmal alle fragen? Wir haben über zwei Legislaturperioden gewusst, das unsere Volksvertreter diese Symbol errichten wollen. Und gewählt haben wir Sie doch.
???
Woher willst Du wissen, wer wen gewählt hat?
Und selbst wenn, muss man dann auch automatisch mit allen Beschlüssen einverstanden sein?
Ich habe jetzt wirklich keine Lust, mich über die Unarten unserer s.g. Volksvertreter auszulassen. Nur so viel - es ist schon unglaublich schwierig (wenn nicht sogar unmöglich), einen zu finden, dem man auch vertrauen könnte.

Grüße
Ulrike

PS: Ich war schon in Eisleben, ist allerdings schon ein paar Jährchen her.
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Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald »

Lieber Dietrich Maschmeyer,

grundsätzlich müssen wir wohl einen Unterschied zwischen den Städten und dem ländlichen Raum machen. Während sich in Städten die kulturell oder wirtschaftlich attraktiv sind, durchaus ein Markt für Altbauten entwickelt hat, verhält es sich auf dem Lande wie von Ralf skizziert. Die Entvölkerung ist teilweise sogar durch die Politik gezielt in Gang gesetzt worden (vgl. Meck.-Pomm : Förderungen für JUNGE Leute, die nach BW oder Bayern abwandern !). Auch wenn es dem einen oder anderen Mitdiskutanten schwer zu vermitteln ist, der Unterschied zwischen Ost und West ist derart eklatant, dass ich mir für einige Regionen schon fast nicht mehr vorstellen kann, wie dort die Entwicklung noch gestoppt werden kann. Ich habe vorsorglich ein paar Statistiken besorgt, falls wieder die nachweislich abwegige Diskussion von den strukturschwachen Räumen in BW und Bayern aufkommen sollte. Es gibt sie KLEINSTRÄUMIG und sie sind vor allem nicht syptomatisch.

Deshalb investiere ich meine gesamte Freizeit seit etwa 1,5 Jahren auch lieber in die Neuordnung unserer Schullandschaft und in die Entwicklung eines neuen Schulkonzeptes für unsere Region. Das ist ist mein Signal gegen Verfall und Abbruch ! Denn nur wenn wir attraktive Lebensbedingungen für den ländlichen Raum entwickeln / erzwingen werden wir auch Leute finden, die gerne bereit sind, auf die Annehmlichkeiten die eine Stadt unzweifelhaft zu bieten hat, zu verzichten und sich eine bäuerliche Bestandsimmobilie ans Bein zu kleben. Und wenn wir es dann noch hinkriegen, nicht als Bessermenschen aufzutreten sondern echte Hilfe und Unterstützung anbieten, ja dann werden wir vielleicht nicht eine "Bilderbuch Restaurierung" bekommen, aber Vielzahl von Gebäuden in Wesen und Charakter erhalten. Damit ist uns, nach meinem Verständnis, mehr gedient.

Auf mich wirkt es befremdlich, wenn man sich auf die Schulter klopft weil man EIN Bauwerk vor dem Abbruch bewahrt hat, denn dieses EINE Bauwerk hat einen reinen musealen Wert. Nach meinem Verständnis sollte unser Anliegen jedoch in erster Linie die Beförderung und der Erhalt des ländlichen Raumes als LEBENS(T)RAUM sein. Hier scheinen mir die Prioritäten schlicht falsch gesetzt zu sein und das empört mich in der Tat !

Viele Grüße, Sven Teske
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Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald »

Einen hab ich noch :

Bei der Lektüre des Programmes eines bundesweit aufgestellten, gemeinhin als kompetent geltenden, sich für den ländlichen Raum engagierenden Vereines bin ich auf folgende denkwürdige Zeilen in dessen Programmatik gestoßen :

Was wir wollen ...
... möglichst viele typische Gebäude in der Landschaft erhalten. Das heißt, daß sich die IGB auch, oder gerade der landschaftsprägenden Bauten annimmt, die sich in der unteren Grenze des Denkmalbegriffs, wenn nicht sogar darunter, befinden, aber ohne Privatinitiative keine Lobby haben.


Was wir nicht wollen ...
.. daß unbedeutende, aber in der Häufung oder Ordnung für das Orts- oder Landschaftsbild wichtige Teile voreilig weggeräumt werden und nur noch denkmalpflegerische Rosinen beziehungslos in einer total veränderten Umgebung zurückbleiben. Das wäre ein halber Denkmalschutz!

Ich plädiere dafür, das auch in das Programm der Intressengemeinschaft Bauernhaus aufzunehmen.

Viele Grüße, Sven.

P.S. ich hoffe das soviel Polemik noch zu ertragen ist und diese Anregung nicht durch den Moderator gelöscht wird....
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Jetzt bin ich aber echt gespannt, inwieweit Antwort # 17 dieser Programmatik widersprechen sollte........
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Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald »

Lieber Dietrich Maschmeyer,

ohne Ihre Geduld zu sehr strapazieren zu wollen, ich bezog mich eher auf den Beitrag #22.

Lieben Gruß, Sven

p.s. ich muß mich noch mit Ralf zum Eisessen auf dem Hildesheimer Marktplatz verabreden - das Wetter soll wieder wärmer werden ;)
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Dietrich Maschmeyer
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Re: Aus einem Schloss wird ein Kaufhaus

Beitrag von Dietrich Maschmeyer »

Jetzt verstehe ich gar nicht mehr, was eigentlich gemeint ist. Verwirrte Grüsse!
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Sven Teske | KS Dahme-Spreewald
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Was wollen wir denn ?

Beitrag von Sven Teske | KS Dahme-Spreewald »

Lieber Dietrich Maschmeyer,

Verwirrung ist nun wirklich das Letzte was wir gebrauchen können. Deshalb etwas weniger prosaisch und hoffentlich nachvollziehbar :

Im Zuge unserer Diskussion über die Authentizität und den grassierenden Abbruch von Baudenkmälern, wollte ich darauf aufmerksam machen, dass sich der Verein nach meiner Auffassung viel zu stark auf Einzelbauwerke, die wohl i.d.R. auch Denkmäler sind, fokussiert. Dies halte ich insoweit für überdenkenswert, als das dieses Engagement einem kurieren an den Symptomen gleichkommt und nicht einer Bekämpfung der Ursachen. Das sollte jedoch in keiner Weise das Engagement für den Erhalt von Baudenkmälern schmälern. Vielmehr zielte der Einwand darauf ab, dass Engagement des Vereines breiter aufzustellen und an Stellen zu entwickeln wo noch strukturelle, zielgerichtete Einflussnahmen möglich sind.

Um die möglichen Eingriffspunkte zu ermitteln ist wohl zunächst eine Bestandsaufnahme oder Analyse der Problemfelder erforderlich ? selbst die Probleme als solches sind noch etwas diffus.

Wir können feststellen, dass die Immobilien im ländlichen Raum, trotz vergleichsweise günstiger, teilweise dramatisch niedriger Preise nur sehr geringen Zuspruch bei Käufern finden. Interessanterweise gibt es gleichzeitig einen durchaus funktionstüchtigen Mietermarkt! Dieses Phänomen lässt sich im Wesentlichen darauf zurückführen, dass nur noch wenige, insbesondere jüngere Leute bereit sind, sich mit einer Immobilie auf dem Lande wirtschaftlich festzulegen ? sie sind gleichsam auf dem Absprung. Dies hat vor allem mit sich ändernden Arbeits- und Lebensbedingungen auf dem Lande zu tun. Hier verschwindet zusehends das produzierende Gewerbe, in großen Teilen das Handwerk sowie ganze Berufsgruppen aus der Landwirtschaft. Befördert wird dieser Prozess durch die Konzentration öffentlicher Einrichtungen (z.B. Schule, Kita, Hort, Ämter ? selbst Kirche, Polizei und Feuerwehr, von kulturellen Angeboten will ich gar nicht erst anfangen) und der Versorgungsmöglichkeiten (z.B. Geschäfte, Ärztliche Versorgung) für den täglichen Bedarf. In der Folge ist jede Handlung die in einer Stadt fußwegig oder kleinräumig zu erledigen ist, mit teilweise absurd langen Fahrwegen verbunden, die einem erheblichen finanziellen und zeitlichen Aufwand bedeuten. Insoweit dürfte klar sein, dass gerade die Anspruchsgruppe, die ein Schlüssel für eine langfristig funktionierende soziale Struktur auf dem Lande ist, eben jene ist, die die genannten Erfordernisse im Regelfall nicht bedienen kann : junge Familien mit Kindern.

Das dies so ist, kann man daran ablesen das man seitens der öffentlichen Hand beginnt, die öffentliche Infrastruktur und Investitionen im ländlichen Raum nicht mehr kind- sondern altengerecht herzustellen und sich in der Förderpolitik auf die ?Wachstumskerne? zu konzentrieren. Für Flächenländer eine grandiose Fehlentwicklung.

Daher halte ich ein entwickeltes Angebot und zielgerichtete Einflussnahme des Vereines für notwendig, überall dort als kompetenter Gesprächs-, Beratungs- und vor allem Vernetzungspartner aufzutreten, wo Regionalentwicklung stattfindet. Alleine der Umstand, dass dieser Verein bundesweit aufgestellt ist und über eine hohe Reputation verfügt, prädestiniert ihn geradezu zu so einer Funktion.

Viele Grüße, Sven.
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